Auf morgen warten ist keine Option für die emsigen Energiebündel von Yonaka, die den drei EPs in den letzten zwei Jahren jetzt ihren lang erwarteten ersten Langspieler folgen lassen. Über den Status als Geheimtipp sind die Brit*innen vor allem in ihrem Heimatland schon hinaus geschossen – dank etlichen Millionen fach geklickten Songs und Support-Shows für unter anderem Bring Me The Horizon sollte die Band auch in Deutschland einigen durchaus bekannt sein. Während die bereits erschienenen EPs alle fremd produziert wurden, setzen Yonaka für das Debütalbum auf sich selbst – und klingen dadurch plötzlich ganz anders als erwartet.
Von den 11 Songs des Albums sind ganze fünf bereits bekannt – nicht gerade untypisch für das Streamingzeitalter, die große Überraschung wartet nun aber eben auch nicht mehr auf Fans. “Awake”, der erste neue Song des Albums stolpert mit einer überraschend gewagten Verschmelzung aus Rock-Riffs und Synthie-Sprenklern in den Hörgang – am Ende gerät Frontfrau Theresa Jarvis sogar ins Schreien. Wo wir gerade bei Jarvis sind – wie bereits auf den ersten EPs ist die Sängerin auch hier eine unwiderstehliche Naturgewalt, die zwischen gefühlvoller Kopfstimme, abgebrühtem Sprechgesang und kraftvollem Gesang alles mit einem einzigartigen Timbre vorträgt. Im Vergleich zu den bisherigen Platten steht ihre Stimme extrem im Vordergrund und lässt die Instrumente über weite Teile eher nichtig wirken – was überrascht, da die Band doch hier zum ersten Mal selbst vollständig für den Produktionsprozess zuständig war.
Das ist natürlich halb so wild, wenn dabei dennoch so unwiderstehliche Hymnen wie “Creature” oder “Fired Up” entstehen, bei denen die Band voll auffährt und ihr ohne Frage überdurchschnittliches Gespür für gute Melodien beweist. Etwas weniger gelungen wird es dann aber auf anderen Ebenen: Der Closer “The Cure” ist ein lieblos wirkender Format-Pop-Song, “Rockstar” führt mit Zeilen wie “I just wanna be a rockstar baby” oder “Boy I’m gonna rock your world” genau in die Fremdscham-Face-Palm hinein. Insbesondere im Vergleich zur ersten EP “Heavy” entwickelt sich das Quartett in eine überraschend poppige Richtung, was vor allem schade ist, wenn rebellische Songs wie “Punch Bag” einfach nicht mehr den gleichen Druck versprühen wie die viel knalligeren alten Songs “Run” oder “F.W.T.B.”. Im Vergleich setzt die Band auf dem Album überraschend oft auf klassiche Pop-Beats, leicht repititive Oh-Oh-Chöre und glatt geschliffene Eingängigkeit.
Am Ende ist “Don’t Wait ‘Til Tomorrow” kein herausragend gutes Album – vor allem nicht in seiner Gesamtheit offenbart es doch sehr, dass die Band noch am Anfang ihres Schaffens steht und noch einiges zu lernen hat. Wie groß ihr Potential ist, beweisen dafür die Songs als einzelne Stücke – und das ist ja im Endeffekt genau das, worauf es im Streaming-Zeitalter ankommt. Zwischen Episoden von Uninspiriertheit und den besten Melodien, die der Alternative-Pop in letzter Zeit zu bieten hatte, bleibt das Quartett dennoch eins: Einer der vielversprechendsten Newcomer der alternativen Szene.
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