Interview mit Arcane Roots über „Melancholia Hymns“ – Teil 2!

Arcane Roots Interview Melancholia Hymns 2017 Teil 2

(English version below) Im zweiten Teil unseres großen Interviews mit Andrew Groves (Gesang, Gitarre) von Arcane Roots, haben wir den Herren aus dem südlichen London darüber ausgefragt, was er denn eigentlich mit dem neuen Album „Melancholia Hymns“ seiner Band erreichen wollte und wie seine Bandkollegen reagiert haben, als er ihnen von seinem Plan, den Sound seiner Band zu ändern, erzählt hat.

minutenmusik: In einem Interview zu eurer letzten EP „Heaven & Earth“ hast du gesagt, dass der große Plan sei, dass die Songs tagelang in den Köpfen der Leute bleiben. Was war also der Plan für diese Platte?

Andrew: Das klingt sehr albern, aber der Grund, warum die meisten dieser Dinge geschehen, ist, dass wir irgendwann mal eine Idee hatten. Stell dir vor du gehst abends ins Bett und weißt, dass du einfach nicht einschlafen wirst, weil dein Gehirn noch arbeitet. Du hast diese tolle Idee, bist aber ja im Bett. Ich versuche dann diese irgendwie zu verinnerlichen, schreibe sie nieder oder nehme sie mit einem Handy auf. Am nächsten Morgen, wenn du dann versuchst die Idee zu reproduzieren, selbst wenn du sie aufgenommen hast, veränderst du sie. Du hast das gar nicht beabsichtigt, aber es passiert. Das ist als ob man jemandem von einem Traum erzählt, den man hatte. Für dich ergibt die ganze Geschichte komplett Sinn, aber wenn du anfängst sie zu erzählen bemerkst du, dass sie das eben überhaupt nicht tut. Du bist auf einmal an einem Ort, dann am nächsten und dazwischen klafft eine riesige Lücke und du fragst dich, was dazwischen geschehen ist.

Das ist, was wir immer getan haben. Wir haben angefangen den Leuten von dieser Idee, die wir hatten, zu erzählen, aber während wir das taten haben wir unsere Köpfe gesenkt und sind immer weiter marschiert. Als wir bei „Heaven & Earth“ angelangt waren, wollte ich eine große Rock-Platte machen. Wir haben es geliebt diese Platte live zu spielen. Die Songs sind einige meiner liebsten Live-Songs. Ich habe mich daraufhin selbst gefragt, was ich nun tun möchte. Ist das, wofür wir bekannt sein wollen? Möchte ich mit Bring Me The Horizon und Twin Atlantic konkurrieren? Ist das, was wir sein wollen?

Dieses Album ist eine Reinigung für uns. Wir wollen eine tolle Band sein, weiter reichen und größere Projekte angehen. Wir wollen etwas machen, das uns begeistern würde, das uns interessieren würde. Wir dachten uns: „Ok, ist das wirklich, was wir immer machen wollten? Nein? Dann lass uns verändern!“ Das klingt albern, aber ist ja nichts anderes, als hätte man einen Job, den man wirklich hasst.

minutenmusik: War das eine harte Entscheidung für dich?

Andrew: Nein. Es zu tun war hart, die Entscheidung selber aber nicht.

minutenmusik: Hattest du denn Furcht vor den Reaktionen der Leute, wenn sie die Platte das erste Mal hören?

Andrew: Was ich an dieser Platte mag, ist, dass ich realisiert habe, dass es mir egal ist – auf eine schöne Weise. Eigentlich muss das dir auch egal sein. Wäre das jetzt „Heaven & Earth“ und Leute würden das Ergebnis nicht mögen, würde ich das wahrscheinlich weniger verstehen. Die neue Musik würde ich in eine andere Kategorie stecken. Auf „Heaven & Earth“ gibt es keine Fehlkommunikation. Alles ist da, wo es sein soll. Wenn wir in ein Riff übergehen, weißt du, dass das passieren wird. Die Melodien kommen einfach auf dich zu. Würde also jemand zu mir kommen und sagen, dass er das hasst, würde ich mir Sorgen machen, weil ich das für gutes Songwriting halte.

