Frank Iero And The Future Violents – Barriers

Frank Iero and The Future Violents - Barriers

Stillstand scheint es bei Frank Iero nicht zu geben. Mit seinem dritten Solo-Album besorgt sich der ehemalige My Chemical Romance-Gitarrist gleich seine dritte Bandbesetzung und entwickelt auch seinen Sound dementsprechend weiter. Aus der Feierlichkeit („The Celebration“) wurde die Ruhe an sich („The Patience“) und aus der wiederum die zukünftigen Gewalttäter („The Future Violents“). Aus rauem Punk-Rock („Stomachaches“) wurde eine sortiertere Version seiner selbst („Parachutes“) und schlussendlich dick auftragender Rock („Barriers“). Aus 37 Minuten Spielzeit wurden 43 und nun knappe 55 Minuten. Mit Mitgliedern von Dave Hauses Live-Band, Thursday und Murder By Death macht Iero einen großen Schritt nach vorne und nähert sich zielsicher dem, was seine populärer Vorgängerband ausgezeichnet hatte: dem Hang zur Theatralik.

Schon die ersten Töne von „Barriers“ geben die Marschrichtung für die komplette Platte vor, die sich so viel Gedanken um Arrangements macht wie bislang keins der Solo-Alben des 37-Jährigen. Eine seichte Orgel erklingt und man erwartet fast schon den klimaktischen Spannungsbogen von Biffy Clyros grandiosem „Different People“. Stattdessen gesellen sich nach einigen Sekunden aber ein reduziertes Schunkel-Schlagzeug und die den restlichen Song anführende Gitarre hinzu. Im Refrain – passenderweise skandiert Iero immer wieder „a new day is coming“ – gesellt sich später das harmonische Stimmorgan von Dave Hause-Keyboarderin Kayleigh Goldsworthy zu Ieros markannter, leicht schräger Stimme. In der Bridge bekommt dann ein unspektakuläres, aber effizientes Gitarrensolo Raum, bevor Iero und Goldsworthy in einem letzten Refrain wieder die Zukunft herbeisehnen. 

Auch die übrigen dreizehn neuen Stücke lösen sich von der simplen Zwei-Minuten-Formel der Vorgänger und bieten reichlich Platz für Klavier, Streicher und andere Soundexperimente. „Ode To Destruction“ darf im Intro genau solchen Tasteninstrumenten Einlass gebieten, bevor Iero und Kollegen gen Strophen in 90er-Weezer-Manier nach vorne scheppern. Das Klavier bleibt auch für die restlichen drei Minuten des Stücks erhalten, rückt aber in den Hintergrund.

Das Album bringt zwar sound- und songwritingmäßig einige Neuerungen, vollzieht aber keine 360-Grad-Wende, sondern führt den Weg von Punk hin zu dick auftragendem Rock konsequent weiter. Erhalten geblieben ist neben den vielen straighten, angezerrten Punk-Rock-Gitarren Frank Ieros zwar sonderbare, doch unverwechselbaren Art zu singen. So stürzt sich das flotte „Moto Pop“ mit einem stimmungsgeladenen „Woooh“-Ausruf in den Rock’n Roll-Sumpf und wäre so ähnlich auch nicht in den Tracklisten der Vorgänger aufgefallen. Auch „Young And Doomed“ und „Fever Dream“ packen das Punk-Riffing aus und wissen an den spannungsgeladensten Momenten auszubrechen. „Medicine Square Garden“ – eigentlich einer der ruhigeren Momente der Platte – biegt dahingegen auf halbem Weg zur Indie-Rock-Ballade in Richtung Riff-Ausbruch ab. Gerade solch unerwartete Wendungen sorgen dafür, dass sich die Platte weder leicht in Schubladen von Indie, Rock oder Punk stecken lässt und sich zum anderen von anderen generischen Rock-Veröffentlichungen abhebt.

Trifft man vor allem bei vielen britischen Rock-Künstlern auf zum Standard gewordene Attitüden und Songwriting-Momente, so misst Iero solche Klischees. „Barriers“ verzichtet im Gegensatz zu seinem Vorgänger auf die obligatorische Akustik-Ballade und schafft es vor allem innerhalb der Songs mit Dynamiken zu spielen. In einem solchen kreativen Freiraum kann ein Song wie das dramatische „Police Police“, der es sich zwischen ruhigen Nu-Metal-Motiven und lauten Ausbrüchen extrem bequem zu machen scheint, locker existieren. Iero ist es gelungen, Mitstreiter aufzutreiben, die seine kreative Vision voranbringen und das Songwriting auflockern ohne dabei für allzu große Sperrigkeit zu sorgen. Viele der Songs erstrecken sich über vier und mehr Minuten, erscheinen aber nicht wie in die Länge gezogene Songs der Vorgänger, sondern stimmige Weiterentwicklungen. Wenn so nicht ein gelungener Lernprozess aussieht!

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