„Fuck You! Ihr wollt kämpfen? Dann kommt auf die Bühne. Liebt ihr diese Band oder wollt ihr, dass wir aufhören zu spielen und die Bühne verlassen?“, sagt Cedric Bixler wütend. Eine Person streckt ihm einen Mittelfinger entgegen. Die Stimmung ist aufgeheizt. Einige Minuten zuvor hatte der Lockenkopf mit seinen Kollegen von At The Drive In die Bühne der fast ausverkauften Live Music Hall in Köln betreten, doch bereits während des Setopeners „Arcarsenal“ flogen einige wenige Becher in Richtung Bixlers auf die Bühne, was dieser wohl als persönlichen Angriff aufgefasst hatte. Tatsächlich versuchten wohl vereinzelte Personen aus dem Publikum den Sänger zu provozieren. Was demnach erst als Missgeschick, das auf Post-Hardcore-Shows eben passieren kann, aufgefasst wurde, stellte sich als direkte Provokation einzelner heraus. Der Frontmann der Post-Hardcore-Legenden lässt sich dadurch erstmal komplett die Laune verderben.
Ein knappes Jahr ist es her, seitdem die Band ihr Comeback-Album „in•ter a•li•a“ herausgebracht hatte und beweisen konnte, dass man auch nach über 15 Jahren noch einzigartigen Post-Hardcore schreiben und spielen kann. Einige Zeit hat es nun gebraucht, bis man mit den neuen Songs auch nach Europa kam. Anfang März ist es dann aber endlich soweit und das Quintett spielt eine gut 70-minütige Show in der alten Industriehalle im Kölner Szene-Viertel Ehrenfeld. Ursprünglich sollte das Konzert im viel größeren Palladium auf der anderen Rheinseite stattfinden, da man aber viel zu wenig Tickets abgesetzt hat, verlegte man die Show recht spontan in die Live Music Hall, in der selbst bei Minusgraden Sommerfeeling aufkommen kann. So dauert es auch an diesem Abend nicht wirklich lange, bis während des Auftrittes von At The Drive In erste Schweißtropfen von der Hallendecke auf die Bühne herabregnen, obwohl nur im vorderen Bereich der Halle ausgelassen getanzt wird.
Es scheint fast so, als sei die Menge durch die harschen Aussagen Bixlers zu Beginn eingeschüchtert. Der zieht mit seiner Band die restliche Show konsequent durch, hat jedoch vor allem zu Beginn mit einigen Stimmproblemen zu kämpfen, die sich dann nach und nach legen. Ansagen hält der quirlige Lockenkopf kaum und verschwindet zwischen den Songs immer wieder hinter den Gitarrenverstärkern auf der Bühne, wo er wohl auch mit hochkonzentriertem Sauerstoff versorgt wird. Vielleicht klingt seine Stimme im Verlauf des Konzertes deshalb auch weniger brüchig. Auch der Sound weiß am Anfang zu wünschen übrig, wird nach wenigen Minuten aber bereits besser. Im Gegensatz zu diesen Steigerungen stehen Bixlers Bandkollegen, die auf musikalischer Ebene konstant erstklassig abliefern, hinter dem exzessiv tanzenden und immer wieder auf dem Schlagzeug herumturnenden Herren aber ein wenig in den Hintergrund rücken, obwohl sie ihm mit ihren Background-Vocals nicht selten den Rücken stärken.
Bevor es in der Zugabe den Überhit „One Armed Scissor“ auf die Lauscher gibt, entschuldigt Bixler sich beim Publikum, lobt deutsches Brot und betont, dass einige Personen wohl ihren Alkoholkonsum etwas einschränken sollten. Danach feiern alle gemeinsam ein letztes Mal, die Stimmung ist auf einmal super, der Ärger wie weggeblasen, wie schon zuvor als Death From Above aus Kanada, die übrigens einen tollen Auftritt hingelegt hatten, mit ihrem basslastigem Disko-Punk und sehr viel Kunstnebel für erste Tanzeinheiten von Seiten des Publikums gesorgt hatten. Warum nicht gleich so?
Und so hört sich das an:
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At The Drive In live 2018:
05.03.2018 – Luxemburg, Den Atelier (LUX)
Foto von Jonas Horn.
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