Podcasts sind an sich kein besonders neues Format – trotzdem wurden sie in den vergangenen ein bis zwei Jahren so sehr gehypet wie kaum ein anderes Medienphänomen. Mittlerweile hat gefühlt jeder einen eigenen Podcast und dementsprechend gibt es auch Podcasts zu jedem erdenklichen Thema. Dass diese aber nicht immer nur aus belanglosem Gelaber und Insider-Witzen der Hosts bestehen müssen, zeigen seit mittlerweile knapp eineinhalb Jahren zwei junge Journalisten: Jan Kawelke und Vassili Golod haben sich in ihrem Volontariat beim WDR kennengelernt und 2018 den “Machiavelli-Podcast” über Rap und Politik gestartet. Eine auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche Kombination, die aber spätestens auf den zweiten absolut Sinn ergibt – denn welche Musikrichtung ist politischer als Rap und HipHop? Und wer wäre besser für diesen Podcast geeignet als ein Rap-Fan und Musikjournalist gemeinsam mit einem Politikkenner und baldigen Auslandskorrespondenten?
Immer wieder hatten diese beiden Hosts in den vergangenen Monaten Rapper und Politiker zu Gast, haben über die unterschiedlichsten Themen aus HipHop- und Politikperspektive gesprochen und hitzige Diskussionen geführt. Bereits im letzten Jahr taten sie dies auch auf einigen Festivalbühnen – nun sind sie auch auf erster eigener Tour durch Deutschland und Österreich und haben dabei auch eine Station in Jans Heimat Oberhausen eingelegt. Dazu wurden im Druckluft-Club Stühle aufgestellt, ein Sofa und Sessel auf die Bühne gestellt und eine große Leinwand mitsamt Machiavelli-Fahne vorne aufgehangen – ein eher ungewöhnliches Bild für alle, die den Club sonst nur durch Konzerte kennen.
Ein bisschen Konzert-Charakter hatte das Ganze durch Tour DJ Salwa Benz, auch bekannt als Journalistin Salwa Houmsi, dann aber doch. Vor Beginn des Live-Podcasts legte sie hinter dem DJ-Pult auf der Bühne bereits einige Beats und HipHop-Tracks auf und heizte die Stimmung zu Beginn der Show ein. Als dann schließlich auch die beiden Hosts auf die Bühne kamen und es sich auf den Sofas bequem gemacht hatten, ging der erste Teil des Abends mit einer Zeitreise los: Anhand des Namens “Machiavelli”, den sowohl ein berühmter politischer Philosoph, als auch ein bekannter Rapper trugen, wurde das Verhältnis von Rap und Politik deutlich gemacht und so auch die letzten Zweifel beseitigt, dass diese beiden Themen nichts miteinander zu tun haben.
Etwas hitziger wurde es dann nach einer kurzen Pause im zweiten Teil, als neben der beiden Hosts auch die Gäste Manuellsen und Sinan G auf die Bühne kamen. Die beiden Rapper aus dem Ruhrgebiet waren eingeladen worden um gemeinsam mit Jan und Vassili über den Islam zu diskutieren und welche Rolle Religion für die beiden spielt – kein leichtes Thema, aber deshalb umso interessanter. Als aber nach einem lockeren Einstieg das Gespräch auch in Richtung Frauenbilder und Sexismus ging, wurde die Stimmung zunehmend angespannter und sowohl Sinan G als auch Manuellsen sorgten mit einigen ihrer Aussagen für Zwischenrufe aus dem Publikum und Zwischenfragen der DJ Salwa Benz als einzige Frau auf der Bühne. Schade war es schließlich für die Moderatoren, dass vor allem Manuellsen sich schließlich so von einer Zuschauerin provozieren ließ und sich in das Thema hineinsteigerte, dass er gegen Ende zu keiner richtigen Antwort auf die Fragen von Jan und Vassili mehr bereit war. Und auch dem Publikum merkte man nach dem abrupten Ende der Show schließlich an, dass einige Fragen offen geblieben waren.
Nichtsdestotrotz haben die beiden Hosts an diesem Abend bewiesen, dass sie absolut zu Recht als einer der aktuell vielversprechendsten deutschen Podcasts gehandelt werden und für den deutschen Podcastpreis nominiert sind. Denn kaum jemand anderes schafft es, zwei so unterschiedliche Lebenswelten in Bezug auf so kontroverse Themen so gut zu vereinen – und im richtigen Moment die richtigen Fragen zu stellen.
Tickets für die restlichen Tourdates gibt es hier. *
Und so hört sich das an:
Machiavelli live 2020:
19.-21.02. – Nürnberg, Z-Bau
23.02. – Wien, TAG
26.02. – Hamburg, Schmidtchen
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