KAFVKA – KAPUTT

Cover vom neuen KAFVKA-Album "KAPUTT" (ZUKUNFVT)

Manche Dinge machen mich wütend. Richtig sauer sogar. So sauer, dass ich meinem Ärger Luft machen muss. So scheint es aktuell vielen zu gehen. 2024 war schließlich geprägt von Protesten, Streiks und Demonstrationen. Manchmal wird mir aber auch alles zu viel. Gefühlt wollen Dutzende Feuer auf einmal gelöscht werden. Ein paar sind schon keine kleinen Feuer mehr, sondern ausgewachsene Waldbrände (wortwörtlich, tatsächlich). Und wenn sich dann zu den großen gesellschaftlichen Feuern auch noch private Notlagen und Krisen dazugesellen, wird aus der Aktionswut schnell Überforderung. Parolen weichen lähmenden Gedankenspiralen. Dann wird alles dunkel, irgendwie düster. So ähnlich scheint es KAFVKA in den letzten drei Jahren gegangen zu sein. Zumindest lässt ihr neues Album KAPUTT das vermuten.

„Dunkelgrau“ als Leitthema

Bisher hat sich die Berliner Band rund um Sänger, Rapper und Songwriter Jonas Kakoschke vor allem durch linke Hymnen wie „Alle hassen Nazis“ und „Fick dein Volk“ einen Namen in der Szene gemacht und es damit schon längst aus der linken Berliner Subkultur auf die großen Bühnen des Landes geschafft. Rap und Sprechgesang gepaart mit Gitarrenriffs und jeder Menge Message, Haltung und (verbal) geballten Fäusten – das war lange das Erfolgsrezept von KAFVKA. Auf ihrem neuen Album KAPUTT, das am 28. Juni 2024 erscheint, machen Jonas Kakoschke, Philipp Lenk, Alessio Pasqualicchio und Sascha Hornung einen musikalischen Wandel durch. Immer noch genauso viel Meinung und klare Überzeugungen, dafür deutlich weniger laut, deutlich weniger „auf die Fresse“, und mit noch viel mehr Tiefgang und persönlichen Einblicken als sonst.

Das eher düstere Thema des Albums beginnt schon beim Albumcover. Schwarz mit gräulich-weißer Schrift. Splitter im Hintergrund. Zwei Worte. KAFVKA. KAPUTT. Die Band selbst spricht davon, es sei das „dunkelgrauste“ Album ihrer über zehnjährigen Bandgeschichte. Die Selbstbeschreibung trifft es ganz gut. Der Vibe ist insgesamt eher dunkel, ohne komplett in Melancholie zu verfallen. KAPUTT wirkt aber nicht trostlos. KAFVKA schaffen es auf beeindruckende Weise, realistisch-düstere Bestandsaufnahmen der aktuellen Zeit zu liefern und gleichzeitig vorsichtig-hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken und die bedeutende Rolle der Solidarität und Gemeinschaft in den Vordergrund zu stellen.

Viele Missstände addressiert

Insgesamt umfasst das Album 13 Tracks. Sechs davon gab es bereits im Vorfeld als Single-Auskopplungen zum Reinhören. Thematisch ist KAPUTT ein gesellschaftskritischer Rundumschlag, der einmal in alle Richtungen austeilt. Direkt zu Beginn des Albums bekommt die AfD in „Das alte Lied“ ihr Fett weg. Hier hat man sich gar nicht erst um lyrische Ergüsse oder clevere Punchlines bemüht. Da tat es ein simples „Fick die AfD“. Im Track „Millionen“, eine der vorab veröffentlichten Singles, fordern KAFVKAMilliarden für Milliarden statt Milliardäre“ und treffen damit wieder wunderbar den Zeitgeist, Stichwort „Marlene Engelhorn“ und „taxmenow“. Ein kleiner Auszug der Themen, an denen sich Jonas Kakoschke in Songs wie „So viel mehr“ oder „Wo sollen wir wohnen“ inhaltlich sonst noch abarbeitet: soziale Medien, das Konzept Lohnarbeit und unsere Konsumgesellschaft im Allgemeinen. Eben all die Dinge, die viele junge Menschen aktuell umtreiben.

