Er gehört zu den begnadetsten Rappern, Sängern und Musikproduzenten des Landes und konnte jüngst erst mit der Veröffentlichung des deutsch-türkischen Songs „DOPPELHERZ / İKİ GÖNLÜM“ mit Knödel-Legende Herbert Grönemeyer punkten: Die Rede ist von BRKN (eigentlich Andaç Berkan Akbiyik), dem Kreuzberger Multitalent mit türkischen, aber auch kurdischen und armenischen Wurzeln. („Man sieht, dass Kim und ich uns ähnlich sehen, wa? / Kein Wunder, mein Opa ist Armenier“ – Kim Kardashian) Vergangenen Freitag waren wir zu Gast auf seiner BRKN Tour 2018 im neuen Kölner Club Volta – und sind nach wie vor überwältigt!
Der Saal ist prallgefüllt, das Konzert schon seit Monaten ausverkauft. Munter bestellen sich die Gäste des Abends an der Theke Wein oder Bier und stoßen ausgelassen auf den bevorstehenden Konzertabend an. Um kurz nach 8 betritt schließlich unter tosendem Applaus ein junger Mann die Bühne: Lativ. Gutgelaunt, frech und mit einem bis über beide Ohren strahlenden Lächeln weiß der Rapper bzw. Singer/Songwriter, der einigen bereits durch sein Bausa-Feature zum Song „Baron“ bekannt sein dürfte, das Kölner Publikum zu unterhalten. Seine bisher unveröffentlichten Songs bestehen vor den Gästen des Abends mit Bravour und wecken gekonnt die Neugierde auf den vielversprechenden Artist, der – so mag zu hoffen sein – in Kürze auch seine eigene Platte veröffentlichen wird. Zum Song „Nie wieder“ holt sich Lativ während der Hook gesangliche Unterstützung des Publikums, welches bestens gelaunt den ins Ohr gehenden Track mitsummt und ausgelassen mittanzt. Nach einschlägigen „Ber–kan, Ber–kan“-Rufen verabschiedet sich Lativ schließlich vom Publikum und gibt die Bühne frei für einen der herausragendsten Künstler seinerzeit.
Gegen 20:30 Uhr verdunkelt sich der Saal schließlich erneut und auf der Bühne wird der Blick auf einen großen Bildschirm eröffnet. Ein kurzer Teaser, der zugegeben aus den hinteren Reihen des Konzertsaals nur etwas schwer zu sehen und verzerrt zu verstehen ist, zeigt dabei BRKN, DJ Cratzmeister Calle und einige andere Männer in einem Kleinbus sitzend, die sich bei einem Telefonat über die anstehende Tour unterhalten. Gleich darauf erklimmt der in eine weiße Jacke gehüllte BRKN die Stage und testet mit dem Stimmungskracher „Eine Million“ nicht nur die Takt- und Textsicherheit des Publikums, sondern zeigt auch mit diversen Tanzeinlagen, dass Rhythmus durch seine Adern fließt.
Dass BRKN nicht nur an seine Musik, sondern auch an sein Publikum einen gewissen Anspruch stellt, beweist er gleich im Folgesong „Irgendwann“. Mit den Worten „Schlagerklatschen könnt ihr komplett vergessen“, verteilt der 27-jährige Berliner einen Schellenkranz an einen Freiwilligen im Publikum und schmeißt außerdem zwei Handrasseln blind in die Menge, die zum kommenden Song geschwungen werden sollen. Während die auserwählten Instrumentalisten während des Songs euphorisch schellen und rasseln, was das Zeug hält, greift BRKN zum Ende des Songs zu seinem Saxophon und schmettert den Zuschauern ein Solo zu, das es in sich hat. Das Publikum, das zu einem Großteil aus musikaffinen Mittzwanziger besteht, jubelt und tanzt um die Wette.
