Interview mit Arcane Roots über „Melancholia Hymns“ – Teil 3!

Arcane Roots Interview Melancholia Hymns 2017 Teil 3

(English version below) Hatten wir in den ersten Teilen unseres Interviews mit Arcane Roots Frontmann Andrew Groves (Gitarre, Gesang) schon recht ausführlich über die Soundänderung seiner Band und die Grundidee der aktuellen Platte „Melancholia Hymns“ gesprochen, wenden wir uns im letzten Teil vor allem den Einflüssen für die zehn Songs des Werkes zu. Gegen Ende darf Mr. Groves dann auch mal die Geschichte und Entwicklung seiner Band vor seinen Augen Revue passieren lassen.

minutenmusik: Könntest du uns vielleicht drei Alben, Songs, Filme, Bücher oder auch sonstige Kunst nenne, die dich für „Melancholia Hymns“ am meisten inspiriert hat?

Andrew: Das ist hart! Ich werde mich für einen Song, ein Buch und einen Film entscheiden. Aber ich starte mal mit einem Song. Ich wähle hier „The Curtain“ von Snarky Puppy & The Metropole Orkest. Den findet man auf dem Album „Sylva“, das für mich die beste Platte der Welt ist. Ich habe den Song durch Zufall auf Youtube gefunden und bin besessen nach ihm. Snarky Puppy sind eine große Jazz-Band, das coole ist aber, dass sie nicht so eindimensional sind. Ich weiß, davon gibt es viel, aber es gibt nur eine Handvoll Jazz-Musiker, die ihr Wissen und ihre Möglichkeiten nutzen um etwas extrem schönes zu schaffen. Meistens überbeansprucht das die Ohren zu sehr.

Für diese Platte hat die Band sich mit einem niederländischen Orchester zusammengetan. Eigentlich sollten sie nur einige Songs zusammen spielen, haben dann aber entschieden zusammen ein Album zu schreiben. Das ganze ist so phänomenal. Du hast da alles… Orchester, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Synthesizer, Klavier, … einfach alles! Und sie sind einfach besser als jeder andere Mensch an ihren Instrumenten. Das Album haben sie live aufgenommen und sich dabei filmen gelassen. Das ist dann der Take. Für manche Songs hatten sie vorher gerade einmal zwei Proben. Das vereint alles, in das ich interessiert bin, in einem. Ich würde in diesem Song leben, wenn das ginge.

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https://youtu.be/jLRw-Ahq22k

Als Buch und ich glaube auch als Film, wähle ich Philip K. Dicks „Der Dunkle Schirm“. Lyrisch war das sehr prägend. Ich mag das, wenn man etwas hört oder sieht und das einen dann auf eine bestimmte Weise fühlen lässt. Ich mag gewisse Filme dafür. Das sind diejenigen, die ich mir dann auf DVD kaufe. Das klingt komisch, aber manchmal schaue ich mir einen bestimmten Film an, wenn ich in eine bestimmte Stimmung kommen möchte. Ich mag bei dem Buch und dem Film, wie sie einen zurücklassen. Es gibt kein Happy-End, es gibt keine Lösung. Das ist wie das Leben. Außerdem findet man da tolle Zitate.

Die Geschichte folgt der Hauptfigur and spielt in einer etwas moderneren Welt. Es gibt überall Überwachungskameras und man kann immer lokalisiert werden. Der Hauptcharakter hat starke innere Widersprüche darüber, wer er wirklich ist und wer er sein will. Er fragt sich in einer Szene in einem Monolog selber, wie gut eine Kamera in einen hereinblicken kann. Kann sie die Person sehen, die du sein solltest? Kann sie in dein Herz schauen? In deinen Kopf? Er hofft, dass die Kameras das können, weil er es selbst eben nicht kann. Er ist sich so unklar darüber, wer er wirklich ist. Ich liebe die metaphysische Idee und die Unterordnung dieses Werkes. Das ist so zugespitzt auf das Jetzt.

minutenmusik: Als finale Frage: Wie würdest du in deinen Worten die musikalische Entwicklung von Arcane Roots von der ersten EP „Left Fire“, über „Blood & Chemistry“ und „Heaven & Earth“ zu „Melancholia Hymns“ beschreiben?

