Madsen machen jetzt Punk. Die Ankündigung kam ziemlich überraschend, immerhin schlugen die letzten Alben der Indie-Rock-Band eine immer poppigere Richtung ein. Scheinbar hat die Corona-Tristesse bei den Wendländern aber die Lust auf guten, hausgemachten Punk geweckt und weil man manchen Gelüsten nachgeben sollte, haben Madsen eben ein Punkalbum aufgenommen. Da fragt man sich unweigerlich, ob das gut geht oder ob „Na gut dann nicht“ ein peinlicher Versuch einer Möchtegern-Punk-Platte ist. Tatsächlich kann das Album aber über die gesamte Länge überzeugen und schafft es dabei, absolut authentisch und ehrlich zu wirken.
Madsen im Punk-Modus sind laut, stürmisch und energisch. „Na gut dann nicht“ ist innerhalb von zwei Wochen im Proberaum entstanden und so klingt es auch – im positivsten Sinn! Es klingt nach spontanen Wutausbrüchen und danach, einfach mal auf die Kacke zu hauen und allen Frust raus zu lassen. Dabei bekommt jeder sein Fett weg: von Verschwörungstheoretikern über Trump und Nazis bis hin zu Influencern und Reality-TV-Sternchen. Das funktioniert bestens auf der ironisch-witzigen Schiene, beispielsweise in „Trash TV“ oder in der Einsiedler-Hymne „Quarantäne für immer“. Den wirklich wichtigen Themen wie der Klimakrise oder den fragwürdigen politischen Machthabern dieser Welt wird allerdings auch die nötige Ernsthaftigkeit gewidmet. So würde man in „Supergau“ und „Alte weiße Männer“ die Wut aus jeder einzelnen Zeile auch dann noch heraushören, wenn sie einem nicht entgegengeschrien würde. Und auch „Wenn du am Boden liegst“ beleuchtet vollkommen unironisch, was eigentlich bei den Menschen falsch läuft, die Flüchtlingen ihre Hilfe verwehren oder sogar noch gegen sie nachtreten.
Dass der eigentliche Madsen-Sänger Sebastian auf dieser Platte immer mal wieder seinen Bandkollegen das Mikro überlässt, rundet den Eindruck des spontanen Gemeinschaftsprojekts passend ab. Umso beeindruckender ist es, dass das Album trotz seiner simplen Entstehungsgeschichte eine solche Tiefe aufweist. Die musikalische Umsetzung ist für Punk-Verhältnisse schon fast komplex und trägt trotz des Ausflugs ins ungewohnte Genre einen unverkennbaren Madsen-Stempel. Die Texte gehen zwar leicht ins Ohr und lassen sich wunderbar mitgröhlen, sind aber trotzdem klug und gewitzt genug, um nicht plump zu wirken. Jeder Song hat seine ganz eigene Daseins-Berechtigung, Lückenfüller sucht man auf dieser Platte vergeblich. Am ehesten fällt da noch „Wir nennen dich Mücke“ aus der Reihe, aber die Liebeserklärung an den Madsen-Tour-Gitarristen ist einfach zu liebenswert, als dass man den Song als überflüssig bezeichnen könnte.
Madsen haben mit „Na gut dann nicht“ nicht einfach nur eine Corona-Schnapsidee in die Tat umgesetzt, sondern ein ebenso unterhaltsames wie wichtiges und gutes Album abgeliefert. Oder um es mit den Worten von Benjamin von Stuckrad-Barre zu sagen, der den Abspann zur Platte sprechen darf: „Boah, ist das geil.“
Hier kannst du dir das Album kaufen.*
Mehr Madsen gibt es hier.
Und so hört sich das an:
Website / Facebook / Twitter / Instagram
Die Rechte am Albumcover liegen bei KEEK Records.
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.