Das Zuhause ist ein wichtiger Ort. Der Berliner Rapper Ahzumjot hat diesem gleich ein ganzes Projekt, sein Playlist-Album „Raum“, gewidmet. Diese Album, benannt nach einem besonderen Zimmer in seiner Wohnung, in dem er seine Musik produziert und aufnimmt, bringt der gebürtige Hamburger nun in die deutschen Clubs und bietet den Gästen dabei immer ein kleines Stück Zuhause. Ein Erklärungsversuch.
Bevor Ahzumjot die Bühne des bereits Wochen vorher ausverkauften Club Bahnhof Ehrenfelds betritt, darf BLVTH seinen knalligen Autotune-Pop auf den bereits vollen Saal loslassen. Schon hier zeigt sich das Publikum äußerst offen und nimmt den Wahlhamburger dankend auf. Als dann einige Minuten später das Licht ausgeht, ertönt eine computeranimierte Frauenstimme, die die Regeln des Abends erläutert. Es soll sich heute jeder wohl fühlen! Deshalb sollen die Handys bitte in der Tasche bleiben, zerbrechliche Menschen sich wegen des wilden Moshpits bitte an die Seite und nicht in die erste Reihe begeben, im Moshpit soll aufeinander Acht gegeben werden und – achja! – keine Handys!
Unterlegt von den Klängen des sphärischen Intro des „Raum“-Albums entert Ahzumjot, anfangs noch im stylischen Pulli, dann in T-Shirt und später Oberkörperfrei, darauf die Bühne. So atmosphärisch bleibt es nicht lange. Sein Tour-DJ Lev faded den Track aus und das Intro von „Geier“ erklingt. Das erste von vielen Löchern im Publikum öffnet sich und als der Beat droppt, winden sich etliche Menschenkörper aufeinander zu. Auch die folgenden Tracks fallen sehr tanzbar aus. Mit „Stunten“ und „Schwör’s Mir“ wird es kurz darauf aber das erste Mal ruhiger. Erstaunlicherweise schafft es die Menge hier größtenteils ruhig zu bleiben. Auch an das Handyverbot wird sich meistens gehalten. So zieht sich dieser Kontrast zwischen Abgehpassagen, in denen der Moshpit brodelt, und nachdenklicheren Stücken, in denen Lev sein wahres Talent an den Keys zeigen kann, durch den knapp 90-minütigen Abend. In der Zugabe steht dann auf einmal der Lokalheld LGoony für seinen Feature-Part im Rap-Kracher „Helene Fischer“ auf der Bühne und einige Minuten später feiern Crew, Supportact, Feature-Gast und Ahzumjot gemeinsam zum Outro von „Gut In Der Nacht“, es fliegen Kappen, T-Shirts und Sektkorken.
Spätestens da fühlt sich die ganze Angelegenheit auf einmal wieder unglaublich familiär an. Schon vorher gibt sich Ahzumjot fannah, kümmert sich darum, dass verlorene Handys ihren Weg zurück zu ihren Besitzern finden und geht auf Zurufe ein („187!“). Die Menge nimmt den Rapper so herzlich auf, dass sich die Show fast wie ein Heimspiel anfühlt. Immer wieder erklingen „Ahzumjot“-Chöre, der Applaus ist laut, die Moshpits riesig. Verlässt man später den Club, muss einem bewusst werden, dass der Wahlberliner erst am Anfang von etwas viel Größerem steht. Zu gut ist er, um so klein zu bleiben, zu intensiv und gleichzeitig musikalisch wertig sind seine Live-Shows, zu enthusiastisch seine Fans.
Und so hört sich das an:
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Foto von Jonas Horn.
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