Blackout Problems – Kaos [Doppel-Review]

Blackout Problems - Kaos

Da kaum eine Band in unserer Redaktion so heiß geliebt und diskutiert wird, wie die Blackout Problems, widmen wir uns den Münchenern nicht in einfacher, sondern gleich in zweifacher Ausführung. Hier unsere Doppel-Review:

Meinung Nummer eins: Die Blackout Problems haben 2016 mit “Holy” ein ziemlich starkes Debütalbum rausgebracht. Seit dem sind die Jungs unentwegt getourt und haben außerdem mit Moritz Hammrich an der Gitarre noch ein weiteres Bandmitglied dazu bekommen. Für die Nachfolgerplatte wurde sich in einen Keller verzogen und ganz versunken in der Abgeschiedenheit an “Kaos” geschrieben, welches am 15.06. über ihr eigenes Label Munich Warehouse erscheinen wird. 

Es wird die Perspektive gewechselt. Nachdem auf “Holy” der Blick von außen auf die Gesellschaft beschrieben wurde, wird dieses mal, wie das Cover bereits andeutet, ein Einblick ins Innere gegeben. Mit der Textzeile “Follow Me in to the Gutter“ des ersten Songs „How are you doing“ wird direkt ins Album und damit mitten in das Chaos hineingezogen. Und dabei geht es ganz schön ehrlich zu. Es geht um die Verzweiflung nach einen Trennung, Wut und emotionalen Extremen. Während der Großteil der Songs dieser sehr persönlichen Note folgt, ist „Sorrow“ hingegen ein Song, der hier heraussticht, da dieser eher politisch ist, was jedoch wiederum auf einer persönlicheren Ebene angegangen wird. 

Doch auch wenn sich der Blickwinkel geändert hat, ist es interessant zu sehen, dass es von den Wortfeldern, die benutzt wurden, einige Parallelen zu HOLY zu finden sind. Allerdings hat KAOS seine ganz eigene Klangwelt. Es ist weniger direkt und nach vorne preschend. Stattdessen klingt es wesentlich ruhiger und schleicht sich vielmehr langsam an, um diese vermeintliche Ruhe immer wieder aufzubrechen. Die Blackout Problems zeigen ihre Experimentierfreudigkeit gepaart mit einer so unaufgeregten Ehrlichkeit, dass der daraus resultierende Sound einfach großartig ist. Während die Texte wesentlich düsterer, aufbrausender und verzweifelter sind, ist die Musik ruhiger aber gleichzeitig durch Gitarren-Loops und stärker im Fokus stehenden Schlagzeugbeats individueller und teilweise auch tanzbarer geworden. 

Die Zeit, Ehrlichkeit und Hingabe, die in dieses Album geflossen sind, haben sich auf jeden Fall ausgezahlt! Es ist eine wunderschöne Platte geworden in der man sich verlieren kann, aber  gleichzeitig auch Mitschreien und alle aufgestaute Energie rauslassen kann. Und nach all der Verzweiflung wird man mit der letzten Zeile auf dem Album „I’m not scared of the future“ am Ende dann doch mit einem Funken Hoffnung entlassen. (Marie)

Meinung Nummer zwei: Nachdem man sich auf dem Debüt „Holy“ sehr auf Gesellschaftskritik konzentriert hatte, wagen die Münchener von den Blackout Problems auf ihrem Zweitling „Kaos“ den ungeschönten Blick nach innen und setzen ihrem Sound eine etwas facettenreichere Aufmachung über. Die steht dem oft sphärischen Alternative-Rock mit Post-Hardcore-Einschlag erstaunlich gut.

