Michael Bublé, König-Pilsener-Arena Oberhausen, 06.11.2019

Auch die größten Stars sind vor Schicksalsschlägen nicht gewappnet. Im Falle von Michael Bublé zeigt sich mal wieder, dass viel Reichtum nicht vor Krankheit schützt. Zwar geht es dem 44-jährigen Kanadier selbst gut – dafür erkrankte sein ältester Sohn im Kindergartenalter an Krebs. Das warf den Sänger so aus der Bahn, dass schnell von großem Abschied die Rede war. Es wurde sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und erst nach und nach wieder aufgetreten. Mit „Love“ erschien aber vor genau einem Jahr ein weiteres Album, das unterstreichen soll, dass ohne Liebe die Welt verloren ist. Ein paar Hits aus dem neuen Werk plus viele Klassiker gibt es aktuell auf Tour – unter anderem am 6.11. in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen. An Evening with Michael Bublé.

Die Halle ist bis auf wenige Plätze komplett besetzt. Ein Großteil der Gäste hat sich etwas fein gemacht – immerhin steht heute Swing und Jazz auf dem Programm. Und: ein 34-köpfiges (!) Orchester. Das sieht man bei Popshows (letztendlich ist auch Michael Bublé irgendwo Pop) selten bis nie. Doch bei Ticketpreisen von bis zu 300€ kann man auch etwas mehr erwarten. Neben dem Orchester gibt es selbstverständlich einen Dirigenten, drei Backgroundsänger und Bublé himself.

Ohne Vorband startet die Show relativ pünktlich. Um 20:12 geht das Licht aus und es wird schnell deutlich, dass hier musikalisch heut ordentlich aufgefahren wird. Der Tontechniker braucht zwar einige Minuten, um alle perfekt zu pegeln, doch dann stimmt der Sound bis zum letzten Song. Zumindest bei den Instrumentalisten. Bei Bublé stimmt leider nicht alles.

„Feeling Good“ dient als Opening. Einer seiner größten Hits, der auch direkt mit großem Applaus versehen wird. Bublé fährt auf der halb offenen Bühne, bei der die Musiker auf mehreren Stufen angesiedelt sind, nach oben und kehrt anschließend über Treppen zum Publikum nach unten. Perfekt gekleidet in einem marineblauen Anzug mit schicker Krawatte und charismatischem Lächeln. Rein optisch können ihm viele im Publikum nur schwer widerstehen, wollen ihn anfassen oder ein Foto. Doch mit ein wenig Abstand fällt auf, dass sich schon bei dem ersten Song mehrere Töne dazwischen befinden, die schlichtweg nicht ganz richtig sind. Bublé mogelt sich durch die Nummer und lässt fast alle anspruchsvollen hohen Töne weg, ist sogar rhythmisch hier und da knapp daneben. Ok!? Warum das? Ist da jemand erkältet?

Nach zwei Songs begrüßt er das Publikum. Erkältet klingt er beim Reden so gar nicht. Dafür unverkennbar: wenn er eins kann, dann moderieren. Selten bekommt man so viel Sympathie, Humor und Charme in Bestform. Bublé ist unglaublich witzig, hat elegante Moves drauf und ist gleichzeitig sowohl sehr dankbar als auch fannah. Er klatscht unzählige Besucher ab, nimmt zigmal Handys in die Hand, um Selfies von sich zu machen, holt ein Kind zum Tanzen auf die Bühne, singt „Muss i denn zum Städtele hinaus“ und nennt Deutschland sein liebstes Land zum Performen. Perfektion at it’s best. Man muss wirklich lange überlegen, wer zuletzt so cool, lässig und gekonnt durch sein eigenes Programm führte.

All das passiert auf einer ebenso gigantischen Bühne, die neben dem Sitz fürs Orchester, das an eine Art Schiffsrumpf erinnert, einen langen Steg bietet, um auf einer B-Stage weitere Titel zu präsentieren. Der Steg ragt fast bis ans andere Ende der Halle, was auch Bublé bemerkt. Jeder wirkt, als sei er räumlich ganz in seiner Nähe, sagt er. Dazu gibt es fünf Bildschirme: zwei vorne an der B-Stage, zwei hinter dem Orchester und einen runden vor dem Orchester, der je nach Bedarf auf- und abfährt. Nicht zuletzt sorgen hunderte von Lichtern und Strahler für wunderschöne warme Farben und zaubern einfach eine stilvolle, schicke Atmosphäre, die einzunehmen weiß.

Doch was ist da bitte mit dem Gesang los? Bublé möchte die Fans, die er nur ungern Fans, sondern viel lieber Freunde mit einem besonders guten Musikgeschmack nennt, sehen und zum Mitmachen auffordern. Dabei macht er es den Tontechnikern extrem schwer, wackelt er doch außerordentlich viel mit dem Mikrofon herum. Ist das Unachtsamkeit oder eine Taktik, um über nicht ganz saubere Töne hinwegzutäuschen? Viele Stellen sind auch akustisch nicht gut zu vernehmen, wirken nuschelig. Besonders spannend wird es, wenn bei einigen Titeln dann doch plötzlich alles makellos klingt, keine Patzer passieren und der Sound perfekt ausgesteuert ist. Beispiele dafür sind „Love You Anymore“, „Forever Now“ oder „Always On My Mind“ – ob das alles so 100% live ist? Der Kontrast ist doch ein wenig auffällig.

Trotzdem macht die 115minütige Show Spaß und unterhält gut. Die Setlist erfüllt alle möglichen Wünsche (mit dabei: „Home“, „Cry Me A River“, „Sway“, „Everything“ und mehr) und bekommt bei „You Never Can Tell“, bekannt aus „Pulp Fiction“, auch einen Song, indem das ganze Publikum ausgelassen mittanzt. Ein wirklich einschneidender Moment geschieht apropos bereits bei der ersten Rede. Bublé erwähnt, dass Deutsche fußballvernarrt sind und bestimmt auch Oberhausen einen tollen Verein zu bieten hat. Sein Lieblingsverein sei Duisburg. Daraufhin gibt es einige Buhrufe. Als kleine Retourkutsche überlegt er sich spontan, die Gäste an der Nase herumzuführen: er kündigt niemand geringeren als Ed Sheeran als Überraschungsfeature an, der dann doch nicht kommt. Das Publikum schreit sich die Seele aus dem Leib und schaut anschließend dumm aus der Wäsche. „Ungefähr so fühlte sich grade für mich euer Buhen an“. Wie gesagt, entertainen kann er. Und einiges mehr. Lediglich der Gesang war nicht das Gelbe vom Ei, was das Fazit zur Show ein wenig ambivalent ausfallen lässt.

Und so hört sich das an:

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Bild von Christopher.

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