Das Jackett ist baggy. Das weiße Hemd und die schwarze Krawatte ebenso locker anliegend. Verifiziert selbst tänzelt über die Bühne, singt Songs ihres ersten Albums „adhs“. Es ist ihre vierte Soloshow überhaupt. Und trotzdem hängen ihr mehrere hundert Augenpaare an den Lippen, gehorchen auf’s Wort. Keinerlei Zeichen von Unsicherheit erkennbar. Keine Selbstverständlichkeit.
“adhs” jedenfalls gehört mit Sicherheit zu den besten deutschsprachigen Releases des laufenden Jahres. Die Melancholie, das Händchen für Pop-Melodien, die gezielt gesetzten Mood-Switches verfrachten einen in das mal spätsommerliche, mal verregnet-herbstliche Wien mitsamt seinen Altbauten und Gassen-Wirrwarr. Die Songs wiederum behandeln über maximal sphärischen Synths all jene Dinge, die junge Leute nun mal machen: Den Rausch, die Liebe, den Konsum, die Videospiele. Das Setting dafür stimmt. Als Backdrop fungieren ein paar Lichterketten und auch auf dem DJ-Pult sind kleine moody Lichter platziert. Ein bisschen atmosphärisches Zutun. Mehr braucht es nicht.
Auch die Show selbst macht vieles richtig. In der Dramaturgie etwa. Ganz zu Beginn stehen einige Piano-Chords, darüber eine Männerstimme. Dann die obligatorische Aufforderung, in den Raum gestellt von DJ und Produzent Florida Juicy: „Köln, macht Lärm für Verifiziert!“. Köln macht Lärm. Und so betritt Veri im Anschluss in ebenjenem Anzug die Bühne, spielt zunächst den „adhs“-Opener „Suzuki Swift“. Die Stimmung ist gleich fabelhaft. Auch für die folgenden Stücke, die allesamt neuer sind. Irgendwann dann wird ein Hocker nach vorne geschoben, eine Akustikgitarre herausgeholt. Es folgen anderthalb (zunächst ist das Autotune im falschen Key) Akustik-Versionen von „Crash“. Anschließend verschwindet Verifiziert kurz, kehrt in olivgrüner Pufferjacke zurück. Es folgen ältere Songs, etwa von ihrer „40100“-EP, aber auch frühe Singles (über „Butterflies“ etwa freut sich so manche besonders).
Dann irgendwann die Zugabe. Content Creator Filow – neuerdings auch Musiker – spielt als Special Guest seinen ersten kleinen Auftritt. „Cheatcode“ heißt der Song, im Hyperpop-Gewand. Die Stimmung nähert sich ihrem Höhepunkt, die sie dann schlussendlich auch mit einem Speedup-Remix vom Opener „Suzuki Swift“ erreicht. Ein riesiger Moshpit geht auf und wieder zu. Wo auf einmal diese vielen springenden Körper herkommen, ein ungelöstes Rätsel.
Ansonsten dominiert die 75 Minuten ein familiärer Unterton. Verifiziert selbst ist 12/10 sympathisch, fordert alle Anwesenden sollen sich mit Respekt begegnen und ergänzt wenig später sie selbst fühle sich sehr wohl. Support Moritz – hat zuvor nachdenkliche Indie-Rap-Querschläge über das Alleinsein und Vermissen performt – steht irgendwann mitten in der Menge, fühlt die Musik der Hauptprotagonistin. Und auch die Verifiziert-Crew feiert die Songs von der Seite der Bühne aus. Eine zusätzliche Lockerheit bekommt die Show dadurch. Da passt der lässig sitzende Anzug vom Beginn ja perfekt.
Mehr Verifiziert gibt es hier.
Und so hört sich das an:
Beitragsfoto von Jonas Horn.
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