Zugegeben: Beim Titel dieses Albums, habe ich mich auch erst mal gefragt, was das bedeuten soll. Ein paar Minuten und etwas Online-Recherche später war ich dann aber schlauer: “Hirudin ist ein Gemisch chemisch sehr ähnlicher Polypeptide aus dem Speichel des medizinischen Blutegels mit blutgerinnungshemmenden Eigenschaften. Sie gehören zu der pharmakologischen Gruppe der peptidischen Thrombin-Inhibitoren.” steht dort als Definition in einem der einschlägigen Online-Nachschlagewerke. Kurz gesagt bezeichnet der Name von Austras viertem Album also das Gift des Blutegels, was an und für sich wiederum sehr bezeichnend für die komplette Platte ist. Bei der geht es in insgesamt elf Songs nämlich vorwiegend um das Erkennen toxischer Beziehungen, den Weg dort heraus und das Schöpfen neuer Kraft im Anschluss daran.
Dementsprechend emotional und persönlich ist “HiRUDiN” geworden – das merkt man sowohl textlich als auch musikalisch. Wirkte Austra aka Katie Stelmanis auf dem Vorgängeralbum “Future Politics” noch eher kühl und deutlich tanzbarer, nehmen die elektronisch und futuristischen Töne nun zwar nicht ab, der Anteil des Klaviers und der wärmeren Töne dafür aber zu. Auch Austras einzigartige Stimme wirkt viel nahbarer und selbst vor Elementen mit akuter Pathos-Gefahr wie einem Kinderchor in “Mountain Baby” schreckt sie nicht zurück. Die beiden kurzen Interludes in denen zahlreiche, teilweise kaum definierbare, Streicher zum Einsatz kommen, hätten nicht sein müssen, unterstreichen aber wieder einmal Austras eigenwilligen Stil, der sich zwar mit dieser Platte erneut gewandelt hat, aber trotzdem noch immer zu erkennen ist.
Während ruhigere und emotionalere Songs wie etwa “Messiah” sich mit rhythmischeren und stärker elektrolastigen Nummern wie zum Beispiel “Risk It” abwechseln, sticht als besondere Überraschung vor allem das minimalistische und leicht poppige “All I Wanted” oder der Opener “Anywayz” als gelungene Vereinigung der beiden auf Austras Platte vertretenen Welten heraus. Highlights des Albums sind außerdem “I Am Not Waiting” oder “It’s Amazing”, die mit epischen Klängen und gefühlvollen Texten überzeugen. Und auch wenn es für den einen oder die andere Hörerin mitunter anstrengend werden könnte, Austras stimmlichen Experimenten zu lauschen – besonders wenn es in die höheren Stimmlagen geht – so ist es doch genau das, was die Sängerin ausmacht: Ihr unglaubliche Stimmgewalt und die Fähigkeit diese mit den unterschiedlichsten musikalischen Einflüssen immer wieder neu einzusetzen. Auf “HiRUDiN” hat sie das wieder einmal wunderbar geschafft und sich erneut auf eine spannende Art und Weise musikalisch entwickelt – man darf gespannt sein, wie das nächste Album aussehen wird.
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Die Bildrechte für das Albumcover liegen bei Domino Records.
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