Editors, Warsteiner Music Hall, 18.11.2018

Musik verbindet. Über alle Grenzen hinweg. Genau deswegen betreiben so viele Leute Musik in jeder Form als große Leidenschaft, genau deswegen sind Konzerte im digitalen Zeitalter gefragter denn je. Diese unbeschreibliche Macht lässt schnell vergessen, dass hinter den Tönen, Takten und Melodien immer noch Menschen stehen – denn Musik ist doch irgendwie größer als die Erzeuger*innen hinter den Instrumenten. Perfektes Beispiel: die Editors.

Auf ihre Tour zum aktuellen Album „Violence“ begleitet die britische Band das isländische Kollektiv Vök. Die Auswahl passt wie die Faust aufs Auge: die vier Musiker*innen spielen breitflächigen Synth-Pop, der immer wieder in hämmernde elektronische Beats übergeht. Auffällig sind die soundtechnischen Überschneidungen zu großen Acts wie Björk, Tash Sultana oder Chvrches. Wenn sie die Live-Energie auch bei ihren zukünftigen Auftritten und auf den Alben durchhalten können, sollten sie ohne Frage in nächster Zukunft selbst eine große Fanbase an Land ziehen können.

Um knapp 20.25 ertönt ein Remix eines Editors-Songs, Punkt 20.30 verdunkelt sich die Halle und es kann losgehen. Für einen so großen Act doch recht früh, aber wer schon einmal in der Warsteiner Music Hall war, weiß, dass die Halle nur bis 22 Uhr bespielt werden darf. 90 Minuten hat die Band nun also Zeit – und sie haben gigantische Pläne. Ganze 21 Songs werden nun auf das Publikum einprasseln – bei so einem straffen Programm bleibt nicht viel Zeit für Spielereien oder ewig ausufernde Instrumental-Soli. Stattdessen liefern die Musiker ab. Jeder Song ist eine Hymne, überlebensgroß. Die Synthesizer und Bässe reißen einen unweigerlich mit, der Gesang ist so voller Pathos und Dramatik, dass man kaum glauben kann, wie Menschen so viel Energie und Gefühle jeden Tag überliefern können. Sänger Tom Smith windet sich unter den Takten, spürt jedes Wort, zeichnet Töne in die Luft, gleitet in komplette Ekstase. Der Rest der Band spielt das Set ungemein professionell. Ab und an wird tonlos zum Mitklatschen aufgefordert. Die Songs des aktuellen, von vielen als „zu poppig“ bezeichneten, Albums „Violence“ reihen sich hervorragend neben alte Hits ein. Dabei reißen „Magazine“ oder“Hallelujah (So Low)“ die Menschen in die Lüfte, „Cold“ oder „Ocean of Night“ schwingen die Pathos-Fahne und überwältigen mit der Intensität der Gefühle. Was ebenfalls überwältigt, wenn auch nicht unbedingt positiv, ist die Lichtshow. Atmosphärisch ist sie zwar allemal geworden, jedoch hätten 5 Stufen weniger es auch getan. Die Hinweise für Epileptiker*innen sollten heute besonders groß gedruckt werden. Erst gegen Ende des Sets spricht Smith seinen ersten ganzen Satz – „Vielen Dank, dass ihr alle an einem Sonntagabend Zeit für uns gefunden habt“. Keine großen Sprüche á la „Bestes Konzert der Tour“ oder Versuche, eine Fannähe zu suggerieren. Aber das würde der Musik auch einfach nicht gerecht werden. Es scheint, als wäre die Band selbst überrumpelt von der Größe ihrer eigenen Songs, als würden sie doch ohnehin nichts mehr zu diesen epischen Stücken hinzufügen können.

Um 22 Uhr muss Schluss sein, eigentlich sollte noch „The Racing Rats“ gespielt werden, aber um noch den größten Hit unterzubringen, muss die Band diesen überspringen und geht direkt in das schwungvolle Finale von „Munich“ über. „I’m so glad I found this“ singt das Publikum der Band entgegen, tausende Hände recken sich den Musikern entgegen – sie alle spüren jedes Wort und meinen es genau so. Denn wie könnte man nicht froh sein, genau diese Band gefunden zu haben? Sie überliefern Musik, die verbindet, Musik, die viel größer ist als das, was die Musiker als Personen selbst abbilden können und wollen. Und genau das macht die große Macht der Musik aus.

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=IErd07yfY-4

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Editors live 2018:

  • 20.11.2018 Kultur und Kongresszentrum Liederhalle Stuttgart
  • 21.11.2018 Batschkapp Frankfurt
  • 22.11.2018 E-Werk Erlangen

Beitragsbild von Julia Köhler.

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