TORS, Live Music Hall Köln, 26.11.2025

TORS

Ergreifend schön, würde ich sagen, wenn ich in einem Wort den Auftritt von Tors beschreiben müsste. Gut, das sind schon gleich zwei Wörter – und selbst die reichen nicht ganz aus, um dem Abend gerecht zu werden.

Mit den sinkenden Temperaturen haben viele von uns unsere Lieblingsheißgetränke, unsere (eventuell selbstgestrickten) Wollsocken und behaglichen Playlists rausgeholt. Genauso hatte ich mir auch das Konzert am Mittwoch vorgestellt: entspannt und gemütlich. Diese Erwartung hat die britische Band dann mühelos übertroffen.

Benannt nach den typischen Felsformationen ihrer Heimat Devon in Großbritannien, gründeten die zwei Brüder Matt (Gesang und Gitarre) und Theo (Gitarre) Weedon mit Schlagzeuger Jack Bowden 2016 die Indie-Folk-Band Tors. Nach Live-Auftritten mit großen Namen wie Sam Ryder und James Blunt gelang dem Trio vor zwei Jahren mit ihrer dritten EP Anything Can Happen der endgültige Durchbruch. 2024 spielten sie beim Glastonbury Festival und dieses Jahr erschien ihre neueste EP Songs From the Road, Vol. 1. Ein steiler Erfolg also, der in der diesjährigen Welttournee seinen vorläufigen Höhepunkt findet.

Begleitet wird die Band von Jo Hill, die gemeinsam mit ihrer Gitarristin versucht, durch fröhliche Country- und Folk-Klänge, persönliche Ansagen und zwei unveröffentlichte Songs Schwung ins Publikum zu bringen. Ein Ticken zu laut für meinen Geschmack aber dafür mit geballter Energie und guter Laune. Bei jedem neuen Song bezieht sie das Publikum immer mehr mit ein, was ihr anfangs nur halb gelingt. Das liegt jedoch weder an ihrem sympathischen Auftreten noch an ihrer schönen, warmen Stimme (auch wenn die hohen Töne gelegentlich leicht wackelten – oder war der Sound einfach wirklich zu laut?). Sowohl Songs wie „POW GIRL“ oder „BIG BOYS CRY TOO“ aus ihrem Album Girlhood als auch ihre emotionalen Messages bringen spürbar positive Vibes auf die Bühne. Damit taut sie das zunächst zurückhaltende Publikum an diesem kalten Novemberabend langsam auf und entlockt ihm am Ende doch begeistertes Mitklatschen und wohlverdienten Applaus.

In der Pause bekommt das Bühnensetting noch den letzten Schliff: zwischen Sukkulenten, Olivenbäumchen (meine botanischen Kenntnisse sind begrenzt, es waren aber auf jeden Fall Bäumchen irgendeiner Art) und zwei mit Efeu geschmückten Mikrofonen, erleuchten nach und nach Kerzen und Lichterketten die Bühne. Schon jetzt breitet sich ein warmes, heimisches Gefühl aus – auch ganz ohne Wollsocken.

Matt, Theo und Jack lassen nicht lange auf sich warten und erscheinen nacheinander auf der Bühne, begleitet von einem Tonausschnitt aus einem Dokumentarfilm über Devons Natur- und Vogelwelt. In einem fließenden Übergang ertönt „Wild Days“ – und damit ist die Energie von Sekunde eins da. Von beiden Seiten. Die ersten Lieder des Trios gehen unter die Haut und ohne Aufforderung beginnt die Menge zu klatschen, sich zu bewegen und mitzusingen. Die Band präsentiert eine bunte Mischung aus ihren letzten EPs und das Konzert fühlt sich gleichzeitig an wie eine schöne Tasse Tee an einem Winterabend und wie Sonnenstrahlen auf einem Sommerfestival.

Musikalisch begeistert Tors mit energiegeladenem Folk und mitreißenden Melodien, eingängigen Refrains, die sie gemeinsam mit dem Publikum singen, und elektrisierenden Gitarrenparts. Das Trio singt sowohl dynamische Lieder („Happy Enough“) als auch traurigere Songs („Does He Make You Happy?“ im Duett mit Jo Hill) harmonievoll und spielt dabei so, als ob ihre Instrumente ihnen angewachsen wären. Darüber hinaus verdienen die lebensbejahenden und hoffnungsvollen Texte in Songs wie „What If“ und „Anything Can Happen“ den tosenden Applaus und die eine oder andere Träne in den Augen der Fans.

Dass den Brüdern Weedon Musik im Blut liegt, ist nicht abzustreiten. Ihr Großvater Bert Weedon war ein berühmter Gitarrist, der unter anderem mit Frank Sinatra und Judy Garland spielte. In den 1950er Jahren schrieb er das millionenfach verkaufte Lehrbuch Play In A Day, das später Musiker wie Eric Clapton oder Paul McCartney maßgeblich beeinflusste.

Das musikalische Talent der drei Bandmitglieder wird zudem durch ihr unglaublich sympathisches Auftreten verstärkt – nicht, dass ihre Performance das nötig gehabt hätte. Das Trio fühlt sich auf der Bühne pudelwohl und legt eine Mischung aus wunderbarer Authentizität, britischem Charme und einer großen Portion Humor an den Tag: der Running Gag des Abends, der bei beinahe jeder Songpause für Lacher sorgt, dreht sich um das vermeintlich holprige Liebesleben von Schlagzeuger Jack.

Zum Ende des Konzerts geben die drei nochmal alles. Für “Never Give Up” wollen sie sich sechs Fans auf die Bühne holen – am Ende stehen dort ein Dutzend Menschen, die zur fröhlichen Melodie ausgelassen mittanzen. Bei „Miracle“ steigt Matt von der Bühne und geht singend durch die Menge, was für große Begeisterung sorgt. Und das emotionale Highlight des Abends: die Zugabe „Only For You“ wird zu einem wunderschönen Unplugged-Moment mitten im Publikum. Handylichter an, alle singen mit und am Ende folgt ein tosender Applaus, der gar nicht mehr enden wollte. Und das völlig zu Recht.

Ich hatte mich auf gemütlichen Gitarren-Folk eingestellt und genau das bekommen, nur mit 100% mehr Energie, guter Laune und Gänsehautmomenten. Beim nächsten Mal bin ich mir sicher: die Wollsocken lasse ich zu Hause, die brauche ich bei Tors definitiv nicht.

Wäre ich kitschig veranlagt (und zugegeben, das bin ich), würde ich behaupten, dass Tors am Mittwochabend nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Seelen gewärmt haben. Übertreiben würde ich mit dieser Aussage kaum. Es war sogar so herzerwärmend, dass ich draußen in der Schlange zur Garderobe nicht einmal gefroren habe. Klingt übertrieben romantisch? Vielleicht. Aber wer es nicht glaubt, sollte sich beim nächsten Live-Auftritt dieses britischen Power-Trios selbst überzeugen lassen.

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