Macklemore, Lanxess Arena Köln, 21.04.2023

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Und so werden aus 4000 plötzlich 14.300 – offensichtlich hat man sich bei Macklemore und seinem Beliebtheitsgrad hierzulande ganz schön verschätzt. Das Palladium in Köln meldet in kurzer Zeit ausverkauft. Sollte man es wagen? Und ja, manchmal wird Mut auch belohnt. Denn schließlich stehen in der Lanxess Arena am 21.4., einem Freitag, mehr als die dreifache Menge an Menschen vor dem fast 40-jährigen Rapper aus Seattle.

Mit Sicherheit haben wir alle mindestens eine Situation aus dem letzten Jahrzehnt im Kopf, in der wir zu einem der richtig fetten Hits steilgegangen sind. Macklemore lernte 2006 den Fotografen Ryan Lewis kennen. Beide merkten schnell, dass sie auch musikalisch funktionierten, sodass zwei Jahre später das Projekt Macklemore & Ryan Lewis an den Start ging. Für beide womöglich die beste Entscheidung ihres Lebens, denn mit 45 Millionen verkauften Einheiten gehört man easy zu den erfolgreichsten Acts der Dekade. Man hatte einfach genau den richtigen Riecher für den passenden Sound zur richtigen Stunde, der einfach die Welt in Bewegung brachte.

Auch wenn 2023 das gemeinsame Ding fast komplett auf Eis liegt, ist Macklemore weiterhin so von den großen Songs überzeugt, dass er sie alle auf seiner großen Tour mit dabei hat. Doch bevor die zu hören sind, dauert es wirklich ordentlich lang.

Sind um 20 Uhr zum offiziellen Start bereits sämtliche Plätze im Innenraum, Unter- wie Oberrang eingenommen – ja, frei sind nicht mehr ganz so viele – gibt es zunächst zwei statt wie üblich einem Voract. CHARLIEONNAFRIDAY macht pünktlich auf die Minute den Anfang und spielt 20 Minuten sehr soliden und okayen Rap mit aktuellen Beats. Kann man sich gut weghören und passt auch zum Headliner. Besonders überraschend gut ist jedoch Special Guest Tones And I. Name klingelt noch nicht? Dann aber mit hundertprozentiger Treffsicherheit die Hook „Dance for me, dance for me, dance for me, oh oh oh“. Ja, der „Dance Monkey“ war vor drei Jahren wirklich nicht zu ignorieren. Die halbe Stunde, die Toni Watson aka Tones And I aus Australien für sich beanspruchen darf, ist aber zweifelsohne eine überdurchschnittlich gute, und das in vielerlei Hinsicht. Gesanglich eine ziemlich ordentliche Leistung, dazu gleich mehrere Titel mit Ohrwurmgarantie, aber weniger Nervfaktor als „Dance Monkey“ und on top ein BIPoC-Chor. Das verursacht schließlich auch das, wofür man einen Voract bucht, nämlich richtig gute Stimmung.

Leider wird die durch eine entschieden zu lange Pause etwas gedrosselt. Wenn Tones And I um 21 Uhr das Feld räumt, dauert es noch unnötige 36 Minuten, bis es richtig losgeht. 21:36 Uhr ist schon wirklich arg spät für ein Konzert in Deutschland, das um 20 Uhr beginnen soll. Um 23 Uhr gehen die Lichter im Raum wieder an und alle trotzdem sichtlich amüsiert und unterhalten nach Hause.

Bad Facts zuerst: Es fällt extrem auf, dass das Konzert hochverlegt, aber nicht mehr nachträglich angepasst wurde. Die Bühne ist für die Lanxess verdammt klein. Kein Steg ins Publikum, auch keine Deko, ein viel zu kleiner Bildschirm und bis auf ein paar bescheidene Flammen, Standardlicht und einem Konfettiregen auch keine mitreißenden Showelemente. Halle wirklich zero genutzt. Mit einer Spiellänge von aufgerundet 85 Minuten bekleckert sich Macklemore dahingehend auch nicht mit Ruhm.

Kann man damit leben, ist aber ansonsten alles doch ziemlich nice. Der Rapper, der zu den wenigen sehr erfolgreichen weißen Männer im US-Game zählt, ist wahnsinnig nahbar. Er schäumt nur so über vor Freude, Dankbarkeit und Euphorie, ist es nämlich die größte Halle auf seiner aktuellen Tour. Dass 14.300 Menschen für ihn gekommen sind, erwähnt er gleich dreimal. Pure Dankbarkeit kommt durch, die Macklemore dann direkt in Energie umwandelt und damit es auch recht einfach schafft, bis auf die ganz oberen Reihen mitzureißen.

In 85 Minuten kann man natürlich nicht so ganz viel bringen. Am Ende sind es 16 Songs, wovon drei in einem Medley zusammengefasst werden. Aber selbst wenn man den sympathischen dreifachen Papa nicht intensiv verfolgt hat, kennt man locker die Hälfte der Songs. „And We Danced“, „These Days“, „Same Love“ und natürlich besonders „Thrift Shop“ sowie das finale „Can’t Hold Us“ – da muss man schon in einer Höhle gelebt haben, um nicht mitsingen zu können und nicht mitdancen zu wollen. Vom aktuellen Album „Ben“, das verkaufstechnisch ganz schön floppt, sind nur vier Tracks auf der Setlist. Dazwischen gibt es sehr ausführliche Ansprachen und Anmoderationen, die hochgerechnet wahrscheinlich über zehn Minuten der Zeit einnehmen. Ist bestimmt nicht jedermanns Sache, macht aber den Moment auf jeden Fall fühlbarer und Macklemore authentischer.

Neben ihm kommen gleich mehrere zum Zug. Sowohl die Menschen an den Instrumenten – darunter zwei mit Bläsern in der Hand – aber auch die Backingvocals plus Feature Eric Nally, mit dem „Downtown“ performt wird, machen alle einen richtig guten Job. Glücklicherweise sitzen auch an der Technik die richtigen Leute, sodass der gesamte Gig top klingt, was in der Lanxess gar keine Selbstverständlichkeit ist. Mit mehreren politischen Messages auf der Videowand – darunter auch mehr Liebe für queere Menschen – setzt Macklemore Zeichen, die viele seiner Kolleg*innen im Rap-Genre nicht so draufhaben. Leider tapst er aber auch für zwei, drei kleine Momente in die Chauvi-Grube und macht seine Tänzerinnen etwas sehr vulgär an, die jedoch anschließend damit kontern, ihn symbolisch zu erschießen. Haarscharf, aber es ist eben auch Ami-Hip-Hop.

Die Halle hat sichtbar eine gute Zeit. Auf den Rängen wird nahezu gar nicht gesessen und auf Wunsch des Künstlers auch wenig gefilmt. Er möchte die Zeit mit allen im Hier und Jetzt genießen. Funktioniert gut. Kurz vorm Schluss gibt es mit Tones And I das Duett „Good Old Days“, bei dem sie Kesha ersetzt. Starker Moment, in dem alle zeigen, dass sie es ziemlich draufhaben. Der Produktion und der etwas minderen Quantität geschuldet bleibt der ganz große Kick zwar aus, aber in vielen Momenten der Show hat man mit Macklemore auf jeden Fall sehr stimmige Konzertvibes. „So we put our hands up like the ceiling can’t hold us, like the ceiling can’t hold us!“. Word.

Und so hört sich das an:

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Bild von Christopher

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