Pabst – Deuce Ex Machina

Cover des zweiten Pabst-Albums "Deuce Ex Machina".

Der Grunge-Sticker haftet Pabst an. Egal wann und wo über die Berliner Band gesprochen wird, immer fällt auch das Buzzword, dem Kurt Cobain und Co. Anfang der 90er-Jahre zu derartiger Popularität verhalfen. Mit „Deuce Ex Machina“ gehört diese simplifizierte und eingleisige Zuschreibung nun der Vergangenheit an. Waren die Bezüge des Indie-getränkten Sounds des Power-Trios auf dem Debüt „Chlorine“ noch verhältnismäßig einseitig, so widmet sich dieses auf seinem zweiten Studioalbum nun jeglicher populärer Spielart des Rock: Blues, Stoner, Indie – und natürlich auch Grunge – finden da allesamt ihren Platz. Ein wilder Ritt.

„Okay, 1, 2, 3, 4“, spuckt eine Roboter-Stimme eindringlich in den Mix. Ein Aufruf zum Lärmen. Dann ertönen die Gitarren. Das Schlagzeug imitiert einen exakt programmierten Drum-Computer – eine „Machina“. Es groovt unglaublich. Das Tempo fühlt sich zu langsam an. Kurz befürchtet man, die Band sei an ihren Instrumenten eingeschlafen. Man möchte den Song am Schopf packen und in Richtung Beschleunigungstunnel schmeißen. Dann die Bridge: Pabst ziehen an und biegt in die Blues-Rock-Allee ab. Endlich! Und noch eine Wendung: Zum Schluss stürzen die Musiker scheinbar in Zeitlupe über die Ziellinie. Song Nummer zwei übernimmt. Ein flottes Riff ertönt. Der Viersaiter und die Drums setzen ein. Der Groove ist vertrackter. Das Tempo tanzbarer. Immer wieder gesellen sich mittenlastige Schlagzeugspielereien zum restlichen Instrumentarium. Die Aufgabe: Den Mix anfetten. Der ist so ausgefüllt, dass Zuhörer*innen nach dem Abspielen vielleicht eine Kopfschmerztablette benötigen. „Ibuprofen“ oder so.

Im Anschluss: Ein waschechter Queens Of The Stone Age-Gedenkmoment. Der Refrain zeckt sich mit „Ah-Ah-Ah-Ahhhhh“-Melodien in die Gehörgänge. In den Strophen übernehmen mit Chorus-Effekt versehene Gitarren: Verwaschen nennt man das. Erik Heise – er leiht den Stücken seine Stimme und drischt auf die Gitarrensaiten ein – klingt nahezu genervt und gleichgültig, wenn er singt: „I’m trash, throw me away!“. Scheiß-Drauf-Attitüde. Passenderweise heißt das Stück „Useless Scum“. Etwas später steht Nacken-Training an. „Legal Tender“ ist im Anschluss samt Clap-Spielereien und nach vorne treibenden Refrains so eingängig, es sollte illegal sein. „I’m here for a good time“ – ja, so klingt das auch. Lasst die Po’s im Takt kreisen!

„Skyline“ ist wieder träger. Den zynischen Text zieht Heise so sehr in die Länge, dass auch der letzte Idiot die Ironie verstanden haben muss. „I hope that all the money was well spend!“ Außerdem: Die Einladung zum Headbangen im Refrain wird gerne angenommen. Es folgt eine schelmische Bass-Line. Fahrstuhl-Atmosphäre. Kurze Ruhepause. Zeit auf „Wish.com“ in kapitalistischen Konsumträumen zu baden. „Fugitive (Another Song about Running Away)“ möchte all dem mit Hilfe der Kraft des Punk entfliehen. Die leicht angenervten „Oh-Oh“-Backgrounds in den Strophen könnten auch von Josh Homme stammen. Der Refrain von irgendwelchen Punk-Rock-Göttern. Die heben im Himmel gerne die Faust in Richtung, nunja… Weltall? Das letzte Aufbäumen vorm Schluss ist ein kraftvolles.

Viel Energie hat auch „Hell“. Der schielt mit verspielten Main-Riff über den großen Teich in Richtung texanische Steppe. Trocken marschieren Pabst im Refrain durch die staubigen Landschaften. Zumindest vor dem inneren Auge. „Straight Line“ beginnt zunächst alles andere als straight. Nach wenigen Sekunden biegt der Song jedoch auf die Cowbell-Autobahn ab. Tanzfläche, yeah! Wo ist der Moshpit? Das Solo gegen Ende ist eins der vielen guten auf dieser Platte. „Up The Heat“ geht die Reise etwas entspannter an. Einer behält hier immer einen kühlen Kopf: Der Bass. Der fügt dem Refrain die nötige Tiefe bei und verwandelt selbst den unauffälligsten Song in einen guten. 

Zum Abschluss: „My Apocalypse“ als nahezu-Ballade. Mindestens gelassen, wenn nicht sogar schelmisch eingängig. Noch eine letzte reduzierte Bridge, dann ein letztes Lärmen. Ende. Vorbei sind 34 Minuten Rock ’n‘ Roll-Rundreise. Das ist ein Ritt. Vielleicht kein besonders charakterstarker. Dafür einer, der an vielen Orten gleichzeitig stattfindet, allen sympathisch ist und für eine gute Zeit steht. Eins ist aber klar: Das ist so viel mehr als nur Grunge.

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Ein ausführliches Interview zu der Platte gibt es hier.

Und so hört sich das an:

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Pabst live 2020:

07.11. Wien, Chelsea (AT)
17.11. Essen, Zeche Carl
18.11. Bremen, Lagerhaus
19.11. Flensburg, Volksband
20.11. Hamburg, Molotow
21.11. Rostock, Peter-Weiss-Haus
24.11. Dresden, Ostpol
25.11. Nürnberg, Club Stereo
26.11. München, Milla
27.11. Stuttgart, Merlin
28.11. Karlsruhe, Kohi
29.11. Augsburg, SoHo Stage
01.12. Freiburg, The Great Räng Teng Teng
02.12. Saarbrücken, Sparte4
03.12. Trier, LUKE
04.12. Wolfsburg, Sauna Club
05.12. Berlin, Lido
08.12. Münster, Spuntikcafé
09.12. Köln, Bumann & Sohn
10.12. Hannover, LUX
11.12. Osnabrück, Kleine Freiheit
12.12. Leipzig, Naumann’s im Felsenkeller
17.12. Basel, Hirscheneck (CH)
18.12. Winterthur, Gaswerk (CH)

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Ketchup Tracks.

 

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