Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt

Während es für die meisten Musiker:innen zur Pandemie vermutlich eher ruhig zugeht, liegen turbulente Wochen hinter Danger Dan. Eigentlich als Rapper der Antilopen Gang bekannt, feiert er Dank seines Solosongs „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ seit Wochen mehr Erfolge als je zuvor. Fast drei Millionen YouTube-Klicks, 40.000 neue Instagram Follower, eine ausverkaufte Tour binnen weniger Minuten, ein Auftritt bei Jan Böhmermann, gemeinsam mit Starpianist Igor Levit und dem Rundfunktanzorchester Ehrenfeld, zahlreiche Artikel und Interviews in allen erdenklichen Magazinen (sogar der Gala!) und diverse Shoutouts aus jeglichen Ecken der deutschen Prominenten-Szene inklusive K.I.Z. und Sarah Connor – in den letzten Wochen kam niemand an Danger Dan vorbei.

Höchste Zeit, einmal Luft zu holen und sich in aller Ruhe der rekordverdächtigen Single und dem dazugehörigen Klavieralbum zu widmen, das am 30.04.2021 als erste physische Veröffentlichung des bandeigenen Labels „Antilopen Geldwäsche“ erscheint. Auch wenn Danger Dans Klavieralbum nur wenig mit der Rapmusik der Antilopen Gang gemeinsam hat, so sind seine Gang-Kollegen Panik Panzer und Koljah dennoch ein wichtiger Teil der Platte. Während Koljah in allerlei Themen wie dem Songwriting und der Trackliste beratend zur Seite stand, kümmerte sich Panik Panzer zum wiederholten Male um die Produktion und erlernte eigens für das Soloalbum auch das Mischen von Klaviersongs. Frei nach dem Motto: alles für die Gang.

„Klavier ist cool, Klavier ist sexy“

Schon während seiner bisherigen Rapkarriere fand man Danger Dan regelmäßig am Klavier – egal ob auf Tour mit einer Reggae-Band oder als Teil der Antilopen Gang: das Klavier war stets auf die eine oder andere Weise präsent. Als Corona einsetzte und die letzte Tour der Antilopen Gang frühzeitig beendet werden musste, nahm Danger Dan das Instrument mit nach Hause und veröffentlichte im vergangenen Jahr die Quarantäne-Ballade „Nudeln und Klopapier„. Viel Zeit und der anhaltende Lockdown führten schließlich zum Klavieralbum. Ein Traum, den der aus Aachen stammende Musiker schon lange auf seiner Agenda hatte und dessen Umsetzung nicht nur von der Pandemie beeinflusst wurde. 2018 veröffentlichte Danger Dan bereits sein erstes Soloalbum „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ und präsentierte dort einen bunten Mix aus allen möglichen Genres. Neben Rap-Tracks und Klaviereinlagen fand man auf der Platte zum Beispiel auch ein A Capella Feature mit Die Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel, das nicht nur überraschte, sondern auch als dauerhafter Ohrwurm hängen blieb.

Auf seinem neuen Album „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ lässt Danger Dan seine Stimme aber einzig und allein von Klaviermelodien tragen. Musikalisch unterstützt werden die elf Songs lediglich von gänsehauterregenden Streichern, die von Sängerin Mine komponiert und arrangiert wurden (ein Interview zu ihrem eigenen Album, das am selben Tag erscheint, findet ihr hier).

Ein Album voll musikalischer Erzählungen

Ein Album mit elf Klaviersongs – das klingt im ersten Moment recht einfach, doch wie bereits auf seinem ersten Soloalbum überrascht Danger Dan auch diesmal wieder mit einem unerwarteten Mix an Themen und Melodien. Es steht außer Frage, dass das Highlight die gleichnamige Single „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ bildet, welche zu Recht in den vergangenen Wochen viral ging. In dem Song prangert Danger Dan namentlich einige Verschwörungstheoretiker, sowie Vertreter rechter Ideologien an. Da er hierbei jedoch den Konjunktiv verwendet, fallen seine Aussagen unter die Kunstfreiheit – dies versicherten ihm vor Single-Release auch seine Anwält:innen.

