Auch in der sechsten Runde klingt Amy Macdonald unverkennbar. Man könnte von einem Signature Move sprechen – oder auch ein bisschen von mangelnder Kreativität. Is This What You’ve Been Waiting For? Das muss jede*r am Ende für sich selbst entscheiden, aber so richtig lebensverändernd ist das Album wohl nicht.
Auch wenn zwischen ihrem Drittwerk “Life In A Beautiful Light” (Juni 2012) und dem vierten Longplayer “Under Stars” (Februar 2017) fast fünf Jahre lagen, mussten Fans sich für den neusten Output sogar noch einen Monat länger gedulden. Wie bei vielen Acts war auch “The Human Demands“, das im ersten Corona-Herbst erschien, natürlich schon vor der Pandemie fertig und konnte so den trüben Tagen daheim einigen frischen Wind einpusten. Das klang zwar im Sound genauso wie alles, was die fast 38-jährige Schottin so zuvor machte, hatte aber besonders in den Melodien wieder ein gutes Händchen. Sowieso ist es einfach verdammt schwer, was man als Fan eigentlich will: Das, was man kennt und liebt? Eine Weiterentwicklung? Einen richtig mutigen Schritt und eine ganz neue Seite? Wahrscheinlich ist es am Ende die goldene Mitte von allem. Is This What You’ve Been Waiting For? macht das in Maßen sogar richtig gut, im großen Ganzen bleibt dann aber doch zu viel bei Schema F, das nun einfach seit 18 Jahren immer etwas zu ähnlich abgespult wird.
Das größte Positivbeispiel für eine frische Edition von “Oh cool, das ist Amy Macdonald, oder?” ist das treibende “Can You Hear Me?” mit fast schon Indie-Rock-artigem Stadion-Chorus. Das ist ziemlich tanzbar und durch die zackigen Drums äußerst spaßig. Hat was von einem Ritt durch die Prärie. Auch der albumnamensgebende Opener, der im Intro sogar Synthie-Spielereien zulässt, hat diesen klassischen Amy-Sound mit vielen erschlagenden Folk-Rock-Schichten und Mitsing-Hook.
Diesen beiden starken Tracks gegenüber steht das völlig austauschbare “I’m Done”, das so vertraut klingt, dass man nicht weiß, ob es einen nun als erstes an “Let’s Start A Band” oder doch eher an “A Wish For Something More” erinnert. Gleiches gilt für “Forward”, das dann auch noch textlich underwhelmed (“We just keep moving forward, I keep moving away from all the dark in my light.”) oder für den Country-Off-Beat in “We Survive”.
In dem nostalgischen Blick nach Hinten sowie nach Vorne namens “The Hope” kommt durch Klavierklänge und einiges an Sphärik das einzige Mal richtige Intimität auf. Ganz besonders die hervorragende Bridge ist für rund 15 Sekunden fast schon das Highlight des Albums – bis das krasse Potenzial an den immer wieder gleichen Beat verschenkt wird. Das ärgert wahnsinnig, auch wenn der Song im Gesamtpaket überdurchschnittlich wirkt. Wenn selbst ein schön rein gemischtes Xylophon aufhorchen lässt (“Trapped”), weil es ansonsten an Überraschungen mangelt, ist das Verärgerung im Kleinen. Gen Ende gibt es mit dem minimal elektronischen “Physical” einen ganz hübschen Melodiebogen im Refrain.
Amy Macdonald wagt Experimente in Schoko-Bon-Größe. Klar, besser als gar nicht. Aber so oft kann man erahnen und sich vorstellen, dass mit etwas mehr Varianz aus solidem Songwriting richtig gute Singer/Songwriter-Folk-Hymnen entstehen könnten. Die gab es schließlich besonders bei den ersten beiden LPs auch. Is This What You’ve Been Waiting For? Nee, irgendwie nicht. Kein einziger Song reißt hier eindeutig nach oben oder unten aus. Das ist absolut nicht schlecht, aber gibt ihrem selbst erschaffenen kleinen Kosmos leider kaum neue Facetten. Und die sind absolut überfällig.
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