Als bekannt wurde, dass sich die Riot-Grrl-Ikonen Sleater-Kinney mit der Pop-Produzentin St. Vincent verbünden, war das Echo zwiespältig: Entweder wird das Trio ihre Glaubwürdigkeit verlieren oder aber es könnte ein Match Made In Heaven werden. “The Center Won’t Hold” ist jetzt weder das eine noch das andere, Sleater-Kinney aber nur noch zu zweit. Dass Schlagzeugerin Janet Weiss die Band nach diesen Aufnahmen verlassen wollte, kann man ihr zwar nicht übel nehmen, was aber nicht bedeutet, dass Sleater-Kinney nicht auch 2019 noch relevant wären.
Machen wir uns nichts vor: Punk ist heutzutage immer noch Nische, vielleicht sogar noch mehr als in den 90ern, als Sleater-Kinney mit Bikini Kill zur Speerspitze der Riot-Grrrl-Bewegung gehörten. Feministische Inhalte ziehen mit Figuren wie Lizzo, Miley Cyrus oder Beyoncé in anderen Genres viel größere Kreise und vielleicht ist das einer der vielen Gründe, warum sich Janet Weiss, Carrie Brownstein und Corin Tucker für “The Center Won’t Hold” so weit wie noch nie zuvor aus ihrem Trademark-Sound herausgetraut haben. “Reach Out” hüpft auf einem tänzelnden Indie-Pop-Beat, “Ruins” wird von düsteren Synthies und Störgeräuschen geschüttelt, “Bad Dance” huldigt mit hedonistischem Sexappeal der Feier vor dem Ende der Welt. Freunde von Genre-Meilensteinen wie “Dig Me Out” heulen bei solchen Worten wohl schon laut auf, doch ganz hat das Noch-Trio das Rock-Instrumentarium nicht aufgegeben. “Hurry On Home” wird von einem fordernden Bass getragen, “Love” ist mit zackigen Handclaps ein moderner Rock-Entwurf und auch in “Reach Out” schleichen sich immer wieder Gitarren. Fernab bleibt die Band auch im Titeltrack schön unangepasst und erinnern mit dem verschrobenen Sound an Björk. Im letzten Drittel geht dem Album aber dann doch die Puste aus und Songs wie “The Future Is Here” und “The Dog/The Body” bauen sehr auf generische Chor-Konstruktionen, die ihre Wirkung vollkommen verfehlen.
Das sonst sehr aufreibende Album endet mit dem zart instrumentierten “Broken”, einer Ode an alle Frauen, die sich in der #metoo-Bewegung öffentlich geäußert haben und hinterlässt ein großes Fragezeichen. Denn nun sitzen Sleater-Kinney genau zwischen den Stühlen und machen alle und niemanden glücklich. Wohin die musikalische Reise als Duo weitergeht, bleibt abzuwarten. Doch als feministische Ikonen enttäuschen die Musikerinnen auch 2019 nicht.
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Und so hört sich das an:
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Sleater-Kinney live 2020:
- 18.02.2020 Astra Kulturhaus Berlin
- 22.02.2020 Batschkapp Frankfurt
Rechte am Albumcover liegen bei Mom + Pop.
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