Alle Jahre wieder im Dezember warten Spotify-User:innen gespannt auf ihren Jahresrückblick. Wer ist wohl mein meistgehörter Künstler oder meine meistgehörte Künstlerin des Jahres? Ich hingegen bin da tiefenentspannt – ich weiß ohnehin, wer es auf mein Treppchen schafft. 2020 reichte es sogar für den Titel “Künstler des Jahrzehnts”. Aber ehrlich gesagt hätte ich Spotify gar nicht gebraucht, um zu wissen, dass Alligatoah meine späten Zehner und frühen Zwanziger so sehr geprägt hat wie sonst keiner.
Als treuer Fan durfte ich Alligatoah schon viele Male live erleben. Ob im Hotel Kallifornia, im Heißluftballon oder auf der improvisierten “Bühne auf der Bühne” – bei dem Schauspiel-Rapper ähnelt keine Tour der anderen. Auch wir von minutenmusik durften schon öfter über Alligatoah berichten – bei der “Wie Zuhause”-Tour 2019 in der Lanxess Arena in Köln, 2020 bei seinem coronabedingten Autokino-Konzert in Düsseldorf, oder 2023 beim San Hejmo Festival. Am 7. Februar 2025 in der Westfalenhalle Dortmund war es dann endlich wieder so weit. Mit im Gepäck: eine brandneue Kulisse, ein neues Album, und mit dem Album ein ganz neues Genre. Mit Off hat Alligatoah neue musikalische Wege eingeschlagen und sich im Metal ausprobiert – mitsamt Feature mit Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst. Ob das live wohl genauso funktioniert?
Die „Out of Office“-Tour 2025: Alligatoah live in Dortmund
Der Abend startet eigentlich entspannt: Stay in Touch erklingt aus dem Off. Dann gibt es eine Explosion an der Decke, und eine Puppe, die verdächtig nach Alligatoah aussieht, fällt von der Decke. Roter Jogger und Pelzmantel – das Outfit bricht mit der Bürokulisse. Gegensätze sind ja aber bekanntlich genau sein Ding. “Es sind harte Zeiten für Alligatoah-Fans, die keinen Metal mögen“, scherzt er. “Die warten jetzt die 800 Songs ab, bis endlich ‘Willst Du’ gespielt wird.”
Ganz so drastisch ist es bei mir nicht. Aber da legt Alligatoah seinen sprichwörtlichen Finger doch mal wieder genau in die Wunde. Auch ich hatte so meine Bedenken vor dem Konzert. Das neue Metal-Album Off hat mich nicht so sehr abgeholt wie seine Vorgänger. Dementsprechend skeptisch war ich dem Abend gegenüber. Was, wenn mich der neue Herr Gatoah nicht so mitreißt wie der alte?
Westfalenhalle Dortmund bebt: Der “neue” Alligatoah live
Die Dortmunder Crowd scheint da weniger voreingenommen zu sein als ich. Alligatoah startet mit einer Reihe Songs vom neuen Album, und man könnte glatt meinen, es wären die alten Klassiker. Niemand, Wer lacht jetzt, Küssen– das Publikum ist vom ersten Moment voll am Start und geht komplett mit. Und ich muss zugeben: auch mich holen die neuen Tracks live viel mehr ab als auf Platte. Und nicht nur die neuen Songs überzeugen – auch die alten profitieren von der härteren Gangart. Ich kann mich an Festival-Auftritte erinnern, bei denen ich mir mehr Wucht gewünscht hätte. Jetzt knallt jeder Song.
“Ihr habt es geschafft, ab jetzt kommen nur noch alte Songs!” verkündet Alligatoah irgendwann zwischen Growls, Outfitwechseln und dem Zertrümmern von Bürodruckern. So viel Spaß ich auch mit den neuen Songs hatte, so freue ich mich doch immer wieder über altbekannte Banger. Fick ihn doch, Du bist schön oder Narben machen einfach was mit mir auf einem ganz anderen Level.
Fazit zur „Out of Office“-Tour: Hat Alligatoah live überzeugt?
Zum Ende hin wird es dann doch nochmal experimenteller. “Ja, ich bin eine kleine Metal-Maus. Ich bin aber auch ‘ne kleine Pop-Ratte“, verkündet Alligatoah, bevor er sich ans Klavier setzt und Daylight von den No Angels covert. Den Abend beendet Alligatoah dann mit seinem zu Beginn schon angeteaserten Hit Willst Du und dem neuen Partner in Crime.
Mein Abend am 7.2. in der Westfalenhalle Dortmund mit dem „neuen“ Alligatoah war also ein wilder Ritt. Ich kam skeptisch, ich ging restlos begeistert. Alles in allem wirkt es auf mich so, als hätte Alligatoah sich musikalisch weiterentwickelt, ohne dabei seine Essenz zu verlieren. Und ganz ehrlich, ob nun Metal-Maus, Pop-Ratte, Schauspiel-Rapper oder irgendwas dazwischen – unterm Strich macht so ein Alligatoah-Konzert einfach verdammt viel Spaß, und ich freue mich schon aufs nächste Mal.
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