Bei dieser Platte [„Melancholia Hymns“] mag ich sogar, dass einige sie nicht mögen werden. Das ist gut, denke ich. Ich habe das Album während der Entstehung sogar einigen guten Freunden gezeigt. Ich wusste, dass sie das nicht wirklich mögen würden. Das ist dann ein wenig als bekäme man ein falsches Weihnachtsgeschenk und tut so, als würde man es mögen. „Ahhh, danke! Hast du den Beleg noch?“

Wir hatten auch schon einige Rezensionen, die schlecht ausgefallen sind. Wäre das früher so gewesen, hätte ich wohl „Dieser Typ weiß überhaupt nicht, worüber er spricht!“ gesagt. Jetzt genieße ich die schlechten Rezensionen sehr. Jeder hat es verdient eine Band nicht zu mögen.

Man sollte lieber Risiken eingehen, als etwas zu machen, bei dem jeder dich mögen muss. Alles ist so sicher und kontrolliert in der Welt. Wenn du krank bist, nimmst du eine Tablette. Hast du Depressionen, nimmst du eine Tablette. Fühlst du dich nicht gut, wird das schon wieder weg gehen. Gerade deshalb mag ich Schneetage. Schneetage sind toll, weil sie dir viele Entscheidungen abnehmen. Jeder braucht das. Alle konzentrieren sich immer auf ihren Job, darauf wie viel Geld sie noch zur Verfügung haben und so – und dann kommt ein Schneetag. Da kannst du nicht zur Arbeit gehen, kannst nicht das tun, was du eigentlich geplant hattest. Was machst du nun? Vielleicht verbringst du etwas Zeit mit deinen Kindern oder deiner Frau. Ich finde das auf meine eigene sadistische Weise toll. Ich mag das. Wir müssen Risiken eingehen. Das ist nämlich, wenn man gutes schafft. Es war aber hart zu lernen, sich nicht über so etwas Sorgen zu machen. Zum Glück war unser Team da auch auf unserer Seite.

minutenmusik: Wie haben Adam und Jack [Wrench, Schlagzeuger] reagiert, als du ihnen von deinem Plan erzählt hast?

Andrew: Jack ist der Band zu der „Heaven & Earth“-Zeit beigetreten. Wir hatten da eine super Zeit, in der wir eben Stadion-Rock gespielt haben. Es ist natürlich hart zehn Jahre eine Sache zu erlernen, die dir dann jemand wegnimmt und sagt, du müssest etwas neues lernen. Vor allem bei Jack war das der Fall. Ich habe diese elektronischen Sachen programmiert und er musste sie dann nicht auf seinem Schlagzeug, sondern auf etwas anderem spielen. Ich habe das manchmal mit Absicht unbequem für ihn gemacht. Er hätte mir so einfach den Finger zeigen können, aber beide – auch Adam – haben sehr verständnisvoll reagiert. Ich wollte sie da aber auch gar nicht in etwas reinziehen. Ich wollte Ideen einbringen und diese dann ausprobieren. Ich versuche auch nicht mit fertigen Song auf die beiden zuzukommen. Ich bin von den beiden abhängig, um weiterhin in Rock-Musik interessiert zu sein. Ich liebe es mit ihnen Rock-Musik zu spielen. Das macht so viel Spaß. Ich habe sie also in eine bestimmte Richtung gedrückt und den Rest haben wir zusammen getan.

Im dritten Teil unseres Interview beschäftigen wir uns neben den Einflüssen für das neue Album von Arcane Roots auch mit dem musikalischen Werdegang des Trios, den Herr Groves selber einmal in eigenen Worten erklären darf. Hier geht es zum dritten Teil.

Zum ersten Teil unseres Interviews mit der Band geht es hier.

Und so hört sich das an:

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https://youtu.be/-IRlTW7bKVE

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Arcane Roots live 2017:

26.09. – Berlin, Musik & Frieden
27.09. – München, Orange House
28.09. – Salzburg, Rockhouse Bar (AT)
30.09. – Milan, Rock in the Park @ Legend Club (IT)
01.10. – Baden, Werk (CH)
03.10. – Paris, Etoile (F)

English version:

minutenmusik: In an interview for “Heaven & Earth“, your last EP, you said: “The grand plan is to get these songs stuck in peoples heads for days.“ So, what was the grand plan for this record?

