Barbara Schöneberger gehört mit ihren 44 Jahren nicht mehr zu den Jüngsten im deutschen TV. Tatsächlich hat es bei der Münchnerin auch vergleichsweise lange gedauert, bis ihr die ganz großen Shows zugeteilt wurden. Im laufenden Jahrzehnt hat sie aber sowohl mit der “Echo”-Verleihung (muhaha), dem Adolf-Grimme-Preis, diversen “Eurovision Song Contest”-Veranstaltungen und dem “Bambi” ohne Zweifel ihren Höhepunkt erreicht. Und wie das so ist, wenn der wirkliche Erfolg kommt, wird das Image auf die Spitze getrieben und man wird gern mal zur Karikatur. Ob man nun den „Haha, ich bin ja so dick und etwas dösig“-Stil mag oder nicht, sei jedem selbst überlassen. Darum soll es hier ja auch gar nicht gehen.
Stattdessen veröffentlicht die Gute bereits ihr viertes Studioalbum. Die ersten drei charteten eher mittelmäßig und erlangten maximal die Top 30. Eine Single schaffte es für einige Wochen in der Top 100 mitzuspielen, das war’s dann aber auch schon. Der Sidekick als Sängerin scheint also nur mäßig zu fruchten. Dank der steigenden Fernsehpräsenz ist da doch aber bestimmt noch mehr drin, wenn man nur die passenden Knöpfe drückt. Diese wurden nun auch gefunden – und zwar in Form des überaus erfolgreichen Produzenten- und Songwriter-Duos Peter Plate und Ulf Leo Sommer. Namen schon mal gehört? Peter Plate war über 20 Jahre Mitglied der Band Rosenstolz und tobt sich seit der vermeintlichen Pause in unterschiedlichen Projekten aus. Sein Ex-Mann Ulf Leo Sommer ist zwar privat nicht mehr an seiner Seite, aber beruflich nie von ihm gewichen. So gehen auf deren Kosten nicht nur sämtliche Erfolgsgaranten von Rosenstolz, sondern auch der Ausnahmeerfolg „Muttersprache“ von Sarah Connor und sämtliche Soundtracks der „Bibi & Tina“-Reihe. Da gibt es doch bestimmt auch das ein oder andere Schmankerl für Frau Schöneberger, oder?
Dass hier gesanglich wenig los ist, überrascht wohl niemanden. Die klare Stimme im Mezzosopran von Barbara Schöneberger ist dünn, verfügt über eine überschaubare Range und klingt ein wenig lasziv. Aber das allein stellt kein Problem dar – immerhin gibt es einige wirklich gute Leute im Chansonbereich, die technisch nicht wirklich begabt sind, aber durch ihre Einzigartigkeit im Klang oder ihrer besonderen Darbietung wirken. Annett Louisan ist ein Positivbeispiel. Leider bietet „Eine Frau gibt Auskunft“ wenig davon.
Es ist wirklich erschreckend, was hier teilweise abgeliefert wird. Beginnen wir mal bei sehr objektiven Fakten: Das Booklet hält alle Songtexte bereit. Diese haben manchmal Kommas, manchmal nicht. Besonders schön ist es, wenn das Komma vergessen wurde und dann direkt „dass“-Sätze misslingen. Beispiel? „Auch cool das deine wunderschöne Freundin erst 23 ist“ („Happy Patchwork Family“). Wow! Das tut echt weh. Generell ist besonders textlich zwischenzeitlich Fremdscham angesagt. „I’m happy for your patchwork family (…), ich freu‘ mich, freu‘ mich, freu‘ mich, freu‘ mich, aber nicht für diese blöde Bitch“. Wer hat gesagt, dass Anglizismen das ganz große Ding sind? Ja, natürlich können die funktionieren – aber bitte gut dosiert und nicht so gezwungen humoristisch, dass es einfach nur spießig und altbacken wirkt.
Weitere schöne Textzeilen sind „Du geiles Ding“ („Knick in meiner Biographie“), „Baby, Baby, Baby, Baby, Baby – du willst es doch auch – kein Sex – wir zwei auf der Couch – kein Sex“ („Du willst es doch auch“) oder „Ich hole meine Brüder und die machen dich dann platt, ich sag‘ es meiner Mutter und die sagt es dann deiner“ („Der blonde Engel“). Sorry, aber das geht einfach gar nicht. Gar nicht.
Musikalisch werden alle Register gezogen. Chanson, Swing, Country, Calypso, Ballade im 3er-Takt. Das klingt gehäuft nach WDR4, ist aber instrumental noch völlig in Ordnung. Ganz bunt gemischt, ohne große Überraschungen. Anecken will die Barbara nämlich auf gar keinen Fall! Stattdessen auf Teufel komm raus jedem so richtig gut gefallen und ganz schön ulkig-lustig sein. Der Humor wirkt dabei wie ausgelutschte Instagram-Memes, die aneinandergereiht werden und bestimmt auch den einen oder anderen Ü50er zum Grinsen bringen, der eben dort kein Profil hat. Auch Melodien, die im Refrain maximal drei Töne vorweisen können, nerven auf Dauer durch ihre Einfältigkeit.
Zum Glück gibt es dennoch einige wenige Momente, in denen man einfach mal nicht probiert hat, lustig zu sein. Und Obacht – dann geht das irgendwie klar. Das träumerische-naive „Das beste Date seit Jahren“ malt schöne Bilder für utopische Rendezvous, „Mein Goldfisch und ich“ erweckt ein wenig Mitleid, beschreibt triste Monotonie und kann im richtigen Moment auch berühren. Das Highlight zeigt sich in „Mädchen, mein Mädchen“, in dem kein einziges Mal das Wort „Ich“ vorkommt und stattdessen vor falschen Männern gewarnt wird. Dazu ein schönes Piano und Streicher. Top.
„Eine Frau gibt Auskunft“ könnte kaum schrecklicher starten. Ab der Mitte bekommt unsere Babsi die Kurve und schraubt mal eine Spur zurück. Weniger Hysterikeralarm, mehr erzählerische Dichte. Offensichtlich haben auch Peter Plate und Ulf Leo Sommer ein wenig vergessen, was für Talent sie ansonsten besitzen. Im letzten Song singt die Protagonistin „Und wenn ihr euch fragt, warum ist die noch hier? Ich bin wie ein lästiger Fleck“. Ganz so schlimm ist es nicht, aber das Auge wird nur einmal zugedrückt.
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