Finally – jetzt ist es da! Nach ziemlich genau einem halben Jahr reicht Adam Lambert seinen finalen Longplayer Velvet nach, der im September mit Velvet: Side A einen Anfang fand. Wobei… streng genommen teasert der 38-jährige Sänger aus Indianapolis bereits seit Februar 2019 sein neues Werk an. Bereits zehn der insgesamt 13 Songs können gehört werden. Demnach ist für wirkliche Fans zum Release nicht mehr viel zu entdecken.
Aber so ist das eben in Zeiten von Spotify & Co KG. Letztendlich zählen einzelne Songs, die im besten Falle zu Hits werden und keine Alben. Umso schöner, dass alle Veröffentlichungen seit einem Jahr am Ende doch auf Velvet zusammengefunden haben (mit Ausnahme von „Believe“, einem Cover von Chers berühmten Titel). Wer nun laut Schema „Viele Köche verderben den Brei“ denkt, dass nach einem Jahr Releases kein stimmiges Gesamtbild herauskommen kann, wird schnell eines Besseren belehrt.
Denn wie wir bereits im September zur Veröffentlichung von Velvet: Side A gehofft und erwartet hatten (lest HIER nochmal unsere Kritik), steht nun ohne Zweifel das beste Album von Adam Lambert im Regal, das es bisher gibt. Velvet ist in sich schlüssig, liefert fast ausnahmslos Hits und hat jede Minute Zeit ausgekostet und genutzt, die es seit dem Vorgänger „The Original High“ (Juni 2015) brauchte.
Adam hatte sich irgendwie nie richtig gefunden. Sahen ihn am Anfang noch zig Produzenten und Komponisten im überdrehten Teenie-Pop-Rock, biss man sich dann an Dance-Beats die Zähne aus. Trotz zwei mittelgroßer Hits im vergangenen Jahrzehnt („Whataya Want From Me“, „Ghost Town“) hat es bei der breiten Masse mit dem Erfolg nie richtig geklappt. Auch als aktueller Queen-Interpret galt man stets als großer Sänger ohne einen eigenen bekannten Output.
Doch nun landet man da, wo einfach alles passt: im funkigen Pop mit 70s-Vibes. Die EP im November schaffte zwar nur Platz 148 (!) in den US-Charts, sollte aber im März 2020 mit voller Playlist den Sprung in die vorderen Reihen hinbekommen. Fünf der sechs EP-Tracks gefielen uns damals schon richtig gut und haben auch jetzt nichts an ihrer Qualität verloren. Zwar gibt es keine konsequente Velvet: Side B und auch die Reihenfolge der sechs Titel hat sich ein wenig verändert, doch geschenkt – nach den letzten Tönen zünden mindestens dreiviertel der 13 Songs auf Anhieb oder spätestens beim zweiten Hören.
Das zusammengesetzte Singles- und EP-Puzzle klingt in sich stimmig abgemischt. Ein Element schleicht sich durch die kompletten 45 Minuten Musik: saugute E-Gitarren-Hooks, die immer präsent sind, aber nie Adams Stimme dominieren. Irgendwo zwischen leichten Soundspielereien, einem treibenden Bass und viel Echo gibt der Opener „Velvet“ den Takt an und zeigt, dass man gegenwärtig in der Pop-Musik nicht auf gute Melodielinien mit Ohrwurmcharakter verzichten braucht. Refrains, die nicht nur aus einem Wort oder einer Punchline bestehen, sondern zum Mitsingen auffordern. Allerdings wird das mit dem Mitsingen häufig schwierig, zeigt Mr. Lambert einfach in vollster Weise seine schier unglaublichen Gesangsskills („Loverboy“, Closer To You“). Bock macht das Mitgrölen trotzdem.
Liebhaber von Old-schooligen-Genres werden ihren Spaß haben. Ein bisschen Bee Gees–Saturday Night Fever-Feeling hier, ein paar Michael Jackson– und Prince-Hommages dort. Egal, ob „Stranger You Are“ mit einem der stärksten Choruses, die es von dem American Idol-Zweitplatzierten je gab, „Roses“ und der genialen Kooperation mit Nile Rodgers, die nicht zufällig ein wenig wie „Get Lucky“ von Daft Punk feat. Pharrell Williams klingt oder das etwas futuristische „Love Dont“ – Highlights en masse, Ausfälle sucht man hingegen vergeblich. Lediglich bei „On The Moon“ hat man es mit dem Laid-Back-Beat etwas übertrieben und schleppt sich doch ein wenig zu langatmig durch die vier Minuten. „Feel Something“ als Rauswerfer ist die einzige Nummer, die dank Gospelchor einen Hauch dramatisch geworden ist, aber in dem Maße auch völlig erträglich und angenehm bleibt.
Adam Lambert ist Pathos, aber das gleichzeitig mit so viel Coolness und Talent, dass es sich bei Velvet bereits jetzt mit großer Sicherheit um eins der besten Pop-Alben des Jahres und gleichzeitig wohl um einen Geheimtipp handelt. Eine Hitdichte, die es selten gibt. Zusätzlich Gesangsakkrobatik und eine gelungene Mixtur aus Rock, Funk und tanzbaren Rhythmen. Play, listen and repeat!
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