Andrew: It sounds really stupid, but the reason for most things happening is, that we have had an idea for something. Just imagine you going to bed and you know this time you cannot sleep, because your brain is still ticking. You have a great idea, but you are in bed. I then try to remember a bit, record it with my phone or write it down. In the morning, when you are trying to remember that idea, even if you recorded it, and reapproach it, you change it. You do not mean to. It is like telling someone about a dream you have had. To you this story makes complete sense. But when you start telling it to someone you realize, that it really does not make sense. You are at one place, and then switch to another place and between that there is a gap with no memory.

This is kind of like what we have ever done. We started telling people about this idea we had, but by doing that we put our heads down and went on. When we got to “Heaven & Earth“ I really wanted to make a big shiny rock record. We loved playing that record. They are some of my favorite songs to play. But we had done that. I then asked myself, what I now want to do. Is this what we wanna be known for? Do I wanna compete with Bring Me The Horizon and Twin Atlantic? Is that what we wanna be?

So this album is a reassessment. We wanna be great as a band, further reaching and take on bigger projects. We want to do something, that would excite us, what we are interested in. We were like “Ok, is this what we always wanted to be like? Lets change!“ It sounds stupid, but it is like you work in a job you hate.

minutenmusik: So was this a tough decision for you?

Andrew: No. Doing it was hard, the decision itself was not.

minutenmusik: Did you fear people hearing that record, when it came out last week?

Andrew: What I like about this record is, that I realized I do not care – in the nicest way. It is really hard, because you have to learn to not care. If it was “Heaven & Earth“ and people did not like it, I would be more upset, because I feel like that new music is in a different category. There is no miscommunication on “Heaven & Earth“. Everything is there. If we go into a riff, you know it is gonna happen. The melodies are just coming at you. So if someone is coming up to me and saying, that he hates that, I would worry more about what I thought was good songwriting.

With this record [“Melancholia Hymns“] I like, that some persons will not like it. I think this is good. I even had good friends, people I really respect, who I had told, when I was making the record, that we changed. And I knew they did not really like it. It is like getting the wrong Christmas present and pretending to like it. “Ouuuh, thank you! Do you have the receipt?“ (laughs)

We have had some bad reviews. Were this before, I would be like „this guy does not fucking know, what he is talking about!“ I really enjoyed the bad reviews this time and I think that is good. Everyone deserves to not like a band. You better should take a risk, than have everyone like you. Everything is so safe and controlled and manufactured in the world. If you are sick, you take a pill. If you are depressed, you take a pill. If you do not feel very well, it is gonna go away. This is the reason I like snow days. Snow days are amazing, because the choice is taken away from you. Everyone needs that. Everyone concentrates on job, on having enough money for everything and then snow day comes. You cannot go to work, you cannot do this…, you cannot do everything you planned to do. What are you gonna do? You might spend time with your kids or your wife. I think they are great in my own sadistic way. I enjoy that. We have to take risks. I feel like that is, when you do something good. It has been hard to learn to not worry about things. But luckily our team was really good about everything.

minutenmusik: How did Adam and Jack [Wrench, Drummer] react, when you told them your plan?

Andrew: Obviously Jack joined this band in the time of “Heaven & Earth“ and we were having such an amazing time playing stadium rock music. It is hard to have a thing you stand by ten years learning and then somebody takes it away from you and you have to learn something else. Especially for Jack I often was like “Cool, I programmed this thing and now you are gonna play it not on your kit, but on something else. I am gonna make it purposely uncomfortable for you.“ He could have easily given me the finger, but both of them reacted pretty nice. I did not wanted to drag them into this. I wanted to bring in the ideas and the try it out. I try not to bring up a finished song to much. I rely on them to keep being interested in rock music. I just love playing rock music with them. It is the most fun. So I would pull them one way and we would do it together. So, yeah, they been incredible.

Third part of our interview with Arcane Roots.

First part of our interview with Mr. Groves.

Foto von Sophia Groves Photography.

 

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