Eine ähnliche Thematik wird auch in „Das schreckliche Buch“ aufgegriffen. Von fröhlichem Pfeifen und Geklimper begleitet, erzählt Danger Dan einige diffuse Geschichten, die sich laut Verleger allesamt wegen ihrer Realitätsferne nicht als Romanidee eignen. Der Twist: alle beschriebenen Ereignisse basieren auf wahren, politischen Begebenheiten der letzten Jahre.   

Dass das restliche Album seine Hörer:innen aber auch ohne politische Themen in seinen Bann ziehen kann, zeigt die neueste Single „Eine gute Nachricht„, die ebenfalls als Highlight heraussticht. Völlig kitschfrei wurde hier ein herzergreifendes Liebeslied geschrieben, das die Herzen aller möglichen Generationen zu erweichen vermag. Mit „Topf und Deckel“ wird außerdem ein Song veröffentlicht, den Danger Dan bereits 2011 auf der so genannten „Tortur Tour“ der Antilopen Gang spielte. Mit einem amüsanten Storytelling beschreibt Danger Dan hierbei die ungewöhnliche Liebesgeschichte verschiedener Menschen, die sich durch ihre ausgefallenen Vorlieben wie ein Topf und sein Deckel ergänzen. Ein wenig kitschiger geht es bei dem Song „Trotzdem“ zur Sache. Das Lied dient nicht nur als offenkundiges Liebesgeständnis, sondern enthält auch eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Selbstwahrnehmung.

Der wohl ungewöhnlichste Song des Klavieralbums dürfte „Ingloria Victoria“ sein – eine Art offener Brief an das Viktoria Gymnasium in Aachen, das sich auf seiner Wikipedia Seite mit Danger Dans Namen schmückt, ihm jedoch keine besonders guten Erinnerungen vermachte. Im Text wird hervorgehoben, wie das dort (und auch an anderen Schulen) vermittelte Schulsystem sich an alte Werte klammert, die für Schülerinnen und Schüler im wahren Leben nicht unbedingt von Nutzen sind.

Zum Schluss trägt uns Danger Dan in „Beginne jeden Tag mit einem Lächeln“ dann noch einige Weisheiten aus dem Wandkalender vor – ehe das Lied eine unerwartete Wendung nimmt, die man selbst gehört haben sollte…

Erwartungshaltung auf Albumlänge

Von den Stärken des Albums kommen wir zu seinen Schwächen: „Tesafilm“ überzeugt zwar durch ein großartiges Arrangement, wirkt insgesamt jedoch eher wie ein Lückenfüller. Den Sinn hinter „Ode an den Mord“ konnte ich bislang leider auch nicht finden – wer zu erklären vermag, was es mit der Auflistung verschiedener Mordmethoden (?) auf sich hat, darf sich gerne in der Kommentarspalte weiter unten bei mir melden.

Auch wenn viele Songs alleinstehend wirklich großartig klingen, ist das Klavieralbum in seiner ganzen Pracht jedoch leider etwas eintönig. Natürlich lassen die beiden sich nur schwer gegenüberstellen, doch gerade im Vergleich zu „Reflexionen aus dem beschönigten Leben“ und den veröffentlichten Singleauskopplungen, konnten die Erwartungen an das Album nicht ganz erfüllt werden. Möglicherweise sehen Hörer:innen aus anderen Generationen das aber auch anders, denn ein Vorteil des „unerwarteten Klavieralbums“ ist Danger Dans Funktion als Sprachrohr für gleich mehrere Generationen.

