Johnossi – Torch // Flame

Johnossi

Als Band mit einer 16-jährigen Karriere auf dem Buckel und einem Majorlabel-Deal in der Kralle mag es vielleicht etwas prätentiös anmuten, eine Lo-Fi-Kelleraufnahme in schwarz-weiß-Tönen als Cover zu wählen. Immerhin ist „Torch//Flame“ nun auch schon das sechste Album des schwedischen Duos Johnossi und als solches weit von den Kellerräumen junger Gitarrenbands entfernt. Im Gegensatz zum doch sehr poppigen Vorgänger „Blood Jungle“ haben sich John Engelbert und Oskar „Ossi“ Bonde nun aber die Rückkehr zu den Rock-Wurzeln auf die Fahnen geschrieben. Ein Vorhaben, das man so von vielen Bands in ihrer späten Karriere kennt – ziemlich genau so lief es schließlich zuletzt bei Mando Diao auf  „Bang“. Johnossi meinen es aber ziemlich ernst, was zum einen die Wahl des Produzenten Pelle Gunnerfeldt  (The Hives, Refused, Viagra Boys), zum anderen der Aufnahmeprozess in einem zurückgezogenen Haus am See beweist. Dem großen Songwriting-Talent der beiden sei es gedankt, dass dieser Ansatz mal wieder auf äußerst fruchtbarem Boden sprießen kann.

Von kalter Technik und warmer Nostalgie

Langweilig wird es einfach nicht mit den beiden. Weder live, noch auf Platte. Den doch recht simplen Kerngedanken ihres Schaffens spiegelt der Albumtitel mit dem Gegensatz aus Taschenlampe und Flamme wider. Das eine Licht ist kontrollierbar, erhellt auch weite Fernen, bleibt konstant, während das andere ungezügelt ist, aber eben auch Wärme spendet, für Zerstörung oder Behaglichkeit sorgen kann. Engelbert und Bonde sind sich einig: Aus dieser Dualität bestünde der Kern des Lebens; zwischen Sicherheit und freiem Raum zur Entfaltung könne sich der Mensch der Postmoderne erst wirklich selbst finden. Mit dem ersten Blick durch die schnell angeworfene Taschenlampe mag „Torch//Flame“ dann auch recht unbeeindruckend wirken, keine Struktur oder Melodie schreibt den Rock-Kanon komplett neu, kein einzelner Song sticht aus der breiten Masse an Veröffentlichungen hervor. Doch Johnossi geben der Hörer*innenschaft ja direkt das richtige Werkzeug in die Hand: Mit der nostalgischen, flackernden Flamme erzeugt jede Kerbe auf der oberflächlichen Songstruktur für Überraschungen, wird der rohe Kern hinter dem ganzen Album erst in seinem ganzen Potential erfasst.

Ein beherzter Griff in die große Rockpalette

Neun Songs sind es dieses Mal geworden, dafür gibt es weder Interludes noch Filler, sondern eben das, was der Band bis heute Auftritte in recht großen Hallen sichert: Hits. Aus dem breiten Angebot kann man sich gleichermaßen einen Favoriten herauspicken, aber auch der ziemlich energetischen Dramaturgie des Albums als Ganzes folgen. Grundlegend wird es nie so dramatisch aufgeladen wie auf dem Vorgänger, doch gerade der Titeltrack hievt sich im erhabenen Refrain in luftige Höhen, ähnlich groß wird es auch bei „Heavens (Then We Begin)“, der sich an Bruce-Springsteen-Vibes orientiert, sich mit viel Zeit und Raum vollends entfaltet. Ansonsten wird aber auch klanglich dem Versprechen des Covers nachgekommen, ob im Alternative-Sound der Marke Beatsteaks des Openers „Hot Thoughts“, dem überraschend punkigen „The Beat“ oder dem arythmischen, von schrägen Streichern angeheizten „Echoes“. Die Spielfreude hört man den quietschenden Gitarren von „In Your Eye“ genau so an wie dem monolithischen Refrain von „CCCcowboys“, der erst dem aufpeitschenden Schluss des Songs den Teppich ausrollt. Mit „Longer The Wait, Harder The Fall“ hat sich dann sogar noch ein recht ahnsehnlicher Americana-Hit auf das Album der Schweden geschlichen. Vielleicht hängt es am Ende dann auch davon ab, wie wohlwollend man sich seine Lichtquelle für dieses Album aussucht. „Torch//Flame“ macht jedenfalls ohne etwas Neues zu wagen, dennoch eine ganze Menge richtig – und vor allem Spaß. Im Scheinwerferlicht der kommenden Tour werden die Stücke ohnehin wieder für ausgelassene Tänze auf beiden Seiten sorgen.

Das Album „Torch//Flame“ kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Johnossi live 2020:

  • 20.03. Felsenkeller, Leipzig
  • 22.03. Muffathalle, München
  • 25.03. Batschkapp, Frankfurt
  • 27.03. Columbiahalle, Berlin
  • 28.03. Carlswerk Victoria, Köln
  • 29.03. Skater’s Palace, Münster
  • 31.03. Große Freiheit, Hamburg

Rechte am Albumcover liegen bei BMG/ADA.

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