Green Day – Father Of All…

Zensiertes Cover von Green Days "Father Of All..."

Knapp dreieinhalb Jahre ließen sich Green Day für den Nachfolger von „Revolution Radio“ Zeit. Das Ergebnis dieses Schaffensprozesses – in Realität saß die Band natürlich neben Tourneen und Familienangelegenheiten wohl deutlich kürzer an dem Endresultat – ist „Father Of All…“, ein 25-minütiger Disco-Punk-Ritt. Darauf reichert die Kalifornische Band ihren Punk-Rock mit etwas Indie, Rock’n Roll und Soul an und verpackt diesen in knackige Zwei-Minüter. Platz für Ruhepausen oder Balladen bleibt da nur wenig.

Unterstützung bekommt die Band dabei von der Produktion, die gelegentlich Synthesizer und Studio-Effekte beisteuert und dem Roh-Material damit deutlich mehr Akzente verleiht. Gerade das macht aus Songs wie dem etwas gelasseneren „I Was A Teenage Teenager“ angenehm experimentelle Pop-Rocker. Momente wie die kleine Synthie-Spielerei nach den Refrains machen Bock und lockern die doch recht begrenzte Green Day-Formel nach zwölf Studioalben etwas auf. An anderer Stelle wagt sich die Band jedoch auch an Experimente, die schon viel früher im Songwritingprozess ansetzen: Der Titeltrack baut beispielsweise auf einen Billie Joe Armstrong, der ungewohnt hoch singt und dabei kaum noch nach Punk-Rock klingt. Das mag einigen unangenehm aufstoßen, ist in Realität aber einfach nur unglaublich catchy. Auch „Take The Money And Crawl“ ist für Green Day-Verhältnisse ungewohnt verspielt: Sowohl die Strophen als auch der Refrain begleiten eine Lead-Gitarre, die Armstrongs Stimme umgarnt. Das haben zwar schon viele Bands genauso gemacht, bringt bei den US-Amerikanern aber nochmal frischen Wind in die Maschinerie.

An anderer Stelle gleicht das Trio vergangene Fehler aus. „Stab You In The Heart“ ruft nach Rock’n Roll-Disco und reminisziert „F**k Time“ von der eher mittelmäßigen Trilogie. Das lehnte sein Main-Riff wiederum an Little Richards Rock’n Roll-Klassiker „Tutti Frutti“ an. Was damals noch eher mittelmäßig funktionierte, ruft nun nach hemmungslosem Abzappeln. „Fire, Ready, Aim“ zieht einen ebenso in unverschämt eingängiger Art auf den Dancefloor, auch wenn man eigentlich gar nicht tanzen mag. Der Band ist das zumeist egal: Hier wird getanzt!

Das anschließende „Oh Yeah!“ gehört mit seinem schwachsinnigen Text und einfallslosen Refrain  zu den größten Schwachpunkten des Albums. Der Versuch den eigenen Sound in mehr Riffs einzubetten gelingt den Kaliforniern an anderer Stelle – „Junkies On A High“ – deutlich besser. Rein textlich bietet „Father Of All…“ generell zumeist wenig Tiefgang. Der einzige Faden, den der Langspieler bietet – die Perspektive von Menschen, die keinen Fick geben, einzunehmen – kann nicht mit der Schwere vorangegangener Konzeptveröffentlichungen mithalten. Das politische Moment findet da ebenfalls deutlich weniger Platz und erhält nur in zwei der zehn Stücke Einzug. Schlussendlich können diese kleineren Aussetzer aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das dreizehnte Green Day-Album die Band so kreativ und freigeistig zeigt wie zuletzt zu „American Idiot“-Zeiten.

In Fankreisen geht die Theorie herum, die Band habe ihrer Plattenfirma bewusst ein derart kurzes Werk – mit knapp über 25 Minuten Spielzeit gilt die Platte so gerade als Album – vorgelegt, um möglichst schnell aus dem Vertrag hinauszukommen, der noch eine Platte vorsah. Sollte diese Annahme der Wahrheit entsprechen, wäre bald mit einer weiteren Veröffentlichung zu rechnen. Trotzdem: Wenn gerade wegen eines solchen Schachzugs etwas derart unverkopftes entsteht, können Green Day gerne häufiger einfach so ein paar Songs hinausrausrotzen.

Das Album „Father Of All…“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Green Day live 2020:

03.06. – Berlin, Wuhlheide (ausverkauft!)
05.-07.06. – Rock Am Ring / Rock Im Park

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Warner Music.

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