Dirty Dancing in Concert, Westfalenhalle 2, 24.04.2024

„Ich habe eine Wassermelone getragen“ – nur wenige Filme können ihren Kultstatus über mehrere Jahrzehnte halten und schon mit wenigen Worten den DeLorean starten. Bei „Dirty Dancing“ fährt dieser ins Jahr 1987 – dem offiziellen Kinostart – bzw 1963, also dem Jahr, in dem Baby Houseman und Johnny Castle gemeinsam den wohl bekanntesten Mambo der Popkultur aufs Parkett legen. Die Fangemeinde ist dem Film und natürlich seinem Soundtrack bis heute treu. Seit 2005 bringt das zugehörige Musical das Hotel der Kellermans nun schon auf die Bühnen der Welt – mit Dirty Dancing in Concert gibt es einen anderen Show-Ansatz. Die Bühne ist zwei geteilt – hinten die Leinwand, die den Film in ganzer Länge zeigt, davor eine britische Band aus fünf Musikern und drei Vokalist*innen, die die Musik des Films spielen. Funktioniert das Konzept?

Aufmerksamkeit im Zwiespalt

Eins bleibt über den gesamten Filmverlauf gleich: Man weiß gar nicht so recht, wo man jetzt hinschauen soll. Auf die – natürlich allen Anwesenden bekannten, jedoch nicht weniger ikonischen – Szenen auf der Leinwand? Oder doch auf die Musiker*innen, die den großen Soundtrack live hinzufügen? Die Antwort liegt am Ende irgendwo dazwischen und das wird gerade zu Beginn zum Augen-Spagat. Gerade da die musikalischen Einspieler in den ersten 30 Minuten hinter den Dialogen verschwinden, entfaltet „Dirty Dancing in Concert“ hier noch nicht seinen gesamten Charme. Schade, denn sowohl Quintett als auch Sänger*innen liefern schon bei den ersten Songs wie „Be My Baby“ oder „Big Girls Don’t Cry“ auf höchstem Niveau ab.

Glücklicherweise steigert sich das Konzept gemeinsam mit dem Klimax des Films – ab den ersten Tanzstunden und Songs wie Otis Reddings „Love Man“ oder „Do You Love Me“ von The Contours wird die Live-Untermalung zum absoluten Highlight. Egal, wie laut die Boxen zuhause aufgedreht werden – so haben selbst die größten Fans den Kult-Hit noch nicht gehört.

„Mein Baby gehört zu mir!“

Das sorgt bei den größten Hits wie Eric Carmens „Hungry Eyes“, „Cry To Me“ von Solomon Burke oder natürlich „She’s Like The Wind“ und dem großen Finale „(I’ve Had) The Time Of My Life“ auch verdient zu viel Applaus aus dem Publikum und echter Gänsehaut-Stimmung. Bei ikonischen Szenen wie „Mein Baby gehört zu mir!“, dem „Gesangs“auftritt von Babys Schwester oder den hautengen Tanzstunden wird natürlich ebenfalls gejubelt. Das Film-Erlebnis war damit also schonmal außergewöhnlich. Aber „Dirty Dancing in Concert“ punktet eigentlich erst danach so richtig.

Kaum fadet die letzte Szene aus, übernimmt nämlich endgültig die Liveband das Zepter der Aufmerksamkeit – und beweist ihre Virtuosität zwischen Lässigkeit und Showman-Gehabe. Sowohl die Harmonien zwischen den beiden männlichen und der weiblichen Sänger*in als auch die Musiker*innen mit Bongos, Saxophon, Bass, Gitarre, Drums und Klavier spielen auf absolutem Top-Niveau. Vom Party-Singalong in „Hey! Baby“ über beschwingte Tanzeinlagen zu „Do You Love Me“ bis zu intimen Momenten in „The Still Of The Night“ ist der Entertainment-Faktor der Band ungebrochen. Selbst die herausforderndsten Sounds und Stimmleistungen kommen hier ohne Stolpern auf die Bühne. Damit bekommt der bis heute außergewöhnliche Soundtrack die Bühnen-Show, die er verdient hat. Und das hätte bei dem musikalischen Anspruch auch durchaus anders laufen können.

Schade nur: Typisch Almans bleibt die Stimmung im Publikum trotz der hervorragenden Performance der Musiker*innen insgesamt immer etwas zurückhaltend. Eigentlich hätte diese Show nämlich so viele Standing Ovations verdient wie Johnny bei der Rückkehr auf die Bühne. Ob dieses Niveau auf der gesamten Tour gehalten werden kann, können wir an der Stelle nicht garantieren – die Shows finden in wechselnder Besetzung statt.

Sollten alle Darsteller*innen dieses Niveau halten, ist das Fazit eindeutig. Für alle Fans des Klassikers sei dieses Konzept bedingungslos ans Retro-Herz gelegt: Mehr Zeitreise geht nicht.

Und so hört sich das an:

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2 Kommentare zu „Dirty Dancing in Concert, Westfalenhalle 2, 24.04.2024“

  1. Wir haben uns das Event in Hannover angesehen und waren mega enttäuscht. Der Film wurde in einer miserablen Bild -und Tonqualität wiedergeben, die spärlich gestreuten Gesangseinlagen waren nicht mehr als Durchschnitt. Keine Tänze ( ok vielleicht ganz am Ende, da war die Hälfte der Zuschauer aber schon weg inklusive uns ). Für korpulente 70 Euro eigentlich eine Frechheit. Da hätten wir uns den Film auch zu Hause auf dem Sofa angucken können.

    1. Hallo! Das tut mir leid. Die Qualität der Darbietung kann natürlich definitiv mit der wechselnden Besetzung auch je nach Tour-Stopp unterschiedlich ausfallen. Bei uns kam die Show gut an und alle Musiker*innen haben überzeugt. Schade, dass ihr damit so andere Erfahrungen gemacht habt.

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