Während es auf der letzten Solotour im Publikum noch wild zuging, ist der Plan für 2022 daher auch ein deutlich anderer. Möglichst kleine Clubs, auf deren Fußböden sich das Publikum auf eigens verlegte Teppiche setzen soll, sowie gediegene Theaterpaläste stehen für nächstes Jahr auf dem Programm. Wer schnell ist, kann eventuell noch eines der letzten Tickets ergattern, doch ein Großteil der Shows war nach wenigen Minuten bereits restlos ausverkauft.

Der plötzliche Hype um Danger Dan ist verrückt – doch auch vollkommen berechtigt, wie der Musiker mit den Texten und Songs seines Klavieralbums beweist.

Das Album kannst du dir hier (physisch) oder hier (digital) kaufen.*

So hört sich das an:

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Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt – Tour 2022

03.05.2022 Leipzig – Conne Island (ausverkauft)
04.05.2022 Erlangen – E-Werk (ausverkauft)
05.05.2022 AT-Wien – Odeon (ausverkauft)
06.05.2022 München – Feierwerk (ausverkauft)
07.05.2022 Wiesbaden – Ringkirche (ausverkauft)
09.05.2022 Köln – Luxor (ausverkauft)
10.05.2022 Hamburg – Markthalle (ausverkauft)
12.05.2022 Bremen – Schlachthof (ausverkauft)
13.05.2022 Hannover – Faust (ausverkauft)
14.05.2022 Dresden – Tante Ju (ausverkauft)
25.05.2022 Berlin – Festsaal Kreuzberg (ausverkauft)
03.10.2022 Frankfurt – Alte Oper
20.10.2022 Leipzig – Felsenkeller
21.10.2022 Leipzig – Felsenkeller (ausverkauft)
22.10.2022 AT-Wien – Volkstheater (ausverkauft)
23.10.2022 AT-Wien – Volkstheater (ausverkauft)
25.10.2022 Stuttgart – Mozartsaal
26.10.2022 Nürnberg – Meistersingerhalle
27.10.2022 Hamburg – Friedrich-Ebert-Halle (ausverkauft)
28.10.2022 Hamburg – Friedrich-Ebert-Halle (ausverkauft)
01.11.2022 Berlin – Admiralspalast
02.11.2022 Berlin – Admiralspalast (ausverkauft)
03.11.2022 Berlin – Admiralspalast (ausverkauft)
27.12.2022 Düsseldorf – Tonhalle (ausverkauft)
28.12.2022 Köln – Theater am Tanzbrunnen
29.12.2022 Köln – Theater am Tanzbrunnen (ausverkauft)

Die Bildrechte fürs Cover liegen bei Antilopen Geldwäsche.

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4 Kommentare zu „Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“

  1. Der Titel „Ode an den Mond” heisst eigentlich „Ode an den Mord”. Also mit R statt N, somit passt der Text dann auch zum Titel und ergibt Sinn.

    1. Upps, Danke für den Hinweis! Der Sinn, den Mordmethoden eine Ode zu widmen, erschließt sich mir leider trotzdem nur bedingt.

      1. Ich interpretiere das so:

        Mord ist auf der ganzen Welt „augenscheinlich“ seit Jahr und Tag geächtet und trotzdem hat der Mensch selten soviel Kreativität gezeigt wie bei Hinrichtungsmethoden.
        Der Text geht ja los mit:

        „Eine wichtige Errungenschaft in weiten Teilen dieser Welt
        Bereits seit langem juristisch verankert, das Verbot“

        und weiter dann:

        „Entgegen handwerklich, also mit Augenmerk auf Kreativität
        Und Präzision in seiner Praxis lässt sich streiten
        Welcher Mord der beste sei
        Als Frage eher nicht so nebenbei beim Abendbrot als Thema oft empfohlen wird
        Aber wer hat nicht doch heimlich einen Favoriten“

        Der Mensch ist oftmals kreativer im Ausdenken von Hinrichtungsmethoden, als im Ausdenken von Dingen, die das Leben schützen.

        Finde das sehr gut umgesetzt.

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