Haben wir eigentlich schon mal erwähnt, wie wunderschön das Kosmonaut Festival ist? Alleine die Lage am Stausee Rabenstein macht es schon zu etwas Besonderem. Doch bei den liebevollen Dekorationen, der familiären Atmosphäre und dem abwechslungsreichen Rahmenprogramm geht einem erst recht das Herz auf. Vom Herzblatt-Studio, in dem man nicht nur die große Liebe finden, sondern auch Freikarten für das nächste Jahr gewinnen kann, über den Creepy Comedy Klub mit Oliver Polak bis hin zur Flunkyball-Arena, in der sich die Gastgeber Kraftklub in diesem Jahr mit 2:0 gegen AnnenMayKantereit geschlagen geben mussten – hier wird für jeden Geschmack etwas geboten. Achso, Musik gab es übrigens auch, und das nicht zu knapp! Denn schließlich hat es das Kosmonaut Festival auch in diesem Jahr geschafft, den gut 15.000 Besuchern ein bunt gemischtes Line-up aus Hip Hop, Pop und Indie-Rock zu bieten. Gerade bei den noch unbekannteren Acts konnten wir einige Perlen entdecken, die sich in den nächsten Jahren mit Sicherheit noch ihren Weg nach oben erkämpfen werden.
Das Festival begann für uns mit dem Auftritt von BLOND. Nicht nur dank ihres Heimvorteils und der extravaganten Bühnenoutfits lockten sie bereits am frühen Nachmittag ein großes Publikum vor die Atomino Bühne. Auch musikalisch konnten sie mit ihrem Indie-Pop überzeugen und spätestens mit der interessanten, aber absolut gelungenen Cover-Kombination aus Abbas „Mamma Mia“ und Eminems „Lose Yourself“ sorgten sie für Begeisterung. Im direkten Anschluss ging es für uns auf der Hauptbühne mit Leoniden weiter. Die Newcomer aus Kiel trotzten dem Regen und animierten mit ihrer ansteckenden Art die Zuschauer zum Tanzen und Springen. Sänger Jakob flitzte dabei nicht nur von einer Bühnenseite zur anderen, sondern bewegte sich auch durch sämtliche Tonlagen mit einer beeindruckenden Sicherheit. Nicht weniger überzeugend waren die Giant Rooks auf der Atomino Bühne. Die fünf Jungs spielen Pop mit experimentellen Einflüssen, wie sie es selbst gerne nennen. Da erwartet man angesichts des jungen Alters – im Schnitt wohl gerade mal 20 Jahre – erstmal gar nicht so viel. Geboten bekam man jedoch einen ausgereiften Sound und ein souveränes Auftreten. Respekt!
Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es für uns mit Von Wegen Lisbeth weiter. Der Platz vor der Hauptbühne füllte sich zusehends – zurecht, denn es macht einfach immer wieder Spaß, die Berliner live zu sehen. Melodien, die schnell ins Ohr gehen, mitsingtaugliche Texte, die trotzdem nicht anspruchslos sind, ausgefallene Instrumente wie der „Regenbogenachttästler“ – die Band weiß das Publikum mitzunehmen und strotzt dabei selbst nur so vor Spielfreude. Die beiden danach folgenden Topacts der Hauptbühne zeigten mal wieder die Vielfalt des Kosmonaut auf: Zuerst ließen die Editors die Indie-Herzen höher schlagen. Mal dynamisch-rockig, mal elektronisch-poppig und immer mit jeder Menge Pathos in der Stimme und Gestik von Sänger Tom Smiths. Der Abschluss wurde dann neonbunt, laut, verrückt: Deichkind versetzten alle mit einer perfekt durchchoreographierten Show und ihren zahlreichen und ausgefallenen Kostümen in Partystimmung. „Roll das Fass rein“ wurde traditionsgemäß im überdimensionalen Fass mitten im Publikum performt und zu „Remmidemmi“ gab es erst recht kein Halten mehr. Wer danach immer noch nicht genug hatte, konnte sich entweder einen stimmungsvollen Abschluss bei OK KID holen oder bei der Inflagranti Aftershow Bühne zu den Sounds von Ben Esser und den Drunken Masters mit Live-Unterstützung von Haiyti weitertanzen. Wir konnten uns nicht entscheiden und haben einfach beides miteinander kombiniert, um so den Tag perfekt abzuschließen.
