Moaning – Uneasy Laughter

Cover von Moanings "Uneasy Laughter", das am 20.03 über Subpop erscheint.

Isolation kann Menschen wortwörtlich in den Wahnsinn treiben. Gerade Personen mit psychischen Traumata oder Problemen trifft die langatmige Einsamkeit noch einmal mehr. Deshalb bergen die im Zuge der Corona-Pandemie notwendigen Maßnahmen und der schrittweise Rückbau des sozialen Lebens abgesehen von wirtschaftlichen Risiken auch Gefahren für viele Menschen, die schon im funktionierenden Alltag mit ihrer psychischen Gesundheit zu kämpfen haben. Dass Mental Health und all die Themenbereiche, die sie flankieren, extrem relevant sind, werden die kommenden Wochen und Monate wohl oder übel in ungeschönter Weise aufzeigen. Ein vielfach gewählter Weg der Eigentherapie und Symptom-Linderung bietet der Konsum und die damit verbundene Identifikation von und zu Musik. Die Amerikanische Rock-Band Moaning veröffentlicht gerade in solch brisanten Zeiten mit „Uneasy Laughter“ ihr zweites Studio-Album, das als verträumter Post-Punk-Soundtrack mit massig Raum für Selbstreflexion kaum besser geeignet sein könnte, um schwierige Zeiten mit positiver Identifikationsfläche zu kontrastieren.

Gerade einmal zwei Jahre nach dem fantastischen Debüt aus dem Jahr 2018 legen Moaning nun also elf neue Songs vor. Die holen bei gleichzeitig rückgefahrenem Schrammel-Gitarren-Einsatz das Maximum aus der Trio-Besetzung heraus und lassen vermehrt Synthesizer und Keyboards in den einst leicht grungeigen Post-Punk-Sound der Band ein. Maßgebend ist in dieser schnell wandelnden Umgebung deshalb zumeist der Bass, der mit den Schlaginstrumenten gemeinsam für die richtige Portion Rhythmus sorgt, gelegentlich aber auch eigene Melodielinien beisteuert. So setzt „Ego“ zum einen auf energetisches Schlagzeugspiel, hält sich bis zu seiner Bridge aber mit offensiver Gitarren-Nutzung zurück. Bis dahin gibt der Vier-Saiter als entscheidendes Moment die Grundtöne, während die Keys sich spielerisch um dieses Grundkonstrukt versammeln. 

Abgesehen von der Rhythmus-Fraktion reduzieren sich die Instrumente oft auf das Minimum. Wenn die Gitarre sich mal zu Drums und Bass gesellen darf, macht sie das häufig in Form gelegter Vielklänge oder lang anhaltender Einzelnoten. Zum Schluss greift das sogar noch weiter: „Say Something“ kommt knappe drei Minuten nur mit Synthesizer-Schichtungen und blubberndem Synthie-Bass aus und verzichtet gänzlich auf Drums und E-Gitarren. Vorher übernehmen für einige wenige Stücke zwischenzeitlich jedoch die Sechssaiter das Sagen. “Running“ beispielsweise dominiert ein schelmisch verspieltes Gitarrenmotiv, das zum verträumten WG-Tanzgelage einlädt. An anderer Stelle reichen sich Synthesizer und Gitarren die Hand. Das in den Strophen zunächst von Keybords getragene Hauptmotiv von „Keep Out“ wird in den Refrains in leicht abgewandelter Form von den Gitarren übernommen. Auch das verträumte „Stranger“ lebt von seiner harmonischen Vermählung von Saiten- und Tasten-Instrumenten.

Mit leicht nasaler Stimme singt Frontmann Sean Solomon scheinbar stets leicht abwesend über das Selbst in der schnelllebigen Zeit, in der wir Anno 2020 leben. Einer Zeit, in der Gesellschaft und Wirtschaft binnen weniger Wochen zum Erliegen kommen können. Um sich für die Arbeiten an der Platte mit sich selbst auseinandersetzen zu können, verzichtete Solomon ein knappes Jahr auf Alkohol, las feministische Literatur und beschäftigte sich mit den psychischen Problemen, die ihn und seine Mitmenschen umtrieben. „Uneasy Laughter“ merkt man diese tiefgreifende Selbstreflexion an. Immer wieder schimmert in den Texten die gesellschaftlich weit verbreitete Zweifel-Kultur durch, die das Konglomerat aus Depressionen und zwischenmenschlichen Beziehungen häufig hervorbringt. „Fall In Love“ stellt sich deshalb immer wieder die Fragen: Reiche ich der anderen Person aus? Und andersherum: Ist die andere Person mir genug?

Die fehlende Selbstachtung der Generationen Y und Z kommt auch in „Ego“ zum Vorschein. Dort heißt es immer wieder: „I wanna be anybody but myself. I wanna love anybody but myself“. All diese Zweifel und Versuche, die eigenen Unsicherheiten zu kompensieren, bilden einen festen Bestandteil des Alltags vieler junger Menschen der Generation Beziehungsunfähig ab. Von der Erkenntnis nie genug kriegen zu können („I wanted more than I could ever ask for“ [„Running“]) gelangt der Gitarrist und Sänger im Anschluss schnell zu der Suche nach den Ursachen seiner selbstschädigenden Gefühlswelt. Salomon bietet dabei zwar kaum klare Antworten, regt jedoch die offene Beschäftigung mit sich selbst an. Auch Menschen mit psychischen Problemen werden die kommenden Wochen genug Zeit finden ihr Selbst zu reflektieren. „Uneasy Laughter“ bietet da sowohl Anregungen als auch Identifikationsfläche. Gelegener könnte die Platte also kaum kommen.

Das Album „Uneasy Laughter“ kannst du dir hier kaufen.*

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Die Rechte für das Albumcover liegen bei Sub Pop Records.

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