(ENGLISH VERSION BELOW) Seit 15 Jahren sind Johnossi mittlerweile Teil der Rockszene, mit dem selbstbetitelten Debüt und dem großen Hit “Man Must Dance” konnte sich das schwedische Duo eine treue Fangemeinde erspielen, die sogar für Stilexperimente wie das recht poppige “Blood Jungle” offen ist. Mit dem aktuellen “Torch//Flame” geht es nun wieder zurück an den Anfang. Mit Schlagzeuger Oskar “Ossi” Blonde haben wir uns über Songwritingprozesse, den Jungbrunnen der Band und das Touren unterhalten. Zu dem Zeitpunkt des Gesprächs war noch nicht klar, dass die Tour wegen des Coronavirus verschoben werden würde – einen hoffnungsvollen Blick in die ungewisse Zukunft wirft das Interview aber dennoch.
minutenmusik: Erinnerst du dich an den Moment, an dem ihr entschieden habt, dieses Album mit einem komplett anderen Zugang zu schreiben als “Blood Jungle”? Welchen Einfluss hatte euer Produzent Pelle Gunnerfeldt auf diesen rohen Sound?
Ossi:
Immer, wenn wir uns der Herausforderung annehmen, ein neues Album zu schreiben, versuchen wir es irgendwie anders zu machen als beim vorherigen.
“Blood Jungle” war ein Weg, aus unserer Komfortzone herauszukommen, also haben wir uns mit Astma & Rockwell zusammengetan, die von der städtischen Seite der Gleise kommen, so dass wir uns in der Mitte treffen konnten, um etwas ganz Neues zu erschaffen. Der Moment, in dem wir uns dazu entschlossen hatten, Mattias Franzén (unseren Live-Keyboard-Spieler) in den Songwriting-Prozess von “Torch//Flame” zu involvieren, haben wir uns auch dafür entschieden, weniger Elemente zu benutzen und zum Ursprung zurückzukehren. Zu dieser Zeit hat Pelle Gunnerfeldt im Studio neben uns gearbeitet und wir haben über unser nächstes Album gesprochen. Erst dann haben wir realisiert, dass die Antwort auf die schwierige Frage “Wer wird unser Album produzieren?” direkt vor uns lag. Er ist und wird immer der Beste sein, wenn es um gut klingenden Rock’n’Roll geht und er hat einen enormen Input gegeben, was das Aufnehmen und Spielen von Instrumenten anbelangt.
minutenmusik: Ihr habt den ganzen September 2019 in einem abgelegenen Haus an dem Album gewerkelt. Wie habt ihr die Zeit zwischen den Aufnahmen verbracht? Hattet ihr bestimmte Platten, Bücher oder Spiele mitgebracht, die einen Einfluss auf euer Songwriting hatten? Oder habt ihr die Natur um euch herum genossen?
Ossi: Nun, das Schreiben des Albums hatte schon ein Jahr vorher angefangen, also mussten wir es nur noch aufnehmen, als wir im Haus angekommen sind. Das Haus lag inmitten eines Waldes in einer ländlichen Gegend mit einem kleinen See und einem Tennisplatz. Spazieren zu gehen oder zu schwimmen war die perfekte Möglichkeit, dem konstant-mahlenden Krach zu entfliehen, der das Haus den ganzen Tag gefüllt hatte. Zum Abendessen hörten wir klassische Musik oder etwas anderes, dass uns von den ganzen verzerrten GItarrren und lauten Drums abkoppelt. Und natürlich Wein. Wir haben sehr viel Rotwein getrunken.
minutenmusik: Eine eurer zuletzt veröffentlichten Singles ist der Americana-Song “Longer The Wait, Harder The Fall”. Wie verbindet ihr diesen Titel mit der Musikindustrie? Spürt ihr einen steigenden Druck, Alben zu veröffentlichen, um nicht vergessen zu werden? Versucht ihr, sowohl privat als auch als Musiker den aktiven Part zu übernehmen?
Ossi: Auch wenn sich in den letzten 15 Jahren einiges in der Musikindustrie geändert hat, ist sie immer noch, was sie war. Eine Macht, die deine Träume wahr werden lassen kann. Ein Rockstar zu werden ist schließlich das Traum eines jeden Kindes und das ist etwas, was die Industrie weiß. Wenn du neu darin bist und zu begierig, bist du am Arsch. Aber sie sind natürlich nicht alle böse.