Nachdem wir gefühlt gerade erst eingeschlafen waren, wurden wir am nächsten Morgen unsanft aus unseren Träumen gerissen: „Guten Morgen Kosmonaut Festival! Es ist Samstag, 7:30 Uhr. Raus aus den Zelten!“ Träume ich vielleicht doch noch oder werde ich gerade tatsächlich von Felix Brummer aus dem Schlaf gebrüllt? Diese Frage stellten sich wohl alle, als Kraftklub mit einem Truck vorfuhren, um ein spontanes Campingplatz-Konzert zu geben. Trotzdem wurde natürlich nicht lange gefackelt, sondern bewiesen, dass ein Moshpit auch morgens um 7:43 Uhr im Schlafanzug und mit ungeputzten Zähnen eine gute Sache ist! Eine gelungene Überraschung, für die man auch gerne mal auf ein paar Stunden Schlaf verzichtet.
Der Nachmittag startete dann wesentlich entspannter. Max Richard Leßmann, vor zwei Jahren noch als Sänger der Band Vierkanttretlager beim Kosmonaut, eröffnete die Hauptbühne. Seine Solomusik hat mit den Klängen der Husumer Rockband allerdings nicht mehr viel gemeinsam. Stattdessen gibt es jetzt 20er-Jahre-Swing und romantisch-kitschige Texte, die aber dank seiner sympathischen Art trotzdem nicht zu schnulzig rüberkommen. Entspannt ging es auch weiter, denn der Sonnenschein lud dazu ein, es sich auf der Wiese mit perfektem Blick auf die Bühne gemütlich zu machen und von dort die Shows von Parcels und Mine zu genießen. Letztere holte sich mit Fatoni einen Feature-Gast an ihre Seite, der kurz zuvor noch mit Hip Hop-Kollegen wie Mädness & Döll und LGoony die Block Party – Bühne bespielt hatte. Auch die Atomino Bühne bot wieder ein abwechslungsreiches Programm und hätte es die Zeit erlaubt, hätten wir uns gerne noch mehr von Neufundland und Die höchste Eisenbahn angeschaut. So blieb es leider bei ein paar Liedern, die aber definitiv Lust auf mehr machten!
Richtig voll wurde es vor der Hauptbühne bei den Auftritten von Bilderbuch und AnnenMayKantereit. Die Österreicher bescherten den Kosmonauten eine „Superfunkypartytime“, wie sie da vor einer Wand aus weißen Sneakers Hits wie „Maschin“ und „Bungalow“ zum Besten gaben. Wohl kaum eine andere Band schafft es zurzeit, gleichzeitig so protzig und lässig, gekünstelt und trotzdem cool zu sein. AnnenMayKantereit setzten hingegen auf das, was sie eben ausmacht: die markante Stimme von Henning May und eine authentische Darbietung ohne viel Schnickschnack. Das reichte auch absolut aus, um selbst ein großes Publikum in ihren Bann zu ziehen. Neben dem nach eigener Aussage wohl ersten Pocahontas-Moshpit aller Zeiten gab es auch immer wieder Gänsehautmomente, wenn die ruhigeren Töne angeschlagen wurden. Lediglich der Song „Du bist überall“, in dem normalerweise auf improvisierte Art und Weise das Meer aus Smartphone-Bildschirmen im Publikum kritisiert wird, hatte dieses Mal keine wirkliche Daseinsberechtigung. Immerhin konnte Henning May nur ein einziges Handy in der Menge ausmachen. Machte nichts, so wurde das Lied eben spontan zur Lobeshymne auf die Besucher und das Kosmonaut Festival selbst umfunktioniert. Um 22:40 Uhr betraten schließlich mit Kraftklub die Hausherren höchstpersönlich die Bühne, um sich zu bedanken und vor allem um den geheimen Headliner anzukündigen. Das wochenlange Rätseln im Wettbüro hatte ein Ende, der Vorhang fiel und die Beginner kamen zum Vorschein. Gemeinsam mit Gzuz eröffneten sie ihre Show mit „Ahnma“ und lieferten anschließend eine bunte Auswahl aus ihrer langjährigen Musikgeschichte, bei der sie selbst gerne in Erinnerungen an ihrem Auftritt beim Splash 1999 an gleicher Stelle schwelgten. Natürlich sollte auch in dieser Nacht die Aftershow-Party nicht zu kurz kommen. Auf der Reich für Immer-Bühne gaben sich Zorro, Asadjohn, DJ Heroin und Trettmann, inkl. einem kurzem Gastauftritt von Carsten Chemnitz, die Ehre und entließen die Besucher schließlich aus der schönen Kosmonaut-Welt zurück in die Realität.
Die nächste Ausgabe des Kosmonaut Festivals findet am 29. und 30. Juni 2018 statt.
So sah das aus:
Website / Facebook / Twitter / Instagram
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.