Max Richard Leßmann, Bunker Ulmenwall Bielefeld, 07.03.2018

Mittwochabend in Bielefeld, es ist dunkel und ungemütlich und auf der Straße sieht man kaum eine Menschenseele. An einer Kreuzung führen ein paar Stufen hinab in den Bunker Ulmenwall und ich begebe mich zugegebenermaßen etwas skeptisch in die Location für das anstehende Konzert von Max Richard Leßmann. Hier soll die vom Sänger angepriesene „Pure Romantik“ herrschen? Ja! Als ich später am Abend aus dem Untergrund wieder auf die immer noch menschenleere Straße zurückkehre, bin ich fast schon beseelt von so viel Liebe und Harmonie – und ich bin beim besten Willen nicht die geborene Romantikerin!

Im Bunker selbst herrscht nämlich eine ganz andere Atmosphäre als draußen: Vorbei am super freundlichen und entspannten Einlasspersonal geht es durch einen mit Kunstwerken und Gemälden geschmückten Gang in das Herzstück des Kellers: einen schlauchförmigen Raum, die Bühne mittendrin und an beiden Seiten nur durch eine winzige Stufe vom Publikum getrennt. Nicht zuletzt dank der liebevollen Bühnendeko mit jeder Menge Störchen fühlt man sich hier gleich wohl. Beste Voraussetzungen also für einen romantischen Abend mit Max Richard Leßmann, der im vergangenen Sommer sein erstes Soloalbum „Liebe in Zeiten der Follower“ veröffentlichte. Anders als die Indierock-Musik seiner Band Vierkanttretlager ist das Solowerk geprägt von Chanson und Swing, von eingängigen Melodien, die zum Mitpfeifen einladen, und Texten, die irgendwie genau die Balance zwischen Gefühl und gutem Kitsch gefunden haben. Mit vierköpfiger Band ist der Sänger nun im Auftrag der Liebe unterwegs durch Deutschland, der erste Stopp ist dabei in Bielefeld.

Eine Vorband gibt es an diesem Abend leider nicht, was allerdings angesichts der Größe und Gegebenheiten der Location auch nicht verwunderlich ist. Da kommt es ganz gelegen, dass überall Ausgaben der „Romantischen Allgemeinen“ – eine eigene Zeitschrift, gedruckt auf rosa Papier – ausliegen und man sich so die Zeit bis zum Auftritt mit Berichten über die Albumentstehung oder auch Tipps zur romantischeren Bedienung des Internets vertreiben kann. Schließlich aber kommt der Husumer mit vierköpfiger Band auf die Bühne und spätestens als er nach dem Opener „Spuren auf dem Mond“ das Publikum auffordert, doch noch näher zu kommen, fühlt es sich an, als wäre man bei einem gemütlichen, intimen Wohnzimmerkonzert gelandet. Das bunt gemischte Publikum wippt fröhlich im Takt, manche singen inbrünstig jede Zeile mit und auch der Choreinsatz im Stile 100-jähriger Seemänner bei „Mann im Stream“ funktioniert so fernab von der Küste überraschend gut. Der Band selbst und insbesondere Max Richard Leßmann merkt man den Spaß an der Musik deutlich an. Bei Titeln wie „Keine Langeweile“ wird geschmettert und gesprungen, was das Zeug hält, während ruhige Stücke wie „Am Hafen brennt noch Licht“ fast schon bedächtig vorgetragen werden und die Atmosphäre noch heimeliger werden lassen. Angereichert mit kleinen, persönlichen Anekdoten zu den jeweiligen Songs fliegt die Zeit nur so vorbei und viel zu schnell ist das Repertoire aus einem Album aufgebraucht. Man könnte denken, dass bei so viel Gefühlsduselei und rosa-rotem Drumherum die Grenze zum Kitsch schnell überschritten wird. Dass das nicht passiert, liegt aber vor allem an der authentischen Art von Max Richard Leßmann. Denn bevor es zu zuckersüß werden könnte, packt er seinen nordischen Charme aus und bringt das Publikum wieder einmal zum Schmunzeln. Mit dieser Art von Romantik kann man sogar mich überzeugen!

Hier kannst du das Album „Liebe in Zeiten der Follower“ kaufen.*

So hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=YB70XtoHTSU

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Max Richard Leßmann live 2018:

08.03.18 Hannover, Lux
09.03.18 Braunschweig, Eulenglück
10.03.18 Husum, Speicher
14.03.18 Ulm, Roxy
16.03.18 Nürnberg, Club Stereo
17.03.18 Mainz, Schon Schön
18.03.18 Mannheim, Kulturbrücken Jungbusch
21.03.18 Dresden, Scheune
22.03.18 Bremen, Lagerhaus
23.03.18 Düsseldorf, Forum Freies Theater
24.03.18 Stuttgart, Merlin
25.03.18 Zürich, Werk 21
26.03.18 Saarbrücken, Garage

Foto: Andrea Holstein

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