Wir hatten immer die totale Freiheit, wenn es darum ging, wie und wann wir ein Album machen wollen.
Aber wir wissen auch, dass wir, wenn wir weiterhin touren und Musik machen wollen, es besser gut machen sollten und dafür keine zehn Jahre brauchen.
minutenmusik: Eure Erklärung des Albumtitels basiert auf der Dichotomie zwischen der soliden und sicheren Taschenlampe und der flackernden, aufregenden Flamme. Welche dieser Lichtquellen hat euch euren Weg zu dieser Platte geschienen? Habt ihr versucht, beide Elemente einzubeziehen?
Ossi: Ich würde sagen, die Flamme ist auf diesem Album präsenter; Einfach darauf bezogen, dass wir versucht haben, uns auf unseren Kern zu konzentrieren, anstelle etwas hinter unserem Horizont finden zu wollen, was unsere Intention hinter “Blood Jungle” war.
minutenmusik: Der epische Titelsong dreht sich um die Vergänglichkeit der gesamten Menschheit und der des Individuums. Wie nehmen die aktuellen Entwicklungen auf der ganzen Welt auf politischer und ökologischer Ebene Einfluss auf diesen eher pessimistischen Unterton? Hättet ihr diesen Song vor einigen Jahren noch anders geschrieben?
Ossi: Ich denke, ein Song ist in irgendeiner Art immer mit der Zeit verbunden, in der er geschrieben wurde und auch wenn du vielleicht gedacht hast, es gäbe keine Intentionen dahinter, die aktuelle Welt zu reflektieren, fällt es dir später doch auf, wenn du ihn wieder hörst. Worte verändern ihre Bedeutung und was du einmal als schönen Satz ohne große Bedeutung wahrgenommen hast, wird plötzlich zur Wahrheit. Es ist alles da, im Hinterkopf.
minutenmusik: “Echoes” arbeitet im Kontrast mit Streichern und arhythmischen Strukturen und redet darüber, aus vorherbestimmten Wegen auszubrechen. Hattet ihr Angst davor, euch mit eurem sechsten Album nur zu wiederholen? Was sind eure Strategien, um kreativ und aufregend zu bleiben?
Ossi: Um Inspiration zu finden, versuchen wir mit jedem Album, Dinge etwas anders zu machen. Wenn es um das Schreiben und Aufnehmen geht, setzen wir uns immer neue Regeln und versuchen, uns auf einige Bauteile zu begrenzen, die wir benutzen. Wir wussten, dass gemeinsam mit Mattias zu schreiben und nicht in einem klassischen Studio aufzunehmen sondern in einem Haus, etwas sein würde, dass uns Inspiration und ein ganz neues Gefühl sowie einen neuen Sound bringt.
minutenmusik: Der Sound des Albums reicht von breiten Arrangements zu Garage-Punk-Smashern wie “The Beat”. Auf welchen Song freut ihr euch auf der kommenden Johnossi-Tour am meisten? Habt ihr vor, manche Songs umzuschreiben, um live eine noch direktere Energie zu erschaffen?
Ossi: Ganz ehrlich, ich freue mich auf alle neuen Songs. Wir haben jetzt sechs Alben, aus denen wir auswählen können und eine gute Setlist zu machen, ist nicht so einfach, wie es aussieht. Wir versuchen immer, eine Vielfalt zwischen der großen Energie und der kleinen einzubauen. Aber nur so viel, dass es nicht zwischen jedem einen zu krassen Soundwandel gibt. Die Arrangements bleiben größtenteils gleich, aber wenn man Songs live spielt, entwickeln sie sich langsam zu etwas Neuem. Ich bin echt gespannt, wo diese neuen Songs enden werden.
Das Album “Torch//Flame” kannst du dir hier kaufen.*
Und so hört sich das an:
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English version:
minutenmusik: Can you remember the exact moment when you decided that you wanted to write this new album with a completely different mindset than “Blood Jungle”? How much influence had your producer Pelle Gunnerfeldt on this rather raw sound?
