Phantogram – Ceremony

Phantogram

Ein weiteres Paradebeispiel für Cover, die einen ganzen Bandsalat sprechen: Sarah Barthel und Josh Carter stehen in schwarz gekleidet nebeneinander, ihr Anblick wird jedoch durch in Streifen überlappende Aufnahmen erschwert, in unscheinbaren Lettern prangen Albumtitel und Bandname im Vordergrund. Von der intensiven Naturkatastrophe des Vorgängers „Three“ ist das vierte Album von Phantogram optisch also Meilen entfernt, ein Wesenszug, der sich auch im Klangbild der elf neuen Songs manifestiert. Auch wenn sich das bislang aktuelle Album „Three“ noch direkt um den tragischen Suizid von Barthels Schwester Becky gedreht hatte und „Ceremony“ nun als eine dunkle Wiedergeburt angekündigt wird, wirkt der Befreiungsschlag im direkten Vergleich kraft- und farbloser als erhofft.

Finsternis im Synth-Gewand

Zunächst führt das glucksende Klavier-Sample im Opener „Dear God“ freudestrahlend aber auf die falsche Fährte. So unbeschwert klingen die New Yorker*innen spätestens ab dem dringlichen, zerfetzten „In A Spiral“ ohnehin nicht mehr, die Freude am Konter-Tanzen ist ihnen hier zwar noch ins Antlitz geschrieben, aber selbst die zieht sich häufig zugunsten von einer düster gepinselten Atmosphäre zurück. Gerade das unverkennbare Geflecht der beiden Stimmfarben findet recht selten statt, einzig der treibende New-Wave-Schmachter „Into Hapiness“ oder der unumstrittene Hit „Mister Impossible“ zeugen noch prominent von der eigentlichen Stärke Phantograms.

Eine Zeremonie der unklaren Umrisse

Wo „Three“ noch wild zappelnd in alle Richtungen ausgeschlagen hatte, mal wild, mal erhaben, mal zuckrig, mal bedrohlich wirkte, bleibt „Ceremony“ den düsteren Farbtönen auf eine zurückhaltende Art treu, lässt das lyrische Ich in einem undurchdringlichen Dickicht zurück. Von klassischem Indie haben sich Phantogram größtenteils zurückgezogen, einzig die schneidene E-Gitarre in „Love Me Now“ stellt sich gegen den allgegenwärtigen Synthie-Wahn. Da ziehen mal wabernde Nebelschwaden auf („News Today“); mal gewährt Barthel hingegen intime Einblicke á la „I can’t believe this nightmare just won’t go away“ oder „In your eyes, there’s nothing there“ – wahlweise vor knarzenden Beats („Let Me Down“) oder kaum erkennbaren Strukturen („Glowing“). Besonders die zweite Albumhälfte nimmt dann doch noch Fahrt auf und zeigt, wo die Reise noch hinführen könnte. Wenn Carter in „Gaunt Kids“ nämlich den notorischen Erzähler mimt, bis komplett zerfaserte Gesangsstrukturen aufeinander treffen, finden Phantogram kurz vor Schluss in dieser Uneindeutigkeit einen der spannendsten Wegweiser dieses schwierigen Findungsprozesses. So ganz scheinen Phantogram mit „Ceremony“ jedenfalls trotz einer ergreifenden Grundatmosphäre noch nicht angekommen zu sein.

Das Album „Ceremony“ kannst du hier kaufen. *

Und so hört sich das an:

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Rechte am Albumcover liegen bei Republic Records.

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