Frank Turner – No Man’s Land

Knapp über die Hälfte der deutschen Bevölkerung setzt sich aus Frauen zusammen. In vielen Gesellschaftsbereichen sind diese aber nicht dementsprechend repräsentiert. Im Bundestag, dem Parlament einer eigentlich repräsentativen Demokratie, liegt die Frauenquote bei unter 40%. In den Aufsichtsräten der größten deutschen Unternehmen ist gerade einmal jede dritte Person weiblich. Schaut man in die Musikszene und vor allem in die Genres, die Saiten-Instrumente dominieren, liegt der Anteil weiblicher Beteiligung ebenfalls deutlich unter dem der Bevölkerung. Unter den größten und erfolgreichsten Rockbands – Linkin Park, The Beatles, U2, The Rolling Stones, Queen, Nirvana, Radiohead, Green Day – sucht man Frauen vergeblich. Eine Repräsentation ist in der Musik also personell auch nicht gegeben. Ironischerweise ergreift gerade ein Mann das Wort, um packende Geschichten starker Frauenpersönlichkeiten in seinen Singer-Songwriter-Punk zu verpacken. Schöner wäre es natürlich, wenn das zum einen eine Frau übernehmen würde und zum anderen die Geschlechterbeteiligungen in der Rock-Musik ausgeglichen wären. Frank Turner tut jedoch so viel, wie ihm als Mann in der Szene möglich ist und lädt in sein „No Man’s Land“ ein, einem dreizehn Erzählungen starken Album voll Frauen-Power.

Turner, der ein begnadeter Geschichts-Freak ist, verbindet seinen Hang zum Vergangenen nun zum vermehrten Mal mit seinem Songwriter-Punk. Schon auf seinem vierten Studio-Album „England Keep My Bones“ gab der Brite den Zuhörern einen Kurzumschlag der Legende des New Forest im Süden Großbritanniens. Anstelle von englischen Mythen und Geschichten gibt es nun die bewegenden und vielfältigen Geschichten von Frauen der jüngeren und älteren Geschichte. Da wäre das eingängige „Sister Rosetta“, das von der gleichnamigen Gospel- und Rock’n-Roll-Legende der 1940er-Jahre handelt, die in der Historie der Gitarrenmusik viel zu oft hinten runterfällt. „The Death Of Dora Hand“ gibt das Leben der Tanzlokal-Sängerin Dora Hand wieder und macht auch nicht vor deren tragischen Tod, der aus einer eskalierenden Rivalität resultierte, Halt. „The Lioness“ wendet sich da einer deutlich politischeren Persönlichkeit zu. Die starke Rock-Hymne erzählt von der Frauen-Rechtlerin Hudā Schaʿrāwī, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Ägypten für die Frauen der arabischen Welt stark machte.

Musikalisch gibt sich Frank Turner diesmal deutlich weniger experimentell als noch auf dem doch sehr ruhigen Vorgänger „Be More Kind“. „Jinny Bingham’s Ghost“ treibt mit tanzbarem Folk-Punk nach vorne und behandelt nebenbei einen weiblichen Geist, der einem Mythos zufolge im Londoner Szene-Club Underworld spuckt. Auch „I Believed You, William Blake“ und „The Death Of Dora Hand“ gesellen sich zu den typischen Frank Turner-Rock-Songs dessen nun acht Alben starken Diskographie. Etwas ruhiger wird es im gelassenen, von klassischen Blasinstrumenten begleiteten „Nica“, in „Rosemary Jane“, der als einziger Song nicht von einer historischen Figur, sondern seiner Mutter handelt, und im eingängigen „A Perfect Wife“.

Für die Produktion holte Turner sich Catherine Marks ins Boot, die bereits mit The Wombats, Foals und Interpol zusammenarbeitete. Auch für den Großteil der die Akustik- und E-Gitarren ergänzenden Instrumentation bemühte sich der 37-Jährige um weibliche Unterstützung. Das Album strotzt also so sehr vor Frauenpower, wie es für einen männlichen Künstler nur möglich ist. Wäre da nicht das schreckliche Cover, würde „No Man’s Land“ nicht nur seinem wichtigen Konzepts wegen locker mit den besten Frank Turner-Alben um die Nummer eins konkurrieren. So bleibt eine tolle Platte mit einem unangenehm hässlichen Artwork. Als nächstes schmeißen wir aber ein Album einer Band mit direkter Frauenbeteiligung an, ok?

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Und so hört sich das an:

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Frank Turner live 2020:

31.01. – Mannheim, Maimarkthalle (Support für die Dropkick Murphys)
06.02. – Hamburg, Sporthalle (Support für die Dropkick Murphys)
11.02. – Dortmund, Westfalenhalle (Support für die Dropkick Murphys)
12.02. – Hannover, Swiss-Life-Halle (Support für die Dropkick Murphys)
14.02. – Chemnitz, Messehalle (Support für die Dropkick Murphys)
19.02. – München, Zenith (Support für die Dropkick Murphys)
21.-24.05. – Lost Evenings IV, Arena Berlin

Die Rechte für das Cover liegen bei Universal Music.

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