Ein wichtiger Unterschied zwischen Madonna und Kylie Minogue ist nicht, dass Madonna fast fünfmal so viele Platten verkauft hat wie Kylie – sondern, dass Kylie im Vergleich zu Madonna nicht aufgehört hat, gute Musik zu machen. Hat sich die sogenannte Queen of Pop vor guten zehn Jahren dazu entschlossen, nur noch jugendlichen Trends hinterherzurennen, macht die 1,52m kleine Australierin einfach weiterhin catchy Songs, spart sich peinliche Ausrutscher und bleibt ein Star mit Authentizität.
Und, hey! 70 Millionen ist ja als Verkaufszahl auch nicht außer achtzulassen. Um diese Quantität gebührend zu feiern, erscheint kommenden Freitag die neue Best Of-Scheibe Step Back In Time: The Definitive Collection, die auf die mittlerweile 32 Jahre umfassende Karriere von Kylie zurückblickt und 42 Songs parat hält.
Die Probleme bei Best Of-Kompilationen sind und bleiben immer die Gleichen: Sind alle Hits vertreten? Passt die Zusammensetzung? Werden Fans angesprochen? Bekommen Interessierte eine gute Werkschau?
Man sollte kritisch bleiben, denn es handelt sich keinesfalls um die erste Zusammenstellung an großen Hits. Wie viele Greatest Hits es mittlerweile gab, kann man eigentlich gar nicht wirklich sagen, jedoch handelt es sich wohl gehäuft um Vorgaben der Plattenfirma – viel zu selten wurde sich bisher Mühe bei der Songauswahl oder der Promo gegeben. Trotzdem liegt seit 2004 mit „Ultimate Kylie“ bereits eine wirklich sehr gelungene Doppel-CD vor, die 33 Songs in petto hatte. Und davon wurden bei Step Back In Time mal eben 30 (!) übernommen. Das ist eine erschlagende Zahl. Bis auf drei kleine aussortierte Liedchen gibt es quasi Copy and Paste.
Defacto sind aber 15 Jahre vergangen und ein paar Charterfolge dazu gekommen. Lassen wir doch Zahlen sprechen, die nicht lügen können: von den 42 Songs auf Step Back In Time waren satte 13 Titel Nr. 1 in Australien, UK oder Deutschland, acht weitere schafften es bis auf Platz 2. Insgesamt erlangten 38 Songs die Top 20, darunter 31 die Top 10. Das ist erstmal äußerst beeindruckend und zeigt, wie viel Charts eigentlich in Kylie so stecken. Aufgeteilt auf zwei Tonträgern, wovon der erste sich auf die Zeit ab 2000 konzentriert und somit die letzten 19 Jahre der Karriere beinhaltet, Tonträger 2 hingegen steht für 1987 bis 1999. Chronologisch wird dann jedoch nicht vorgegangen, eher nach Songdynamik entschieden. Die Verteilung ist gut gewählt, um einen in sich schlüssigen Sound zu kreieren, gab es so allerdings ebenfalls bei der „Ultimate Kylie“ – neu ist das also auch nicht.
Doch jetzt wollen wir es aber wissen – was ist denn nun dabei? Bis auf kleine Ausnahmen eigentlich alles. Angefangen von 80s-Pop a la „The Loco-Motion“ und „I Should Be So Lucky“ über mystische Meisterwerke wie „Confide In Me“ und „Where The Wild Roses Grow“ (feat. Nick Cave), rockige Ausflüge mit Robbie Williams („Kids“) und alle Radiohits aus dem aktuellen Jahrtausend („Can’t Get You Out Of My Head“, „In Your Eyes“, „Spinning Around“), inklusive dem letzten Ohrwurm „Dancing“. Hört man das durch, kann man problemlos von einer Hit-auf-Hit-Box sprechen. Nahezu jeder Titel ist bekannt, viele sind Klassiker ihres Genres. Qualitativ gibt es hier wirklich nichts zu beanstanden. Gar nichts.
Aber nichtsdestotrotz hat sich seit „Ultimate Kylie“ nicht ganz so viel getan, sodass an Neuigkeiten lediglich „2 Hearts“, „In My Arms“ „Wow“, „All The Lovers“ und „Get Outta My Way“ von Belangen sind. Wirklich viel Input war eben nicht vorhanden, vier weitere Alben hin oder her. Mit „Your Disco Needs You“ wurde ein wichtiger 2000er-Track endlich hinzugefügt, dafür aber in der mittelprächtigen Album- statt in der beliebten Video Version. Sucht man nach fehlenden Songs, muss man hingegen tatsächlich etwas genauer suchen. Es handelt sich eben um die erfolgreichsten Titel. Lediglich vier Songs – darunter der nette, aber keinesfalls überragende neue Song „New York City“ – schafften nicht den Einstieg in die Top 20. Dennoch fehlen insgesamt acht Titel, die ebenfalls die Top 20 erreichen konnten, wovon aber eigentlich nur die größeren Hits „Chocolate“, „Giving You Up“ und der Überhit „Higher“ im Duett mit Taio Cruz wirklich schmerzhaft sind – mit über 600.000 verkauften Singles stellt „Higher“ den größten Erfolg seit 2002 dar. Warum fehlt so etwas? Immerhin sind mit „Where The Wild Roses Grow“, „Kids“ und „Especially For You“ (feat. Jason Donovan) auch drei andere Duette vorzufinden. Schade. Ebenso ist das vorletzte Album „Kiss Me Once“ komplett ausgelassen worden, das immerhin mit „Into The Blue“ einen kleinen Hit bereithielt. Stattdessen hätte sich von der lediglichen Top 40-Platzierung „The One“ verabschiedet werden können – und über „Stop Me From Falling“ vom letzten Album, der lediglich in UK charten konnte, legen wir mal den Mantel des Schweigens.
Trotzdem überragt ganz klar die Habenseite. 42 Songs, fast 150 Minuten Musik aus zwölf Studioalbum und drei Jahrzehnten. 38 von 46 möglichen Top 20-Hits. Das kann man viel, viel, viel schlechter machen. Wer die starke „Ultimate Kylie“ im Schrank hat, kann sich den Kauf überlegen, Fans schlagen so oder so zu, müssten es bei einem Song aber nicht unbedingt – und wer noch gar nix von Miss Minogue besitzt, bekommt mit Step Back In Time eine nahezu makellose Compilation serviert.
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