Überleben. Diese grundlegende Aufgabe des Fortbestehens der menschlichen Spezies im Generellen und eines jeden Individuums im Speziellen wurde und wird immer noch viel zu oft als selbstverständlich und einfach verhandelt. Erst seit dem Aufflammen der Mental Health Awareness wird schrittweise deutlich, wie viele Menschen täglich mit ihrem Leben hadern, sich nahezu stündlich im Ring gegen ihre Dämonen behaupten müssen. Oft mals geht es bei diesem Kampf um Leben und Tod – eine Beobachtung, die das Emo-Genre schon seit vielen Jahren zu ihrem Hauptaugenmerk erklärt hat. Ganz vorne mit dabei sind Jimmy Eat World seit ihrer Gründung 1993, mit Meilensteinen wie “Static Prevails”, “Clarity” oder “Bleed American” prägten sie diese introspektivische Spielart des Rock maßgeblich. Wie sieht das nun ganze 26 Jahre später auf dem zehnten Studioalbum aus?
Freund und Helfer
Druckvoll und lässig stimmen die Riffs des Titeltracks und Openers in den Stil von “Surviving” ein, bei dem Frontmann Jim Adkins seine Stimme stets zentral in den Hörgang setzt. Anstatt sich in düsteren Arrangements und Selbstmitleid zu suhlen, möchte diese Platte aufrütteln, unterstützen, umarmen. Dafür sind alle Mittel recht: “Criminal Energy” hätten so auch Hoobastank auf dem Zenit ihres Erfolgs geschrieben, “555” erinnert mit der Verbindung aus poppigen Beats, R’n’B-würdigem Gesang und Alltagsproblematiken an Linkin Parks “One More Light”-Album, “All The Way (Stay)” ist lupenreiner Pop-Punk (aber mit Saxophon!), zeitweise wird es auch etwas rockiger (“Recommit”). Mit dieser Zusammenstellung gewinnen Jimmy Eat World nicht unbedingt den Innovations-Preis, aber darauf kommt es “Surviving” auch gar nicht an.
“That’s how a diamond grows”
Stattdessen bieten die zehn Songs den Soundtrack zu Herzschmerz (“Love Never”), Melancholie (“Delivery”) und dem Wiederaufstehen (“Diamond”) – und allem dazwischen. Der Stempel “das persönlichste Album der Band” verliert wegen der Hochfrequentierung zwar deutlich an Bedeutung, doch hier scheint diese Aussage tatsächlich vollkommen zuzutreffen. Ihren eigenen Erfahrungen verleiht die Band dabei in teils an naive Teenager-Zeiten erinnernde Weise Ausdruck, doch genau diese ungekünstelte Art sollte doch niemals dem Erwachsenenalter versperrt werden – den Fehler hat die Gesellschaft schließlich schon lange genug begangen. Also weg mit den Schamgefühlen, rein in die puren Gefühle – und mit “Congratulations” hat sich zum Schluss sogar noch ein echter Hit für Fans komplexerer Arrangements gefunden. Stoische Riffs, kleine Oh-Oh-Chöre, raumgreifende Flächen und krachende Gitarren, die das sechs Minuten lange Stück schließlich unter sich begraben. Ein Beweis, dass Jimmy Eat World auch musikalisch noch beeindrucken können – sie entscheiden sich aber bewusst für die Emotionen. Und bieten damit ihren Fans auch mit dem zehnten Album noch einen Wegbegleiter für die schwerste Aufgabe eines jeden – dem Überleben.
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