Sorry3000 – Warum Overthinking dich zerstört

Die Welt ist eine ungerechte. Da haben sich etliche Menschen monatelang an einem vermeintlichen Ohrwurm abgearbeitet, den man ja angeblich rein ironisch abgefeiert hat, nur damit sich dann ganz überraschend herausstellt, dass der Performer hinter ebenjenem unter die Aluhutträger gegangen ist. Was für ein Mist! Hätten all diese doch von Anfang an dem verdienten Sommerhit des Jahres gehuldigt, dürften sie sich jetzt über ein grandioses Debütalbum freuen anstelle ihres gebrochenen Herzens wegen Tränen zu vergießen. Für die wenigen Eingeweihten, die die Grandezza hinter „Nasenspray“, eben jenem großen Konkurrenten, schon längst erkannt haben, steht „Warum Overthinking dich zerstört“ am Horizont und lächelt etwas weniger euphorisch auf uns herab als die Teletubbies-Sonne von damals. Die Band dahinter: Sorry3000 inklusive Stefanie Heartmann, Frank Leiden, Bianca Stress und Joni Spumante.

Ist ein bisschen Müll, aber kann nicht weg

Zwischen Melancholie und verklärter Romantik schwankende Geschichten diverser Student*innen kennt die Musikwelt zur Genüge, meist verklärt in seichten Pastellfarben, die sich noch in jeder Insta-Story schick machen würden. Auch von den Scheinwerfern der Großstadt-Blockbuster haben die meisten wohl längst genug. Deswegen und vielleicht auch in Ermangelung ähnlicher Geschichten aus der eigenen Heimatstat Halle hat sich das Quartett3000 mal eben dem ganzen Alltagsscheiß angenommen, der ja sonst nie richtig Anerkennung bekommt. Deswegen geht es um ebenjene verkannte Droge („Nasenspray“), einen Kommentar über den übermäßigen Sport-Wahn („Fitness“) oder absolut verstörende Bahnfahrten („Tarifgebiet“). Denkwürdige Zitate wie „Die fukelnden Lichter der Neustadt funkeln auf mich herab“ („Neustadt“) oder „Scapegoat ist englisch und heißt Sündenbock“ („Scapegoat“) zeigen das Maß an Ernsthaftigkeit des Albums schon sehr deutlich auf.

Das Mittel zum Zweck

Lyrische Ergüsse dieser Liga haben natürlich eine ähnlich anspruchsvolle Hintergrunduntermalung verdient. Deswegen klauben Sorry3000 nicht nur die besten liegen gebliebenen NDW-Synthesizer zusammen, sondern auch träumerische Akustik-Malereien und fast schon dem Status Quo entsprechende Indie-Sounds. Über alldem sprechsingt Stefanie Heartmann herrlich gelangweilt all die größtenteils abstrusen Texte und gibt dem Ganzen so eine lässige Grundhaltung. Die kann aber auch schnell gebrochen werden, etwa im vor Adrenalin überschäumendem „Scapegoat“ oder dem Liebestöter „Dirty Talk“, in dem Heartman sich an Nina Hagens Gestus versucht. Aber Sorry3000 spielen das Trash-Spiel auf der höchsten Stufe mit, betten Songs wie „Zu schwach“ oder „Portwein“ in Soundtrack-würdige Showdowns inklusive großer Chöre und fetter Bläser. Was jetzt in geschriebenem Wort auch unhörbares Leid bedeuten könnte, hat in Albumform glücklicherweise durchweg hohes Hit-Potential. Klar, mit selbstironischem Augenzwinkern. Aber doch genügend, um all den durchgenudelten Studi-Playlists mal etwas Leben einzuhauchen. Sorry3000 winken in den kommenden Jahre vermutlich ähnliche Höhenflüge wie dem Nimbus3000.

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