Garbage, E-Werk Köln, 17.09.2018

Frauen sind in der Alternative-Szene unterrepräsentiert. Das war früher so, das hat sich bis heute nicht geändert. Umso schöner ist es, eben jene Epigonen der alternativen Szene zu beobachten, die es auch mit weiblichen Musiker*innen auf die ganz großen Bühnen geschafft haben. Im E-Werk treffen dabei die jüngste Punk-Hoffnung Dream Wife auf die Urgesteine Garbage, die ihr Erfolgsalbum „Version 2.0“ nicht nur mit einer Jubiläumsedition, sondern auch mit einer Tour feiern.

Wie es sich bei einer Jubiläumstour ja fast schon gehört, besteht das Publikum größtenteils aus den Menschen, die das Album damals schon miterlebt haben. Will heißen, heute haben größtenteils Mittvierziger*innen den Weg ins E-Werk gefunden, was ungefähr doppelt so alt ist wie die Mitglieder der Vorband Dream Wife. Diese stürmen sehr euphorisch die Bühne und hauen ein spaßiges Set aus ihrem Debütalbum, das erst dieses Jahr erschien, raus. Dabei wirbeln die Musiker*innen über die Bühne und präsentieren einen schönen Punk-Alternative-Hybriden, der auch einige Indie-Elemente beinhaltet. Bei tollen Gender-Equality-Statements und Empowerment-Ansagen bleibt das Publikum aber erschreckend verhalten. Wissen die eigentlich, wofür der Hauptact heute Abend steht? Man fragt sich schon, ob das nicht ein typischer Fall von „Hauptsache die Musik ist toll“-Publikum ist. Sehr schade, Dream Wife zeigen jedenfalls klares Potenzial, eine der nächsten großen Female-Fronted-Bands sein zu können.

Nun entern pünktlich um 21 Uhr Garbage die Bühne. Frontfrau Shirley Manson erinnert stark an Joker-Liebhaberin Harley Quinn, zwei Zöpfe baumeln vom Kopf, dazu trägt sie eine Netzstrumpfhose und ein übergroßes weißes T-Shirt. Überhaupt wirkt die Sängerin mindestens 20 Jahre jünger als sie ist, wie sie so über die Bühne hüpft und immer wieder im Kreis läuft wie ein gefangenes Raubtier. Passend zur Jubiläumstour besteht die Setlist aus dem großen Album „Version 2.0“ in der dieses Jahr erschienen Deluxe-Edition. Diese beinhaltet insgesamt 22 Lieder, von denen fast alle gespielt werden. Das bedeutet, auch einige ehemalige B-Sides und Cover-Songs schaffen es, teils sogar erstmalig, auf die Bühne. Besonders herzzerreißend kündigt Manson „Soldier Through This“ an, ein Song, den sie selbst als zu traurig empfindet, um ihn live zu spielen. Heute kommen aber die schnelleren Songs besser an, die Fans warten ständig sehnsüchtig auf den nächsten Up-Beat-Song, wie „Push It“, „When I Grow Up“ oder natürlich den Übersong „I Think I’m Paranoid“. Das ist vielleicht auch das größte Problem: die Setlist ist zwar gefundenes Fressen für große Fans, da es von Raritäten nur so strotzt – heute scheinen die meisten jedoch für die bekannten Stücke da zu sein. So wirkt die Setlist teils überladen, denn wie Manson selbst zugibt sind einige Songs einfach ziemlich „weird“. Manson übernimmt die Führung, während der Rest der Band ganz in schwarz gekleidet im Hintergrund alles gibt. Dabei überzeugt die einnehmende Mischung aus Industrial, Grunge und Alternative auch heute noch, genau so wie die legendäre Frontfrau.

Manson spricht wenig. Erst ab dem 10. Song wirkt es, als wäre sie aufgetaut. Dann folgt ein Satz, der schwer im Magen liegt: „They love to see strong women fall apart.“ Und dann: „I promise you, I won’t“. Das hoffen wir inständig, denn so große Frauen wie Manson braucht es, um die grandiose Nachwuchsgeneration um Dream Wife in eine hoffentlich gerechtere Zukunft zu geleiten. Das zeigen Abende wie diese.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=ypr18UmxOas

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Rechte am Beitragsbild liegen bei Julia Köhler.

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