Disney in Concert – Wonderful Worlds, König-Pilsener-Arena Oberhausen, 17.02.2019

Disney in Concert OB

6200 Leute aus Oberhausen und Umgebung scheinen ein Stück ihrer Kindheit nicht verloren zu haben. Eine Kindheit, in der man stets in andere Wirklichkeiten eintauchte, die von etwas Magischem und Märchenhaftem erzählten und in denen das Gute die Oberhand behielt – eben Wonderful Worlds. Disney hat einige dieser wundervollen Welten zu bieten. Um diese Welten vollkommen zu machen, benötigt es aber neben prägnanten Charakteren, spannenden Geschichten und Alltagsflucht vor allen Dingen auch hervorragende Musik. Die kommt nun herauskristallisiert und gebündelt auf die Bühne, präsentiert von einigen wirklich guten Sängerinnen und Sängern und wird Disney in Concert genannt.

Bereits im Dezember 2018 gab es die Show zu sehen – jetzt im Februar folgt quasi die Zugabe. Gleich sechs Städte an sechs Tagen werden bereist, Oberhausen ist das Finale. Die König-Pilsener-Arena ist im Innenraum bestuhlt, der Unterrang restlos voll, der Oberrang immerhin im Drittel gegenüber der Bühne besetzt. Ein roter Vorhang mit dem Disney-Schloss verhüllt die Bühne. Mit wenigen Minuten Verspätung beginnt um 19:35 das Hollywood Sound Orchestra zu spielen.

Als Opening dient der „Pinocchio”-Klassiker „Wenn ein Stern in finst’rer Nacht“, zu dem der Vorhang noch nicht fällt und stattdessen das Disney-Schloss mit Animationen verschönert wird. Zum Ende der Eröffnung ist das riesige Orchester zu sehen, geleitet von dem Maskottchen der Disney-Welt: Micky Maus. Allerdings ist Micky nur für den kurzen Moment der Dirigent und daraufhin schon wieder verabschiedet. Die Bühne bietet neben den Musikern, die am gesamten Abend absolut wunderbaren Sound abliefern, einige Effekte, die vorerst noch verhüllt bleiben und gleich zwei Leinwände – eine große hinter dem Orchester, die Bilder und Videos aus den besungenen Filmen zeigt und eine an der Decke, die den Hintergrund mit passenden Farben ausstattet. Schönes Licht gibt es kostenlos obendrauf.

Und dann geht es endlich richtig los. Jan Köppen darf an diesem Abend durch das verzauberte Programm führen und macht dabei durchweg eine sehr gute Figur. Der erfahrene Moderator, der u.a. bei VIVA, RTL oder ZDFneo für frischen Wind sorgte, hat den ansprechenden Charme, Wortwitz und das passende Alter, um authentisch zu transportieren, dass auch er Disney-Fan ist. Auf der Seite gibt es nichts zu beanstanden. Gleiches gilt für den Dirigenten Wilhelm Keitel, der das große Orchester im Griff hat. Sowieso ist der Sound von Anfang an hervorragend abgemischt – sowohl bei den Instrumenten als auch bei den Sängern. Die sind gleich sieben an der Zahl.

Zum Glück sind es aber nicht die Sieben Zwerge, auch wenn das zum Programm durchaus gepasst hätte. Stattdessen bietet Disney in Concert erste Klasse und wählt fünf Leute sogar vom Fach: Musicaldarsteller, die alle bereits in Disney-Adaptionen erfolgreich mitgewirkt haben. Da wäre einerseits Anton Zetterholm, der als erster „Tarzan“ spielen durfte und sich an der Männerfront als Highlight entpuppt. Ohne Frage hat er die gesanglich anspruchsvollsten Stücke und glänzt zum Beispiel bei „Der ewige Kreis“ aus „Der König der Löwen“ als Solist. Andererseits bietet die Show einen weiteren bekannten „Tarzan“, nämlich Alexander Klaws, der nach seinem Sieg bei „Deutschland sucht den Superstar“ einfach mal alles richtig gemacht hat und seitdem zur ersten Wahl im Musicalbusiness zählt. Allerdings ist das nicht sein bester Abend. Irgendwie wirkt er nicht ganz fit, sodass die Stimme einige Male in den Höhen krächzend klingt und etwas enttäuscht. Der Dritte im Bunde ist Mark Seibert, bekannt für seine prägnanten Rollen in „Elisabeth“, „Mozart“ oder „Tanz der Vampire“. Musikalisch liefert Seibert wie gewohnt super ab, tanzt auch zu „Aladdin“s „Nur ‘n kleiner Freundschaftsdienst“ ein paar nette Schritte, bleibt aber wie immer in seiner viel zu kühlen, arrogant-überheblichen Rolle, die er ansonsten in Stücken zu spielen hat. Emotion bleibt hier größtenteils auf der Strecke.