Der Opener „How Are You Doing“ schubst den Hörer jedoch erstmal in eine sehr vertraute Umgebung. Hier schwankt das Mittlerweile-Quartett zwischen Mitsing-Chorus und emotionalen Strophen inklusive Break, bevor im Outro ein Chor ausgepackt wird. Bereits der tanzbar, verstörende Titeltrack dreht dieses Bild jedoch komplett um. Statt Gitarrenriffs und krachigem Schlagzeug, steht hier ein Gitarrensample im Vordergrund, das sich fast durch den kompletten Song zieht und erst verschwindet, wenn das Stück gegen Ende bricht. „911“ verdreht dem Hörer daraufhin mit einer sehr homogenen Gitarrenmelodie den Kopf, die sich mantra-Ähnlich durch den kompletten Song zieht. Der Gesang von Frontmann Mario Radetzky arbeitet sich schmerzerfüllt durch die Strophen, bevor er im Refrain immer wieder „Sometimes it’s hard to tell the truth“ skandiert und der Song sich immer weiter bis zu seinem Höhepunkt am Ende hin aufbaut. 

Beim poppigen „Difference“ rückt darauf erstmals das vertrackte Schlagzeugspiel Michael Dreilichs, dessen Talent man diesmal mehr fördern wollte, in den Vordergrund. Der Song könnte mit seinem eingängigen, aber doch melancholischen Refrain fast schon als eine Hymne für die kommende Festivalsaison herhalten. Auf „Limit“ arbeitet die Band erneut mit Gitarrensamples. Auch hier kann man, wie bereits in „911“, erneut die tolle Melodieausgestaltung von Zweitgitarrist und Neuzugang Moritz Hammrich loben, die dem Sound eine interessante neue Dimension hinzufügt. Während das Tempo vor allem im Chorus von „Queen“ angezogen wird, treibt sich „Kontrol“ zwischen gelegten Akkorden und gepitchten Vocals herum. Auch „Sheep In The Dark“ darf im Refrain richtig nach vorne treiben, wohingegen das emotionale „Holly“ wieder die balladeske Seite des Quartetts zeigt. Die runtergepitchte Stimme in dessen Refrain verleiht ihm einen experimentelleren Charakter.

Während „Sorrow“ sich ganz langsam immer mehr bis zu seinem Höhepunkt schleppt, lebt das vertrackte „Gutterfriends“ nur so von seinen Höhen und Tiefen. Auch das sich ebenfalls steigernde Klavierstück „Charles“ – inklusive positivem Ausblick – arbeitet mit runtergepitchten Vocals. Diese Mischung aus Klavier-Ballade, Electronica-Elementen und Rock-Song funktioniert erstaunlich gut. Generell gelingt es den Blackout Problems auf „Kaos“ einen markanten, eigenständigen Stil zu finden. Konnte „Holy“ zwar unterhalten, wirkte auf Dauer aber fast schon zu homogen, so arbeitet man diesmal zwar mit einigen wenigen abstrakten Elementen, fügt den Sound dadurch aber in eine stimmige und passende Umgebung ein. „Kaos“ ist eine herrlich ehrliche und durchaus in neue Gefilde vordringende Rock-Platte.  (Jonas)

Das Album “Kaos” kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Blackout Problems live 2018:

13.06. – Görlitz, Vogtshof Festival
21.06. – Neuhausen ob Eck, Southside
23.06. – Scheeßel, Hurricane
06.–07.07 – Straubenhardt, Happiness Festival
13.07. – Haunetal, Haune Rock
14.07. – Witten, Wiesenviertelfest
20.07. – Düsseldorf, Goldmucke, Unter den Linden
22.07. – Cuxhaven, Deichbrand Festival
27.07. – Bausendorf, Riez Open Air
28.07. – Schrobenhausen, Noisehausen
03.08. – Elend, Rocken am Brocken
04.08. – Borkheide, Baum & Borke Open Air
09.08. – Eschwege, Open Flair Festival
19.08. – Karben, Karben Open Air
24.08. – Wirges, Spack Festival
08.09. – München, BR Startrampe

“Kaos” Tour:

02.11. – Zürich, Dynamo (CH)
10.11. – Hannove, Chez Heinz
14.11. – Leipzig ,Naumanns
16.11. – Wien, Chelsea (AT)
22.11. – Dresden, Groove Station
23.11. – Rostock, Peter Weiss Haus
24.11. – Osnabrück, Bastard Club
26.11. – Dortmund, FZW
01.12. – München, Technikum

Die Rechte für das Foto liegen bei Munich Warehouse.

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