Angel Du$t – Pretty Buff

Angel Du$t - Pretty Buff

Am ersten Februar 1994 veröffentlichten Green Day „Dookie“, ihr drittes Studioalbum, das Punk-Rock auf den Kopf stellen und sich millionenfach verkaufen sollte. Das eine Lager, die Anhänger der alten Schule, bekam sich vor Empörung gar nicht mehr ein und verzweifelte fast an der Frage, wie eine solch wichtige Band aus der eigenen Szene sich derart einem Major-Label anbiedern könne. Das Trio durfte wegen seines damals gerade geschlossenen Major-Deals mit Reprise Records deshalb zukünftig unter anderem nicht mehr im legendären Punk-Schuppen 924 Gilman Street auftreten. Auf der anderen Seite öffnete die verspielte Zugänglichkeit des so erfolgreichen Langspielers das Sparten-Genre Punk-Rock für Generationen neuer Fans und katapultierte die Kalifornier von den Clubs weltweit in Arenen. Knapp 25 Jahre später ist das Genre deutlich weiter und solch engstirnige Grundvorstellungen von Musik herrschen kaum noch vor. Trotzdem lässt gerade eine Band, die aus dem nicht selten heute auch noch eher musikalisch konservativen Hardcore kommt, den Spirit eines der wohl spannendsten Punk-Rock-Alben der Musikgeschichte wieder hochleben: Angel Du$t aus Baltimore, die unter anderem Mitglieder von Turnstile und Trapped Under Ice vereinen.

„Pretty Buff“ heißt das erste Album des Quintettes bei Roadrunner Records, einem zu der Warner Music Group gehörenden Unterlabel, und stellt somit ebenfalls den Major-Erstling von Angel Du$t dar. Auf dem öffnen sich die Amerikaner, deren Mischung aus Punk-Rock und Hardcore sich bislang in doch eher unkonventionellen Zweiminütern entlud, immer mehr auch melodiöseren Songs, greifen dabei jedoch nicht allzu sehr in die Hitkiste, wie es Green Day damals Mitte der 90er-Jahre taten. Was „Dookie“ und „Pretty Buff“ jedoch bis in die letzte Ecke eint, ist die kindliche Verspieltheit und Offenheit neuem gegenüber.

Bereits „No Fair“ bereitet den Weg, den die dreizehn zwischen zwei und drei Minuten andauernden Stücke einschlagen. Das Drumming ist reduziert, die Melodien fressen sich in die Gehörbahnen, die Gitarren haben einen leichten Western-Anstrich, dürfen auch mal sehr clean daherkommen. „Big Ass Love“ holt schon wenig später die Rock’n Roll-Keule heraus, lässt die Fäuste in die Höhe schnellen und macht mit seinem verspielten Drum-Solo einfach nur Spaß. Auch im Verlauf der knapp 40 Hörminuten spielt das Schlagzeugspiel von Turnstile-Klopper Daniel Fang immer häufiger eine tragende Rolle in der Dynamik der Songs und treibt vor allem die flotteren Passagen, die es in Massen gibt, mit seinen markanten Fills an. So auch „On My Way“, das wie einige Angel Du$t-Songs mittendrin seinen Groove wandelt – auch „Want It All“, „Push“ und „Take The Pain Away“ können solche Stimmungswechsel vorweisen.

Selbst wenn die Texte es nicht immer vermuten lassen, so klingt das Songmaterial stets fröhlich und verbreitet gute Laune. Selbst die in den Raum geschmissene Aufforderung „Come on and take away the pain“ wird von Jazz-Saxophon unterlegt und klingt dadurch gar nicht mehr so dringlich. „Pretty Buff“ lebt von diesen vielen Kontrastmomenten, seien das die üppigen Start-Stop-Passagen, die Text-Musik-Diskrepanz, die nicht selten gewagt cleane Instrumentalisierung. Besonders bei letzterer wird Szene-Produzent Will Yip, der neben La Disputes „Rooms Of The House“ und Title Fights „Floral Green“ auch das Turnstile Major-Debüt „Time & Space“ produzierte, während der Arbeiten an dem Album seine Finger im Spiel gehabt haben. Dieses Überschreiten selbstgesetzter Grenzen und Konventionen – der Verzicht auf treibendes Schlagzeug, das Saxophon, die vielen auch sehr sauber klingenden Gitarren – schafft es den Sound von Angel Du$t zu festigen, noch mehr Substanz hinzuzufügen.

Schlussendlich strotzt „Pretty Buff“ vor der ähnlichen jugendlichen Spiellust und Leichtigkeit, die damals Green Days „Dookie“ transportierte. Die dreizehn flotten Punk-Rocker ziehen ihre Eingängigkeit aus dem deutlich zu erkennenden Indie-Einschlag, schielen jedoch niemals in Richtung Mainstream-Hörerschaft und erhalten gerade dadurch ihre unglaubliche Spannung. Punk-Rock hat sich viele Jahre kaum nach vorne bewegt und sehr wenige ordentliche Platten hervorgebracht. Angel Du$t ändern das. Hoch die Fäuste!

Das Album “Pretty Buff” kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Die Rechte für das Albumcover liegen bei Roadrunner Records.

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