Aber nicht nur mit gesellschaftlichen Problemen gehen KAFVKA hart ins Gericht. Jonas Kakoschke richtet den Blick auch auf sich selbst, und gewährt uns in Songs wie „Danke nein ja bitte sehr“ Einblick in seine persönlichen Krisen. Trotz der inhaltlichen Schwere beweist er hier aber Humor und sein Händchen für eingängiges Songwriting. Hier werden gekonnt Deichkind und Trettmann gesamplet, und so entstehen Banger-Lines wie „Knöcheltief im Wasser in den West Indies, juckt nicht, ich bleib depressiv“ oder auch „Yippie Yippie Yeah, Yippie Yeah, meine Depression mittelschwer“, eingepackt in einem schnellen, gitarrenlastigen Song, der live mit Sicherheit richtig Spaß machen wird. Mein persönlicher Favorit auf der Platte.

KAFVKA-esker Stilmix 

Musikalisch bleibt das Album gekennzeichnet vom wilden Genremix, der für KAFVKA so typisch ist. Von eher elektronisch angehauchten Beats über ruhige Pianoklänge, rüber zu harten, metallastigen Gitarrenriffs und wieder zurück. KAFVKA eben. Die einzige Konstante ist der Sprechgesang von Jonas Kakoschke, der uns durch das Album trägt und in zwei Songs noch Unterstützung von Kolleg:innen bekommt. In „Geburtstag“ laden KAFVKA zusammen mit Team Scheisse Olaf Scholz, Christian Lindner und Nancy Faeser explizit nicht zu ihrem Geburtstag ein, und liefern damit den wohl rotzig-punkigsten Track der ganzen Platte. Für den Closing-Track, „Underrated forever“, joinen die Rapper PTK und Roger Rekless und huldigen dabei unter epischer Klavieruntermalung ihren treuen Fanbasen, getreu dem Motto „Lieber Fanbase die bleibt als ein Hype der verweht“.

Gerade aktuell in Zeiten, in denen TikTok einen neuen Shooting Star nach dem anderen zum Vorschein bringt (und gerne auch direkt wieder in der Versenkung verschwinden lässt), ist eine treue Fanbase wohl tatsächlich das größte Asset, das eine Band haben kann. Die haben KAFVKA sicher. Ihre Fans lieben sie für ihre klare Kante und ihre musikalische Vielfältigkeit. Daher ist KAPUTT vermutlich auf die beste Weise genau das, was KAFVKA-Fans erwartet haben, obwohl es eben das nicht ist. Es ist ein musikalisch experimentelles Zeugnis der Zeit, das sich den kleineren, größeren und den ganz großen Krisen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene annimmt, und dennoch die schönen Aspekte des Lebens nicht aus dem Blick verliert und hoffnungsvolle Prognosen wagt. Oder, um es mit einer Line aus dem Track zu sagen, der denselben Titel wie das Album trägt: „Es ist alles so kaputt, doch wer weiß, vielleicht können wir noch etwas reparieren.“

Das Album KAPUTT kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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KAFVKA – Live 2024

30.08.2024 – Dessau (Save the Scene Festival)
25.09.2024 – Dresden, Beatpol
26.09.2024 – Nürnberg, Z-Bau
27.09.2024 – München, Strom
28.09.2024 – Wien, Flex
09.10.2024 – Wiesbaden, Schlachthof
10.10.2024 – Karlsruhe, Substage
11.10.2024 – Stuttgart, Im Wizemann
12.10.2024 – Zürich, Exil
13.11.2024 – Dortmund, FZW
14.11.2024 – Köln, Gebäude 9
15.11.2024 – Bremen, Lagerhaus
16.11.2024 – Rostock, Peter Weiss Haus
20.11.2024 – Münster, Sputnikhalle
21.11.2024 – Hannover, Musikzentrum
22.11.2024 – Kiel, Die Pumpe
23.11.2024 – Hamburg, Grünspan
05.12.2024 – Leipzig, UT Connewitz
06.12.2024 – Berlin, SO36

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Die Rechte für das Beitragsbild liegen bei ZUKUNFVT.

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