Am ersten Janurar 2020 wurden die beiden norwegischen Verwaltungseinheiten Vestold und Telemark zu dem Regierungsbezirk Vestfold og Telemark zusammengeschlossen. Als Emperor-Frontmann Ihsahn aufwuchs, war die Telemark noch eine eigenständige Provinz. Eben dieser Provinz widmet der norwegische Künstler nun eine EP. „Telemark“ umfasst fünf Songs, inklusive zwei Cover-Versionen, auf einer Spielzeit von knapp 24 Minuten. Das beeindruckende Cover-Artwork stammt nebenbei bemerkt aus der Feder von David Thiérrée, der unter anderem schon mit Künstlern wie Behemoth, Gorgoroth oder Gehenna zusammenarbeitete. Ihsahn zersetzt vertrackten Progressive Rock mit reichlich Black Metal und Einflüssen aus Jazz und Folk, dabei gelingt es ihm, die raue und zugleich wunderschöne Natur seiner Heimat einzufangen.
Befremdliche Klänge und vertraute Strukturen
„Telemark“ startet mit dem fünfeinhalb minütigem „Stridig“. Düstere Gitarren erzeugen mit präzisem Schlagzeugspiel eine unangenehme Atmosphäre. Diese Atmosphäre wird im Verlauf des Stückes durch Ihsahns gutturalen Gesang aufgebrochen. Eine spezielle experimentierfreudige Note verleihen dem Stück die später einsetzenden Saxophone. Anschließend orientiert sich der zweite Titel, „Nord“, am klassischen Heavy Metal und weist zum Schluss hin ein ausgedehntes Gitarrensolo vor. „Telemark“, der titelgebende dritte Song, gewinnt wieder an progressiver Entdeckerlust. Durchweg bleibt das Stück unvorhersehbar und schweißt derbe Black-Metal-Momente mit orientalisch anmutenden Melodien zusammen.
Zu einem verblüffenden Ende kommt die EP dann mit zwei Cover-Versionen. Zunächst gibt Ihsahn eine Eigeninterpretation des Lenny-Kravitz-Klassikers „Rock And Roll Is Dead“. Durch das Stück zieht sich ein Big-Band-artiger Flow und die rohe Stimme des Emperor-Chefs legt sich beachtlich über das faszinierende Klangbild. Für einen angemessenen Abschluss der EP sorgt das Iron-Maiden-Cover „Wrathchild“, welches erstmal auf dem 1981 erschienen Album „Killers“ der britischen Heavy-Metal-Legenden zu hören war. Weniger überraschend als das Lenny-Kravitz-Cover, durch seinen dreibeinigen Spagat zwischen Heavy Metal, Jazz und Prog-Rock ist der Closer jedoch genauso faszinierend.
Ungebändigte Naturgewalt
Es ist Ihsahns rohe, exakte und zugleich vertraute Stimme, die sich wie ein roter Faden durch „Telemark“s fünf Stücke zieht. Obwohl allesamt unterschiedlicher Natur sind, wirken sie gegen die Erwartungen organisch und ineinandergreifend. Seien es nun Saxophone, 80s-Heavy-Metal-Gitarren oder vertracktes Schlagzeugspiel, auf der EP findet zusammen, was vielleicht nicht zusammengehört, aber dennoch funktioniert. Ein klangliches Pendant zu der bewegten und erhabenen Natur, in der der norwegische Musiker aufwuchs.
Seit den frühen Neunzigern hat Ihsahn mit Emperor immer wieder musikalische Barrieren durchbrochen, Genre-Grenzen wurden maximal strapaziert. Wie seine vorangegangenen Solo-Veröffentlichungen greift auch auf „Telemark“ die schier unstillbare Neugier des Musikers auf. Es sind vor allem die beiden Cover-Songs der EP, die aufzeigen, dass der Norweger immer noch Lust hat nach Links und Rechts zu blicken. Stehts offen für noch unerschlossene musikalische Gefilde.
Und so hört sich das an:
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Die Rechte am Albumcover liegen bei Candlelight.
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