BRKN, der bereits nach der Darbietung seines zweiten Songs aus dem Schwitzen nicht mehr herauskommt, ist offensichtlich geschmeichelt und zufrieden und offenbart dem Kölner Publikum sogleich, wie sehr ihm die Konzerte und Menschen in den westlichen Bundesländern – allen voran aber in Köln – gefallen. „Ey, hier sehen immer alle aus wie Prinz oder Prinzessin – auch in den abgefucktesten Clubs“, schwärmt der Kreuzberger charmant. Immer wieder folgen zwischen seinen Songs kurze Dancebreaks – ein Ritual, das der Berliner Musiker bereits auf seinen vergangenen Festival- und Konzerttouren ins Leben gerufen hat und welches das Publikum jedes Mal aufs Neue begeistert. Zum Song „Boombox“ setzt sich der Berliner Musiker während des Songs auf einen weißen Würfel, der am rechten Bühnenrand aufgebaut wurde, und präsentiert deutlich und lupenrein den Doubletime-Part des Tracks, ehe er sich aufrichtet und auf dem großen Würfel stehend und für alle Zuschauer gut sichtbar mit den Armen des Publikums im Takt wippt.
Zwischen seinen eigenen Songs und Stimmungskrachern wie “Atemmaske“, “Hollywood“ und “Auto“ greift BRKN immer wieder zu den Tasten seines Keyboards, das hinter dem weißen Würfel aufgebaut ist, und spielt allseits bekannte Piano-Passagen an, die – nicht nur bei einem jeden Konzert, sondern auch bei jeglicher Club-Party – begeisterte „Whooo“-Schreie des Publikums auslösen. So führt er einige nichtsahnende Zuschauer in die Irre, als er beispielsweise die ersten Takte von Xzibits „X“ oder auch Dr. Dres und Snoop Doggs „Still D.R.E.“ anschlägt, bevor er dann schließlich die Akkorde zu „Ein Zimmer“ greift. Das Publikum schreit jedes Wort des Textes lautstark mit, was den 27-Jährigen durchaus zu beeindrucken scheint.
Die Kommunikation zwischen dem Interpreten mit dem Publikum während des Konzerts kann dabei fast schon wie ein Lehrer-Schüler-Verhältnis dargestellt werden. Herr BRKN beantwortet Fragen aus dem Publikum mit Handzeichen und belehrt seine Schüler eines Besseren. Auf die intetessierte Zwischenfrage des jungen Mannes, wie er den Rhythmus des Schellenkranzes zu Beginn der Show gemeistert habe, antwortet BRKN scharf und ehrlich: „War leider nur ganz ok, Bruder. Warst ziemlich oft aus dem Takt, sorry, Dicker. Ich bin nur ehrlich!“ Die Menge lacht. Auch den hier und da geforderten „Dancebreak!“-Forderungen wird der 27-Jährige gerecht. Spontan und den Timetable seiner Show völlig durcheinanderbringend, lässt er seinen DJ Cratzmeister Cralle stets etwa 20-sekündige abzappel-fähige Songs anschlagen und lässt sich dabei sogar zu einer kleinen Tanzrunde in den vorderen Publikumsreihen ein.
Auf die flehenden Bitt-Rufe einer jungen Dame, sein Handtuch bekommen zu dürfen, mit welchem sich das Berliner Multitalent den triefenden Schweiß aus dem Gesicht wischt, verzieht er kurz das Gesicht, zuckt mit den Schultern und wirft es ihr mit den Worten „Bisschen eklig, bisschen süß“ zu. BRKN ist eben nicht nur ein waschechtes musikalisches Talent, sondern auch ein verdammt witziger, unterhaltender Charmeur.
Für einen weiteren Höhepunkt des Abends sorgt der Berliner Musiker, der offenbar ein begnadeter Cover-Interpret ist, als er vor seinem Keyboard sitzen eine Talkbox mit einem langen durchsichtigen Schlauch bedient, mit welcher er 2Pacs „California Love“ sowie Genuwines laszives „Pony“ nachahmt. Auch andere Songs von musikalischen Größen, die ihn bekanntermaßen während seiner musikalischen Karriere inspiriert und motiviert haben, bekommen das Publikum zu Gehör. Dazu gehören Songs wie etwa Travis Scotts und Kendrick Lamars „Goosebumps“ oder auch OutKasts „Ms. Jackson“.
