Männlicher Deutschpop gilt seit einigen Jahren als absoluter Erfolgsgarant. Andreas Bourani, Mark Forster, Wincent Weiss, Max Giesinger, Philipp Poisel, Johannes Oerding und wie sie nicht alle heißen – die Liste verlängert sich gefühlt monatlich. Dabei leidet die Kreativität und Einzigartigkeit immer häufiger, sodass nahezu jeder Song der genannten Künstler auch von einem anderen präsentiert werden könnte.
Weit weg von den Airplay-Charts taumelt die fünfköpfige Hamburger Band Staring Girl, die mit ihrem neuen zwölf Titel umfassenden Langspieler „In einem Bild“ eher bei den etwas alternativeren Singer/Songwritern Clueso oder Bosse anzuordnen sind, gepaart mit ein wenig Tomte und ruhigen Momenten von Wir sind Helden. Treibender, melancholischer, schwermütiger Indie-Pop mit viel Gitarre, dezenten und seltenen elektronischen Effekten, trifft auf poetische, erzählende Texte. Ein Teil der ehemaligen Band von Gisbert zu Knyphausen sind nun hier am Start, was auch kaum zu überhören scheint.
Wunderbare Tongue-Twist-Komposita wie „Matratzenladenneonröhrenlicht“ berichten von dem Beobachten eines alltäglichen Großstadttreibens. Tatsächlich lohnt es sich hier das Album in physischer Form zu erwerben, da das Booklet neben ästhetischer Schwarzweiß-Fotografie alle Texte beinhaltet, die beim bloßen Zuhören nicht immer direkt entschlüsselt werden können. Quasi Poetryslam mit Musikuntermalung. Der Gesang von Steffen Nibbe – der dazu die Texte im Alleingang verfasst hat – drängt sich dabei nicht auf, sondern stellt neben den Instrumenten nur eine Komponente dar. In „Lächeln und reden“ ist mindestens 50% des Stücks gesanglos und schafft stattdessen mit viel Moll und jazzigem Akustikset einen Film Noir-Sound. Im Albumabschluss „Schwarz zu weiß“ gipfeln sich Klangwaben in einem kleinen achtminütigen Epos und lassen sich die nötige Zeit zum Reifen und Ankommen beim Hörer. Und beim Titeltrack „In einem Bild“ darf es auch mal kurzzeitig etwas theatralisch und übermetaphorisch werden.
Staring Girl bieten mit „In einem Bild“ unaufdringlichen, ruhenden, erwachsenen, ausschließlich selbstgeschriebenen Deutschpop, dem zwar jeglicher Radiohit fehlt, dafür aber einen schönen Soundtrack für leichte Frühlingsabende unter Freunden mit einem Glas Rotwein liefert. Das ist zwar nicht groß abwechslungsreich, aber in sich schlüssig und wirkungsvoll. Eben aufregend-unaufgeregt und irdisch-echt.
Das Album „In einem Bild“ kannst du dir hier kaufen.*
Und so hört sich das an:
Website / Facebook / Instagram
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.