Es gibt Künstler und Künstlerinnen, die verdammt gut sind, wegen ihrer Genrewahl und eher untypischen Musik aber wohl nie den Weg aus den Clubs heraus finden werden. Besucht man viele Club-Konzerte, stößt man gelegentlich auf solche Bands – klar, viele Acts treibt es relativ fix aus den kleinen Läden in die Hallen und manche sind auch technisch einfach nicht gut oder erinnern zu sehr an den Einheitsbrei, den bestimmte Genres bieten, dass sie wohl verständlicherweise in den dreckigen Bars und Kellerclubs verenden werden. Gewisse Musik ist aber einfach zu speziell, als das sie außerhalb der Nische existieren könnte – man nehme die wenigen Ausnahmefällen aus, die sich mittlerweile zu Legenden gemausert haben. Dass man an einem Abend auf gleich zwei solcher ambitionierten Bands der Kategorie „gut, aber speziell“ stößt, ist ein sehr seltener Fall. Der 13. November, zwei Tage nachdem Köln praktisch von besoffenen Eifelassis und Sauftouristen überschwemmt wurde, gehört sicherlich zu diesen besonderen Nächten – dort bot der Club Subway mit Listener aus der ländlichen Mitte Amerikas und den Berlinern Hope zwei wahre Liebhaberperlen.
Letztere vermischen spielerisch die Eingängigkeit des Indie-Pop mit schrammeligen Post-Rock-Gitarren und Industrial-Beats. Das Quartett flutet den Kellerclub gleich zu Beginn ihres Auftrittes mit dichten Sound- und Nebelschwaden, wenig später durchstößt Sängerin Christine Börsch-Supan dieses sphärische Fundament mit ihrer klaren Stimme. Der Band merkt man ihre Spielerfahrung an – in den letzten Jahren durften Hope bereits die Punk-Durchstarter Idles und die Noise-Rocker Metz supporten. Düstere Atmosphäre verbreitet sich die folgenden 30 Minuten, der Sound ist glasklar. Börsch-Supan kniet in den Instrumental-Passagen mal auf dem Boden, mal tanzt sie wie besessen über die Eckbühne des Clubs. Tanzen muss man bei dem einnehmenden Auftritt der Berliner auch einfach.
Listener setzen etwas später weniger auf Schrammel-Gitarren und eingängige Gesänge und mehr auf brachiale Soundeinbrüche und Spoken-Word-Vocals. Versank der kleine Raum zuvor noch im Nebel, so wird er nun von einzelnen LED-Leuchtstäben erhellt, die die Amerikaner als Ersatz einer Lichtshow mitgebracht haben – in den gelasseneren Songparts tauchen diese den Club in orangenes Licht, in den ausufernden in weißes. Sänger und Frontmann Dan Smith leitet eine gute Stunde durch das Set seiner Band, spielt mal Bass, mal Trompete – ansonsten spricht und schreit der Herr sich die Seele aus dem Leib, hält dabei jedoch immer einen kleinen Sicherheitsabstand zu seinem Mikrofon. Nach einigen Songs erzählt der sympathische Kerl mit dem Schnauzbart, er und seine drei Bandkollegen haben vorher die Befürchtung gehabt, bei dem Clubnamen in einem Schnell-Restaurant auftreten zu müssen.
Mit der Hektik eines Fast-Food-Imbisses hat die Stimmung nicht im geringsten etwas zu tun. Die Menge lauscht gespannt, applaudiert zwischen den Songs laut. Auch hier klingt der Sound für einen Clubgig erstaunlich differenziert, auch wenn Listener deutlich lauter sind als Hope. Mehrfach betont Smith, wie sehr er sich über das positive Feedback des Publikums freut. Er wirkt glücklich, auch wenn seine Songs vor allem traurige Geschichten bereithalten. Zweimal fordert er dazu auf, ihm Fragen zu stellen. Die Kölner sind selbst da zu zurückhaltend und höflich, um sich per Anmerkung einzubringen. So bleiben die Rollen bestehen: Die Band spielt um ihr Leben, die Zuhörer hören zu und bedanken sich später mit lautem Applaus.
Ohne Zugabe endet der Konzertabend dann genauso plötzlich, wie sich der Raum zu Beginn mit dichtem Neben gefüllt hatte. Die Zuschauer entlässt man in die bittere Novemberkälte. Ein Gedanke will sich später einfach nicht verbannen lassen: Beide Bands waren verdammt gut, aber warum können sie nicht auch riesig werden?
Und so hört sich das an:
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Listener live 2018:
30.11. – Nürnberg, MUZ Club
01.12. – Trier, Ex-Haus
Foto von Jonas Horn.
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