Muse – Simulation Theory

Muse - Simulation Theory

Das britische Rock-Trio Muse ist dafür bekannt, die eigene Komfortzone gerne auch mal zu verlassen und seine Tentakel in Richtung andere Musikstile zu strecken. Schaut man sich die Diskographie der Band, die in der Vergangenheit bereits sieben Studioalben veröffentlichte, an, so stößt man auf Ansätze von Dub-Step auf „The 2nd Law“, entdeckt auf „The Resistance“ eine dreiteilige Rock-Operette und auf „Black Holes & Revelations“ die 6-minütige Western-Hymne „Knights Of Cydonia“. Stellte das düstere „Drones“ einen direkten Bezug zu der Rock-Vergangenheit der Gruppe her, nimmt „Simulation Theory“, das achte Werk der Gruppe aus dem Süden des Königreichs, diesen progressiven Grundsound aus E-Gitarre, Bass und Schlagzeug und zieht diesem vor klebrigen Synthies triefende Pop-Kleider über. Dabei gelingt es Muse nicht immer eine gesunde Balance zwischen Experimentierfreudigkeit und Innovation zu erhalten.

Bereits der Industrial-Stampfer „Algorithm“ stellt mit seinem monotonen Schlagzeugbeat und brachialen Synthesizern hingegen zunächst das erste gelungene Wagnis auf Album Nummer acht dar. Dem schließen sich das sperrige „The Dark Side“ und das funkige „Pressure“ mit seinen verspielten Background-Chören nahtlos an. Generell weiß die erste Hälfte der Platte ausnahmslos zu gefallen – seien das die abgedrehten Stimmverzerrungen in „Propaganda“ oder die Mischung aus R ’n‘ B-Beats und orientalischen Strophen in „Break It To Me“.

Bei „Something Human“ beginnt dann der Abstieg. Ja, das Grundkonstrukt des Songs, die gezupfte Akustik-Gitarre, ist schön, leider stülpt die Produktion diesem einen absolut nervigen Synthie über, der zum Glück irgendwann in den Tiefen des Mix verschwindet. Oft sind es eben diese kleinen Momente, in denen die Band etwas zu weit greifen möchte. „Dig Down“ kommt mit seinem Wobble-Bass und klimaktischen Soundaufbau beispielsweise viel zu deutlich als „Madness“-Kopie daher, um irgendwie an Einzigartigkeit gewinnen zu können. Die Akustik-Version des Stücks, die der Deluxe-Version der Platte beiliegt, gibt Aufschluss darüber, dass unter der plastischen Hülle eigentlich ein guter Song schlummert. Den Tiefpunkt des Albums findet man jedoch bereits zuvor:

„Get Up And Fight“ beginnt bereits mit einem derart nervtötenden Stimm-Sample, dass es für Muse schwierig wird, hier noch irgendwas zu reißen. Dann kommen die drei auch noch mit einem schrecklichen 30 Seconds To Mars-Stadion-Chorus daher – ich sehe Bellamy vor dem inneren Auge schon bei den Konzerten im nächsten Jahr während der langgezogen Noten im Refrain den Kopf nach hinten schmeißen. Ew. Als wäre das alles nicht bereits genug, erhebt der kleine Mann seine Stimme im letzten Chorus auch noch zu einem halbherzigen Falsett, das so klingt, als hätte man ihn gerade beauftragt, er solle das so singen, er selber sei damit aber überhaupt nicht im Reinen. Autsch. Das hat man alles schon besser von der Band gesehen.

Auch die Texte des Frontmanns kratzen nicht selten mal grenzwertig an der Kitschgrenze. Natürlich glänzt ebenfalls das absolute Highlight „Get Up And Fight“ durch einen perfekt ausgeklügelten Text. Nunja. Spätestens wenn Bellamy in „Thought Contagion“ dann unabsichtlich (?) auf die „Endlösung“ („brace for the final solution“), die bei den Nationalsozialisten verbreitete Bezeichnung für die Tötung von Millionen von Menschen, verweist, muss man zu dem Schluss kommen, dass die Band hier nicht ihren lyrischen Hochpunkt zelebriert. Muse standen in der Vergangenheit aber ja auch eher für clevere Rock-Musik und nicht für besonders poetische Texte.

In der Gesamtbetrachtung ist „Simulation Theory“ dann doch gelungener, als es der Großteil dieses Textes vermuten lässt. Neun der elf neuen Stücke sind entweder sehr gut oder gut. Die meisten Versuche sich musikalisch auszuleben funktionieren und verkörpern das, wofür die Band schon seit vielen Jahren steht: Fortschrittlichkeit. Da kann man bei den wenigen Aussetzern ja fast mal ein Auge zudrücken.

Das Album „Simulaton Theory“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Muse live 2019:

29.06. – Köln, Rhein-Energie-Stadion (Tickets ab Freitag, dem 16.11.2018)

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Warner Records.

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