Fortuna Ehrenfeld – Helm Ab Zum Gebet

Fortuna Ehrenfeld - Helm Ab Zum Gebet

Fans reifen deutschen Indies sollte dieser schräge mit Rotweinpulle und Schlafanzug, sowie Klampfe bewaffnete Mittvierziger, der seit einigen Jahren mit seiner Band Fortuna Ehrenfeld – natürlich benannt nach dem schönsten Veedel Kölns – auf etlichen Festivals und als Voract von Kettcar auftreten durfte, bereits bekannt sein. Hat man das Projekt um Martin Bechler, ja, so heißt der verrückte Kerl, noch nicht auf dem Schirm, so wird sich dies mit dem dritten Album „Helm Ab Zum Gebet“ vermutlich oder hoffentlich ändern – auf dem laden die Domstädtler zu der wohl entspanntesten Tanzeskapade seit den Anfängen des Swing ein und machen damit alles richtig.

Es braucht genau 122 Sekunden, bis Bechler den Hörer über unaufgeregtem Beat mit den Worten „und jetzt tanz mit mir du Sau“ zum Tanz bittet. Ab da stampfen nicht nur die Füße, sondern auch der große Muskel in der Brust inbrünstig im Takt mit. Ob die Klavierlinien in „Bad Hair Day“, elektrisierende Synthie-Bässe wie in „Tequilla“ oder die Akustik-Gitarren von „Salzblusenkreuz“ – selbst wenn das Schlagzeug sich gerade mal eine Pause gönnt, möchten die Beine zu den kleinen Indie-Pop-Nummern der Band im Kreis schwingen. Selbst flottere Songs wie das nicht wirklich ernst gemeinte „Das ist Punk das raffst du nie“ klingen eher lässig als unangenehm vereinnahmend. Bechler und Kollegen haben nämlich die Ruhe weg und vernebeln einem mit ihrer ganz eigenen, in sich ruhenden Vermählung von Pop und Poesie den alkoholgetrübten Kopf.

Das liegt natürlich auch am eindringlichen Vortrag Bechlers, der mal nur wispert oder säuselt, mal vor sich hin spricht oder die Worte dem Hörer nur so vor die Latschen rotzt. Heißt es im schrecklichen Karneval immer nur frohen Mutes „Guten Morgen Barbarossaplatz – bist du auch noch wach?“, so übertragen Fortuna Ehrenfeld die Aussage des Party-Songs auf ihre eigene Gefühlswelt, sodass es hier zu seichten Piano-Klängen „Guten Morgen Ehrenfeld, komm schaufle mir mein Grab“ schallt. Auch auf dem dritten Album des Trios presst Bechler seine Gedanken in skizzenhafte Poesie, beschreibt Momentaufnahmen, lässt Fragen aufkommen und unbeantwortet stehen und schafft es, Fäuste-Reck-Songs zu schreiben ohne jemals wirklich vorzugaukeln, Punk sein zu wollen. Pop-Musik mit Punk-Attitüde eben.

Auch ansonsten machen Fortuna Ehrenfeld viele Dinge, ohne sie planmäßig und an Konventionen gebunden anzugehen. „Helm Ab Zum Gebet“ ist eine Lobeshymne an den Pop, ohne sich jemals populärer Dudelmusik anzubiedern. „Helm Ab Zum Gebet“ ist ein Album gleich einem Gedichtband, ohne jemals als großes Poesiewerk vorgetragen werden zu können. „Helm Ab Zum Gebet“ ist unverschämt eingängig und tanzbar, ohne jemals auf etablierte Songstrukturen zurückgreifen zu müssen. „Helm Ab Zum Gebet“ ist ist toll, ohne jemals einen Fick darauf zu geben, anderen gefallen zu wollen. Ehrlicher Matrosen-Schwur darauf!

Das Album „Helm Ab Zum Gebet“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Fortuna Ehrenfeld live 2019:

16.05. – Aachen, Musikbunker
17.05. – Münster, Sputnikhalle
18.05. – Rostock, Stadtpalast
19.05. – Berlin, BiNuu
21.05. – Wiesbaden, Schlachthof
22.05. – Stuttgart, clubCann
24.05. – Graz, Orpheum Extra (AT)
26.05. – München, Ampere
28.05. – Bremen, Tower
29.05. – Hamburg, Gruenspan
30.05. – Paderborn, Kulturwerkstatt
31.05. – Köln, Gloria

Die Rechte für das Cover liegen bei Grand Hotel Van Cleef.

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