Obwohl es sich zuletzt angehört haben mag, als hätte BRKN über den Abend verteilt kaum Lieder von sich selbst zum Besten gegeben, ist dem nicht so. Dem Publikum werden sämtliche Tracks seiner vergangenen Platten – insbesondere seiner beiden Alben „Kauft meine Liebe“ sowie „Einzimmervilla“ – vorgestellt und auch der am selbigen Tag erst veröffentlichte Track „UUUH!“ featuring Dead Rabbit (siehe unten) wird frisch-herausgebracht den Gästen des Abends serviert. Dabei wird jeglicher Song von einer witzigen Videountermalten Hintergrundgeschichte auf dem Bildschirm begleitet. (Während des Songs zu „UUUH!“ sieht man beispielsweise einige Männer, die nach und nach mit ihren Mündern einen solchen Ausruf, wie man ihn beispielsweise beim Vorbeilaufen eines heißen Mädels mimt, formen.)
Kurz vor dem (eigentlichen) Ende der Show und dem offiziell-angekündigten letzten Song, der an diesem Abend ohne Zugabe, dafür aber mit ganz viel Liebe gespielt werden soll, bedankt sich BRKN bei dem Publikum für ihre durchgehaltene Euphorie und bei all seinen Unterstützern für den grandiosen Abend, ehe er sich mit einem abreißenden Auftritt der Extraklasse zum Song „Bordeaux“ für den Abend verabschieden möchte. Jeder einzelne Konzertbesuchers geht dabei wild in die Hocke, springt und tanzt, was das Zeug hält und versucht auf seine eigene Weise, die Halle zum Beben zu bringen. BRKN selbst lässt es sich dabei nicht nehmen, zumindest zum letzten Song sein Oberteil auszuziehen und den Blick auf seine attraktive, dunkelrote Markenboxershorts zu offenbaren.
Obwohl BRKN – trotz vorheriger Ansage, es würde keine Zugabe geben – offenbar nicht damit gerechnet hat, sein Publikum in solch einem Maße zu überzeugen, fordert dieses nach dem Ende der Show dennoch einen musikalischen Nachschlag. Mit der Situation etwas überfordert, läutet der junge Kreuzberger zunächst eine letzte Dancebreak-Runde zu Nellys „Hot in Herre“ ein, ehe er das Publikum spontan entscheiden lässt, ob sie lieber (ausnahmsweise) noch eine Version von „Auto“ oder „Ein Zimmer“ hören möchten. Das Publikum entscheidet sich lautstark für letzteres, sodass – diesmal aber wirklich – der letzte Song des Abends laut mitgesungen von allen Konzertbesuchern durch den Club Volta ertönt. Nach dem Konzert macht der Rapper noch eifrig Fotos mit seinen Fans, ehe alle Konzertbesucher glücklich und zufrieden den Saal verlassen.
Alles in allem war das Kölner Konzert der BRKN Tour 2018 ein voller, ja gar grandioser Erfolg: Eine musikalische Glanzleistungen aus einer Mischung von Rap-Pop-Jazz-Soul gepaart mit einer charmant-lustigen Unterhaltung. Die Interaktion mit dem Publikum, ein fantastischer Voract sowie die ohnehin sympathischen und stimmungsvollen Konzertbesucher, haben dem Abend eine einzigartige Note verpasst. Obwohl ich BRKN schon das ein oder andere Mal live erleben durfte, sind seine Konzerte immer wieder ein absolut gelungenes Fest. Das diesmalige Konzert gehört für mich in jedem Fall zu einem meiner Konzerthöhepunkte des Jahres.
BRKN, Dicker, Beste!
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