Andrew: Ich würde „Left Fire“ als sixth form college beschreiben [Anmerkung: Britisches College, was die Schüler auf den A-Level Abschluss – ähnlich wie das Abitur in Deutschland – vorbereitet]. Ich habe das nicht besucht. Ich bin ins normale College gegangen. Ich hatte „Left Fire“ demnach nicht, also habe ich einen Versuch gewagt und mir selbst eine CD gemacht. (lacht) Das ist wie als stoße man auf seine alten Schulbücher. Für unsere Fans ist das natürlich anders, das ist jedoch wie ich die Platte sehe. Ich erinnere mich noch daran, wie wir die EP aufgenommen haben. Es gab da so viele Momente, in denen wir unsicher waren und uns unwohl gefühlt haben. Das war unsere erste wirkliche Studioerfahrung, für die wir jeden Cent umgedreht haben. Das ist meine Erinnerung daran.

„Heaven & Earth“ war die Platte, die „Blood & Chemistry“ sein sollte. Die beiden fühlen sich sehr ähnlich an. Auf diesem Album [„Blood & Chemistry“] wollten wir so vieles erreichen. Das war wie das Erlernen einer neuen Sprache. „Heaven & Earth“ war da schon ein wenig flüssiger. Ich erinnere mich auch noch gut an die Aufnahmen zu „Blood & Chemistry“. Da waren wir für einen guten Monat in Bath. Das ist der tollste Ort – die schönste kleine Stadt, die ich kenne. Wir hatten dort eine super Zeit. Es kamen vor den Aufnahmen so viele Probleme auf, aber ab dem ersten Tag im Studio verschwanden alle Sorgen einfach. Wir haben in Bath einen Monat mit Lachen verbracht, haben mexikanisches Essen gegessen und Eis und Bagels gekauft. (lacht) Das war toll!

„Heaven & Earth“ war bis jetzt die Platte, die am einfachsten aufzunehmen war. Wir hatten so viele Songs, aus denen wir wählen konnten. Ursprünglich wollten wir ein Album machen, hatten aber nicht genug Zeit. Also haben wir eine EP aufgenommen. Das war auch das erste mal, dass wir das Studio richtig genutzt haben und dort sicherer waren. Außerdem ist das unsere letzte Veröffentlichung mit Daryl [Atkins, ehemaliger Schlagzeuger], dementsprechend viele Erinnerungen habe ich daran.

Diese Platte [„Melancholia Hymns“] war sehr stressig für uns. Wir haben sehr lange gebraucht. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem kleinen Monster, das wir erschaffen haben. Wir haben so sehr damit gerungen flüssig zu klingen. Wieder kann man sich das wie das Erlernen einer neuen Sprache vorstellen. Manchmal kann man sich einfach nicht schnell genug an ein bestimmtes Wort erinnern und man hakt. Das zu erlernen, hat sehr lange gedauert. Dieses Album war unsere erste Konversation in dieser neuen Sprache. Ich bin auch super enthusiastisch das weiter zu führen. Wir schreiben ja auch schon an neuem Zeug. Ich bin scharf darauf weiter zu machen.

minutenmusik: Das neue Zeug führt den Stil des neuen Albums also weiter?

Andrew: Ja, auf jeden Fall! Wir wollen so schnell wie möglich neue Musik veröffentlichen.

minutenmusik: Toll! Wir freuen uns drauf. Vielen Dank, dass du dir so viel Zeit genommen hast.

Andrew: Es war sehr schön dich wieder zu sehen. Danke!

Hier geht es zum ersten Teil des Interviews.

Hier zum zweiten.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=DPgOctu6qlc

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Arcane Roots live 2017:

27.09. – München, Orange House
28.09. – Salzburg, Rockhouse Bar (AT)
30.09. – Milan, Rock in the Park @ Legend Club (IT)
01.10. – Baden, Werk (CH)
03.10. – Paris, Etoile (F)

English version:

minutenmusik: Could you name three albums, songs, movies, books, … that inspired „Melancholia Hymns“ the most?

