Mit „I’m Not Well“ setzten Black Foxxes aus dem Südwesten der britischen Insel im Sommer 2016 ein feinfühliges, hochemotionales Werk in die Welt, das am Großteil der Emo- und Rock-Szene leider zu unrecht komplett vorbeirauschte. Lange gab es keine Band, die ihre Traurigkeit ähnlich direkt und unverblümt in die Welt hinausschrie und damit an die mittlerweile sehr kontrovers diskutierte Emo-Größe Brand New erinnerte. Die Musik vertonte die emotionale Achterbahnfahrt, die Sänger Mark Holley in sich trug – hier wechselte sich laut und leise in Sekundenbruchteilen ab, es gab Massen an sogenannten Feedback-Soli und großartige, eingängige Melodien. Hinzu kam die mal im Falsett, mal in Geschrei schwebende Stimme Holleys, der an der chronischen Darmerkrankung Morbus Crohn leidet und jegliche Energie, die ihm seine Erkrankung noch lässt, in seine Musik steckt. Knapp 19 Monate später hat das Trio nun sein zweites Album im Gepäck, das den isländischen Titel „Reiði“ (Deutsch: Zorn) und nicht weniger Leidenschaft in sich trägt.
Die zehn Stücke auf „Reiði“ fallen streckenweise zwar etwas eingängiger als die des Vorgängers aus, die neue Hymnenhaftigkeit steht der Band jedoch erstaunlich gut. So hat sich die straighte Indie-Hymne „Sæla“, was natürlich auch Isländisch ist und auf Deutsch so viel wie „Glückseligkeit“ heißt, bereits jetzt in den Gehörgängen tausender Hörer festgesetzt, was die vielen Spotify-Streams der Vorabsingle zeigen. Tracks, wie das Effektfeuerwerk „Joy“ mit seinen unangenehmen Riffs und Trompeten-, sowie Spoken-Word-Part im Outro zeigen jedoch ebenfalls noch die emotional instabile Seite des Trios. Ist der Track noch von vielen Laut-Leise-Kontrasten durchzogen, so baut sich der Großteil der neuen Songs eher klimaktisch auf. Vor allem der Closer „Float On“ braucht satte vier Minuten, bis er seine Gitarrenwände auf den Hörer loslässt.
Das Songwriting der Band scheint auf ihrem Zweitling etwas gereifter und fokussierter. „The Big Wild“ ist eine lässige Rock-Nummer und wäre in der Form nicht auf dem Debüt der Black Foxxes denkbar gewesen. Auch Songs, wie „Oh, It Had To Be You“, der in den Strophen vorrangig von Klavier begleitet wird, bringen frischen Wind. Hier greift natürlich vor allem die Produktion ein, die den Sound des Trios ab und an mit Klavier und Synthesizern anfettet, was überraschend unterschwellig und unauffällig geschieht. Scheint die musikalische Komponente der Band etwas gesitteter, so sind es wieder Holleys ehrliche Texte, die betroffen machen und zum Nachdenken anregen. Mit Zeilen, wie „I fear like I resonate, I resonate with fear. Come call me reflective, reflections appear.“ („Joy“) legt der Herr sein komplettes Innenleben offen und spricht Emotionen und Selbstzweifel aus, in die sich viele Menschen hineinfühlen können. Das ist besonders dann markerschütternd, wenn Holley seine abgehackten Sätze in das Mikrofon hineinbrüllt.
Black Foxxes beweisen mit „Reiði“ erneut, dass sie wohl eine der besten Rock-Bands, gleichzeitig aber wohl eine der unterschätztesten Gruppen unserer Zeit sind. Der Zweitling der Briten berührt, begeistert, unterhält, ist catchy und gleichzeitig unkonventionell. Vielleicht ist der Output der Band gerade aufgrund der unangenehmen Erkrankung ihres Sängers so unglaublich gut. Darüber lässt sich nur spekulieren. Über die Qualität ihrer Musik braucht hingegen nicht spekuliert werden.
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Und so hört sich das an:
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Black Foxxes live 2018:
11.04. – Amsterdam, Melkweg (NL)
12.04. – Köln, Jungle
13.04. – Hamburg, Headcrash
15.04. – Berlin, Musik & Frieden
17.04. – München, Strom
19.04. – Hasselt, Cafe Cafe (BE)
Die Rechte für das Albumcover liegen bei Spinefarm Records.
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