Anti-Flag – 20/20 Vision

Anti-Flag
Wenn eine Punk-Band ihr 11. Album veröffentlicht, hoffen wohl die wenigsten auf eine klangliche Revolution, sondern viel eher darauf, dass die alten Helden immer noch etwas zu sagen haben – und sich mit ordentlich Dampf Gehör verschaffen. Wie gut dass Anti-Flag gelingt, beweisen die nackten Fakten: Obwohl das Quartett bereits seit 27 (!) Jahren fester Bestandteil der Punkwelt ist, können sich auch 2020 noch alte Hasen und junge Nachwuchsfans auf die Musiker aus Pittsburgh einigen. Und dennoch – „20/20 Vision“ stellt dann zumindest inhaltlich eine kleine Zäsur dar. Denn zum ersten Mal beziehen sich die Texte explizit auf aktuelle Geschehnisse und Personen. Vor allem geht es um zwei: Donald Trump und Mike Pence.

Jeder Takt eine Hymne

Als Einstieg in dieses Album dienen also nicht polternde Rhythmen oder eine herausgebrüllte Ansage, sondern ein Sample einer Rede des US-amerikanischen Präsidenten: „In the good old days, this doesn’t happen, because they used to treat them very, very rough. And when they protested once, they would not do it again so easily. “ Bei derartigen Aussagen eines Präsidenten war es der Band einfach nicht mehr möglich, bei kryptischen und allgemeingültigen Thesen zu bleiben, so Gitarrist Justin Sane: „Du musst dich jetzt entscheiden. Was wir mit dem Weißen Haus erlebt haben, zeigt, dass es keine Grauzone mehr gibt.“ Versinnbildlicht dann im Titeltrack, der vor nahezu sonnigem Sound die Alt-Right-Bewegung beleuchtet und die einfache Frage stellt: „Tell me which side are you on?“ Das Album also als Warnung, als Weckruf an alle Andersdenken und wenn das Trump-Sample dann von dem mächtigen „Hate Conquers All“ überrollt wird, hat das schon eine bemerkenswerte Schlagkraft.

Der Zweck heiligt die Mittel

Musikalisch gewinnen Anti-Flag mit „20/20 Vision“ keinen Blumentopf und vermutlich auch keine neuen Fans. Aber die alten sollte das altbekannte Potpourri glücklich stimmen: Da gibt’s flotten Sum-41-Pop-Punk („It Went Off Like A Bomb“), klassischen Sing-Along-Punk („Don’t Let The Bastards Get You…“), aber auch Ausflüge in den Hardcore („A Nation Sleeps“), eine Akustik-Hymne („Un-American“) und zu guter Letzt sogar frohlockende Ska-Trompeten („Resistance Frequencies“). Hat man alles schon mal gehört, aber das macht überhaupt nichts. Denn wenn die Gegenseite immer lauter und ätzender wird, müssen alle anderen zusammenhalten und das funktioniert mit den eingängigen Hymnen der Band auch auf der neuen Platte so gut, weil es stets authentisch und kraftvoll bleibt. Bestes Beispiel: „Christian Nationalist“, bei dessen Mitsing-Passage die großen Festivalmengen dankbar einsteigen werden: „You’re not better than the rest, white neo-christian nationalist“. Wir gemeinsam gegen die, das funktioniert eben auch jetzt noch – und Revolution steckt hier definitiv nicht in den Saiten, dafür aber in der aufrichtigen Punk-Haltung. So lässt es sich auch als Punkband in Würde altern.

Das Album „20/20 Vision“ kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Anti-Flag live 2020:

  • 16.01. Dynamo, Zürich (CH)
  • 17.01. PPC, Graz (AT)
  • 18.01. Flex, Vienna (AT)
  • 21.01. SO36, Berlin
  • 22.01. Backstage, München
  • 23.01. Löwensaal Nürnberg
  • 24.01. Talschock, Chemnitz
  • 28.01. Fabrik, Hamburg
  • 29.01. Essigfabrik, Köln

Rechte am Albumcover liegen bei Spinefarm.

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