Andrew: That is so hard! I will decide on a song, a book and a film and start with a song. I choose „The Curtain“ by Snarky Puppy & The Metropole Orkest. It is of their album „Sylva“, which is the best record in the world. I came across it by accident on Youtube. I am obsessed with it. They are a huge Jazz-Band, but the cool thing is, that they are not one-dimensional. I know, that there is lots of that, but there is only a hand full of jazz-musicians, who use their knowledge and their ability to make something really beautiful, rather than only challenging to much for your ears. They teamed up with a dutch orchestra and were literally just going to play songs with them, but then decided to write a record. It is just phenomenal and incredible. It has everything… orchestra, guitar, bass, drums, synths, piano… everything! And they are all better than everyone in the world in playing their instruments. They recorded that album live and filmed it. And that is the take. For some songs they only had two rehearsals. That was everything I am interested in in one. I would live in that song, if I could.

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https://youtu.be/jLRw-Ahq22k

For a book and film as well, I really like Philip K. Dick’s „A Scanner Darkly“. Lyrically that was a huge influence. I like the idea of listening or watching something and it making you feel a certain way. I really like certain films for that. That will definitely be the ones I buy on DVD. It sounds weird, but sometimes when I wanna feel a certain way I watch a certain film. That book and the film as well, I really love the way that it leaves you. There is no happy ending, there is no resolution. It is like life.There is amazing quoting in it. It follows the main character and is in a slightly modern world. There is CCTV everywhere and they can trace you everywhere – and it was made in the seventies. The main character has huge conflictions over who he really is, who he wants to be. He asks himself in a monologue how well a camera can see into you. Can it see the person you should be? Can it see into your heart? Can it see into your mind? He hopes, that these cameras can, because he cannot. He is so confused who he really is. I love that metaphysical idea and that submission of that thing. It felt quite pointed to the present.

minutenmusik: Final question! How would you – in your words – describe the musical development of your band from your first EP „Left Fire“, to „Blood & Chemistry“, to „Heaven & Earth“ and finally „Melancholia Hymns“?

Andrew: I would describe „Left Fire“ as sixth form college. I think you do not have that in Germany. I did not do that. I went to college, but it is in between things. So, I do not have „Left Fire“ and I tried and I got myself a CD. (laughs) It feels like coming across your old school books. Obviously it is different for our fans, but this is the way I see it. I remember recording it and I remember so many of the moments I was uncomfortable. It was our first real studio visit and we literally paid for it in pennies. I have such a memory of that.

„Heaven & Earth“ was the record we wanted „Blood & Chemistry“ to be. „Blood & Chemistry“ feels very similar to this record. On this record [„Blood & Chemistry“] we were reaching for so many things. It was like learning a language. „Heaven & Earth“ was a bit more fluent. I even remember the recordings of „Blood & Chemistry“. We been in Bath for around a month. It is the nicest place ever – the most beautiful little town. We had such a great time. There were so many problems going on and the day we started recording they all just went away. We had a month in Bath of laughing, eating Mexican food, buying ice cream and bagels. (laughs) It was amazing!

„Heaven & Earth“ was the easiest recording. We had so many songs to choose from. We were meant to do an album, but did not have enough time. So we just did an EP. I felt like this record was the first time we were embracing the studio a lot more and were comfortable. It is also our last record with Daryl [Atkins, former drummer], so I have a lot of memories doing that.

This one [„Melancholia Hymns“] has been very stressful. It has been a long time. I am so pleased for the little monster we made. We were struggling so hard in trying to be fluent, like learning a language. Sometimes you just cannot think of the words quick enough and it is not flowing. It took so long for us. This album was our first conversation in a new language. I even got more excitement to continue that. We are already working on new stuff. I am keen to get going.

minutenmusik: So the new stuff is going further that direction?

Andrew: Yeah, definitely. New music as soon as we can!

minutenmusik: That is great. Thank you very much for taking your time!

Andrew: It was so nice to see you. Thank you!

Part one of the interview.

Part two.

Foto von Sophia Groves Photography.

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