Auf der weiblichen Seite hingegen ist das Niveau nahezu durchweg hoch. Elisabeth Hübert spielt aktuell „Mary Poppins“ und ist für diesen Disney-Abend perfekt ausgewählt. Ihr sehr klarer und hoher Sopran passt zum prinzessinnenhaften Gesang, sodass sie in „Ein Traum wird wahr“ aus „Aladdin“ dem Original erschreckend nahekommt. Sabrina Weckerlin, ebenfalls u.a. bei „Tarzan“ zu sehen gewesen, ist für die ganz großen Belting-Nummern zuständig und sorgt mehrmals für wohlige Schauer. Natürlich rastet das Publikum bei der Zugabe „Lass jetzt los“ aus „Die Eiskönigin“ völlig aus – macht sie auch gut, aber da kann Kollegin Willemijn Verkaik einfach doch noch etwas mehr Energie. Nörgeln auf sehr hohem Niveau, ich weiß. Neben den fünf Musicalpersönlichkeiten: Ivy Quainoo, Siegerin der ersten „The Voice of Germany“-Staffel sorgt für die eher rauchigen, tieferen Momente, fühlt sich in dem Genre aber anscheinend nicht so zu Hause. Leider schafft sie mit „Farbenspiel des Winds“ aus „Pocahontas“ die vielleicht ungünstigste Darbietung des Abends abzuliefern, dafür punktet sie im Duett mit Seibert zu „Sind die Sterne gegen uns?“ aus „Aida“, dem einzigen Disney-Werk an diesem Abend, das es nicht auch als Film gibt, aber eben als Musical. Gemischte Gefühle also bei Quainoo – vielleicht ist die Konkurrenz einfach zu groß. Absolute Überraschung des Abends ist dafür die Kleinste: Die knapp 1,50m große Annett Louisan hat weiterhin eine der außergewöhnlichsten Stimmen Deutschlands. Passt nicht zu Disney? Zu vielem vielleicht nicht – das, was sie hier aber präsentiert, ist so auf den Punkt, dass man am liebsten die Songs von niemand anderem mehr hören mag. Sie hat drei Soli an dem Abend und zeigt einerseits mit ihrem „Bibbiti Bobbiti Boo“ aus „Cinderella“ ihre charmante, kokettierende Art – anderseits mit „Das, was ihr vermisst“ aus „Mary Poppins‘ Rückkehr“ den einzigen wirklich intimen, traurigen und tief berührenden Moment am Abend. Die Stille im Raum hat ebendies bestätigt. Sensationell. Da braucht es keine großen Höhen, wenn das Gefühl so stimmt.

Wie also gut zu erkennen, ist das Programm ein würdiges Best of und so ziemlich alles, was man sich wünscht. „Aladdin“, „Hercules“, „Der Glöckner von Notre Dame“, „Vaina“, „Mary Poppins“, „Der König der Löwen“, „Bernhard & Bianca“, „Die Eiskönigin“, „Pocahontas“, „Bärenbrüder“, „Die Schöne und das Biest“ und und und mit jeweils ein bis zwei Songs – mal solo, mal im Duett oder im Tutti gesungen. Einmal gibt es sogar das Orchester allein, nämlich bei „Der Zauberlehrling“ aus „Fantasia“. Bravourös. Zweimal 65 Minuten lang. Durch die wechselnden Sänger kommt zu keiner Sekunde Langeweile auf – stattdessen meint es das Bühnenbild manchmal einen Ticken zu gut. Unzählige Male gibt es Konfettiregen in unterschiedlichen Farben und Formen, ab und ab werden Kronleuchter von der Decke gefahren. Unnötig und ein Stück zu viel Kitsch. Die Show an sich ist Zucker genug. Wirklich schade: „Arielle“ fehlt gänzlich! Wie könnt ihr nur? Auch „Schneewittchen“ oder „Das Dschungelbuch“ wären nett gewesen. Aber man kann eben nicht alles haben.

Fazit: Disney in Concert ist genau das, was man erwarten darf. Sehr kurzweilige, schöne und romantische Unterhaltung, die sowohl Kindheitserinnerungen weckt als auch sich um erst kürzlich gesehene Neulinge im Universum kümmert. Es ist einfach nicht von der Hand zu weisen, dass Disney immer auch – neben guter optischer Unterhaltung – ein Erfolgsgarant für unvergessene Songs bleibt und vieles davon zu Klassikern aufgestiegen ist. Wer eben die gut präsentiert hören möchte, ist bei der Show genau richtig und darf gerne schonmal Tickets fürs nächste Jahr und das Programm „Dreams Come True“ ergattern.

Und so hört sich das an:

Weitere Infos zur Show gibt es HIER.

Bild von Christopher.

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