Ossi: Every time we decide to dig in to the challenge of making an new album we try to do it in some what of a different way then the last one. Blood Jungle was for us a way to force us out of our comfort zone so we teamed up with Astma & Rockwell who came from the urban side of the tracks so that we could meet up in the middle to create some thing we hadn’t done before. The moment we decided to bring in Mattias Franzén (out live keyboard player) in to the songwriting proses for Torch//Flame we also made a decision to use fewer elements and perhaps to take a step back to our origin. At this time Pelle Gunnerfeldt was working in the studio next to ours and we started talking about our next album. We then realised that the answer to the always so hard question of “who will produce the album” was right in front of us. He is and will always be the one when it comes to simply good sounding rock´n´roll and has an enormous input on how to record and play an instrument.
minutenmusik: You’ve written the album in an isolated house for the whole of September 2019. How did you spend the hours where you were not actively recording? Did you take any special records, books or games with you that may have influenced the songwriting? Or did you enjoy the pure nature that surrounded you?
Ossi: Well, the writing of the album started over a year earlier so when we arrived at the house it was only to record. The house was situated in the middle of the woods in the country side with a small lake and a tennis court. To go for a walk or a swim was a perfect way to step out of the constant grinding noises that filled the house through out the day. At dinner we would listened to classical music or something that made you disconnect from all the distorted guitars and loud drums that was ringing in our heads. And of course wine. We drank a lot of red wine.
minutenmusik: One of your previously released singles is the Americana-style “Longer The Wait, Harder The Fall”. How can you connect this title to the music industry? Do you feel a rising pressure to release albums in order to not be forgotten? Do you prefer to stay proactive in both your private lives and your lives as musicians?
Ossi: Even if a lot within the record industry has changed during the last 15 years, it still is what it was. A force that can make dreams come true. To become a rockstar is basically every kids dream and this is some thing that the industry knows. If you are new to it and too eager you will get fucked. But they are not all bad, of course. We’ve always been given total freedom when it comes to how and when we want to make an album, but we know that if we want to keep touring and making music to be heard, we better make it well and not 10 years apart.
minutenmusik: Your explanation of the album title is based on the distinction between the solid and secure torch and the more spontaneous and adventurous flame. Which of these light sources shone your way for this record? Did you try to incorporate both elements in the process?
Ossi: I would say that the flame is more represented on this album, simply based on the fact that we tried to look more within our core instead of trying to find something beyond the horizon, witch was more our intension when we made “Blood Jungle”.
minutenmusik: The very epic title track is concerned with the transience of mankind as a whole and of the self in particular. In how far did the current developments of the whole world on both the political and environmental level influence this rather pessimistic undertone? Would you have written the song differently some years ago?
Ossi: I think a song always is, in some way, relevant and connected to the time at witch it is was written and even thought there may not have been any intentions of reflecting on the world today it becomes obvious when you listen back to it. Words change meaning and what you, at the time, thought was just a beautiful fras, without any greater meaning, suddenly becomes the truth. Its all there, in the back of your mind.
minutenmusik: “Echoes” in contrast works with strings and arhythimic structures and talk about breaking out of predetermined ways. With your sixth album out, did you ever have the fear that you are only repeating yourselves? What are your strategies to remain creative and exciting?
Ossi: To find inspiration we always try to do things in a slightly different way with every album. When it comes to writing and recording we set up different rules and try to limit our selfes to what tools we would use. We knew that writing with Mattias and to not record in a traditional studio, but in a house, would be something that would give us not only inspiration but also a different feel and sound.
minutenmusik: The sound of the album ranges from broad arrangements to garage-punk-smashers like “The Beat”. Which song are you looking forward to the most for your upcoming tour? Do you plan to re-arrange some songs in order to create a more direct energy?
Ossi: Honestly, I look forward playing all the new songs. We now have 6 albums to pick from and to make a solid setlist is not as easy as it seems. We always try to keep the diversity between the high energy and the lower. Just as long as you don’t make too hard turns between every song. The arrangements pretty much stays the same, but when you’re playing the songs live a lot they tend to slowly morf themselves into something new. Im really looking forward to see where the new song will end up.
Rechte am Beitragsbild liegen bei Frederik Skogkvist.
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