The Adicts, Live Music Hall Köln, 02.06.2018

Es ist das erste Juni-Wochenende, ungemein viele Menschen sind ihre Pilgerfahrt zu Rock am Ring oder Rock im Park angetreten. Ein alternatives Konzert an diesem Wochenende starten zu lassen, ist mutig. Ob das der Hauptgrund dafür ist, dass selbst eine verkleinerte Live Music Hall heute nicht ansatzweise ausverkauft ist, lassen wir mal offen. Auftreten sollen heute die Adicts – die Punklegenden, die in den 80er Jahren zu den beliebtesten und größten Acts dieses Genre zählten. So ganz kann man sich das heute zunächst nicht vorstellen, ganz entspannt sitzt das gesamte Publikum im Outdoor-Bereich der Live Music Hall. Vom regen Treiben anderer Konzerte ist das Welten entfernt.

Für erste Schritte in die richtige Stimmung ist eigentlich die Vorband zuständig. Diese heißt heute Outsiders Joy und spielt deutschsprachigen Punkrock – leider sowohl musikalisch, als auch textlich so klischeebehaftet und flach, dass überhaupt keine Stimmung aufkommen will und der Großteil des Publikums weiterhin draußen bleibt. Sehr schade, denn so steigt vor allem die Befürchtung, dass der Konzertabend eine sehr zurückgehaltene Angelegenheit wird. Mit dem Stück „Ode an die Freude“ von Beethoven wird der Auftritt der Adicts dann schließlich schon geschmackvoll eingeleitet, die Halle füllt sich beeindruckend schnell dann doch noch. Ein ungewöhnliches Intro für eine Punkband, wer sich mit der Band und dem Filmklassiker „A Clockwork Orange“ auskennt, sieht schon hier ein Showelement. Auch im Film, der ein extrem großer Einfluss für den Stil der Band ist, dient dieses Stück als Leitmotiv.

Dann entert die Band auch schon die Bühne, Frontmann Keith „Monkey“ Warren trägt dabei ein gewohnt schräges Outfit – mit Zylinder, Umhang und buntem Anzug. Schon kann die Punk-Show beginnen. Dabei stellt der Punk-Begriff des heutigen Abends viele Klischees doch sehr infrage, nahezu wirkt die Vorband wie der gängige Punk, über den sich die Adicts nur amüsieren. Denn wofür steht Punk oft? Gesellschaftskritik, bloß kein Kitsch, schnelle Gitarren und Beats, eingängige Texte, Schnodder und Dreck. Die Adicts singen lieber Lieder über Lieferservices und Enten, werfen permanent mit Konfetti, haben Regenschirme, Kuscheltiere, Spielkarten und riesige Luftballons im Gepäck. Musikalisch gibt es immer wieder Ah-Oh-Chöre, eine Nähe zu Pop-Musik wird gar nicht erst verheimlicht, sondern immer wieder demonstriert. Sänger Warren gibt sich in überschwänglichsten Gesten hin, tanzt lasziv, frisst Lametta. „Ernster“, rotziger Punk, wie man ihn heute kennt, ist das nicht. Wie stehen die breiten Punk-Schränke dazu? Sie feiern die Band dermaßen ab, dass der Pit sich permanent erweitert und voller glücklicher Menschen ist. Auch so viele Jahre nach dem großen Erfolg bietet die Band ein fantastisches Live-Erlebnis, durch diverse Show-Elemente kommt immer wieder Abwechslung in den Auftritt, musikalisch sitzt auch alles. Innerhalb von knapp 75 Minuten spielt die Band 21 Lieder und mit „Joker in the Pack“ und „Viva la Revolution“ natürlich auch die größten Hits. Schade ist nur, dass neben den Moshpit-Fans die meisten Anwesenden scheinbar keine Interaktion zulassen. Klatschen oder gar singen? Fehlanzeige. Schade, denn die Band gibt wirklich alles. Erst beim Closer „You’ll Never Walk Alone“ werden die Chöre etwas lauter.

Dann ist der Abend aber auch schon vorbei. Die Adicts haben bewiesen, dass ihre Zeit noch lange nicht vorbei ist und sie live immer noch zu den ganz Großen gehören!

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=SMnUin48PKs

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Rechte am Beitragsbild liegen bei Julia Köhler.

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