Das Coverbild zeigt einen schwarzen Schäferhund vor erdrückender Düsternis. Der Titel ist der Name der Band selbst. Das Album das bereits fünfte in zehn Jahren Bandgeschichte, vier Jahre nach dem nächstjüngeren Geschwisterkind. In Pressebeilagen wird das augenzwinkernd in Bezug auf den Metallica Fünftling als das „schwarze Album“ der Die Nerven bezeichnet. So tief wie all diese Kontextinformationen und auch die ein oder andere Review zum Album anmuten, ist die Einkerbung in der doch einst gradlinigen Entwicklung der nahe Stuttgart zum Leben erweckten Band dann aber doch nicht.
An so mancher Stelle beschneiden und ergänzen Die Nerven ihren Sound. Hier kommt ein Streicherarrangement, dort ein Piano hinzu. Mal bleibt eine Abbiegung, die die Gitarre sonst unternommen hätte, aus. Generell: Die zuletzt liebgewonnenen Synthesizer verschwinden wieder. Diese feinfühligen Nachjustierungen aber täuschen nicht darüber hinweg, dass all jene, die urplötzlich von der künstlerischen Größe des Rocktrios schwärmen als habe das sich selbst mit Pirouette und Handstand als neues Wesen präsentiert, vor allem eines getan haben: Die Band verpennt. Das fünfte Album der Die Nerven ist nämlich weder nach unendlich langer Stillstandsphase entstanden (die Pause kam erst nach dessen Fertigstellung), noch bricht es das bisherige Schaffen seiner drei Erdenker in zwei.
Erhalten geblieben jedenfalls ist in den vergangenen vier Jahren vieles. Die Stakkato-Gitarren die Max Rieger einem in die Gehörgänge schrammelt wenn er nicht gerade weitläufige Melodielinien zeichnet. Die tiefgreifende Dynamik im Spiel von Schlagzeuger Kevin Kuhn, die so oft in den Hintergrund rückt, dass seine Kollegen über lange Zeit gar nicht so viel variieren. Die Harmonie im Zusammenspiel Kuhns mit den repetitiv-einnehmenden Bassläufen Julian Knoths. Und auch die Art, mit der Knoth und Rieger abwechselnd allerlei Poesie in die Mikrofone hauchen, spuken, brüllen, ist dieselbe.
Anders ist trotzdem etwas. Doch wenn es nichts Grundlegendes ist, was dann? Erstmalig haben Die Nerven ihre eigenen Songs auf die Probe gestellt, diese miteinander konkurrieren lassen und durch ein engmaschiges Sieb gejagt. Übergeblieben sind aus insgesamt 16 fertigen Songs schlussendlich nur zehn. Dem finalen Produkt ist das anzuhören. Bass, Gitarre und Schlagzeug rücken näher beisammen und komprimieren sich so sehr, dass Knoths und Riegers Gesänge gerade noch so in deren dichten Geflechten Platz finden. Die Stimmen der zwei aber nutzen jeglichen Spielraum und öffnen neue Melodieräume. Die Texte – mancherorts greifbarer, fast schon phrasig – außerdem sind so aktuell, dass es schmerzt („kalte Kriege, gestiegene Mieten“) und das, obwohl diese eigentlich bereits in Vorpandemiezeiten zu Papier getragen wurden.
Das „schwarze Album“ der Band ist zudem gerade so schlagkräftig, weil es keine Kompromisse kennt. Wenn es Akustikgitarren oder Streicher braucht, dann kriegt es sie. Wenn es einem Tempowandel bedarf, dann kriegt es einen solchen und aus Rock wird kurzerhand Punk. Wenn sich eine Zeile nach großer Melodie sehnt, dann bekommt sie diese – ganz ohne lästigen Ohrkleber. Und wenn der Sound eben nach Rototoms verlangt, dann bekommt er diese Portion Retro. Alles im Dienste des großen Ganzen. Diese Konsequenz tatsächlich ist neu im Schaffen der sonst oft spontan agierenden Die Nerven. Ein wichtiges Album für die Band. Ganz ohne tiefen Bruch.
Mehr Die Nerven gibt es hier. Hier gibt es ein Interview mit Schlagzeuger Kevin Kuhn zum “schwarzen Album”.
Hier (physisch) Hier (digital)kannst du dir “Die Nerven” kaufen.*
Hier gibt es Tickets für die Tour.*
Und so hört sich das an:
Facebook / Instagram / Bandcamp
Die Nerven live 2022:
13.10. JENA, KASSABLANCA
14.10. BIELEFELD, FORUM
15.10. KÖLN, GEBÄUDE9 (ausverkauft!)
19.10. ROSTOCK, MAU CLUB
20.10. MAGDEBURG, MORITZHOF
21.10. BERLIN, HUXLEYS
23.10. DRESDEN, GROOVESTATION
26.10. BREMEN, TOWER
27.10. HANNOVER, BEI CHEZ HEINZ
28.10. FLENSBURG, VOLKSBAD
02.11. AUGSBURG, KANTINE
03.11. ERLANGEN, E-WERK
04.11. CHEMNITZ, ATOMINO
05.11. LEIPZIG, CONNE ISLAND
09.11. MARBURG, KFZ
10.11. MANNHEIM, FORUM
11.11. BASEL, KASERNE (CH)
12.11. ZÜRICH, BOGEN F (CH)
13.11. FREIBURG, WALDSEE
14.11. WIESBADEN, SCHLACHTHOF
15.11. STUTTGART, LKA
16.11. ULM, ROXY
17.11. MÜNCHEN, BACKSTAGE
22.11. REGENSBURG, ALTE MÄLZEREI
23.11. WIEN, GRELLE FORELLE (AU)
24.11. SALZBURG, ARGE (AU)
26.11. KOBLENZ, CIRCUS MAXIMUS
29.11. HAMBURG, UEBEL & GEFÄHRLICH
30.11. MÜNSTER, GLEIS22
01.12. GRONINGEN, VERA (NL)
02.12. AMSTERDAM, MELKWEG (NL)
03.12. ROTTERDAM, V11 (NL)
04.12. ARNHEIM, LUXOR LIVE (NL)
08.12. COPENHAGEN, LOPPEN (DK)
Die Rechte für das Cover liegen bei Glitterhouse Records.
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.