Madsen ist eine Indie-Rock-Band aus Prießeck, einem Ortsteil von Clenze im Wendland. Madsen ist außerdem ein Familienbetrieb, denn drei der fünf Gründungsmitglieder sind Brüder. Madsen steht für emotionale deutschsprachige Musik, die sich immer irgendwo zwischen Rock und Pop bewegt. Das gefällt nicht nur den Leuten, die inzwischen so alt sind, wie die Bandmitglieder selbst, sondern auch deren Kindern. Und auch das neue Album “Hollywood” begeistert generationenübergreifend mit emotionalen Texten und einer guten Prise Optimismus. Ich habe Sebastian, Johannes und Sascha Madsen im Rahmen ihrer Albumpromo in Köln getroffen und mit ihnen über das neue Album, warum Madsen Musikvideos immer noch cool finden und ihr eigenes Plattenlabel Goodbye Logik Records gesprochen.
Melvin (minutenmusik): Wie geht es euch denn eigentlich?
Sebastian Madsen: Gut, gut. Das ist echt eine taffe Zeit aktuell. Wenn man dann so wie am Freitag morgens um zehn nach vier beim Morgenmagazin sein soll und um dann am Tag darauf um 23:15 Uhr abends bei Schlag den Star, dann freut man sich natürlich, dass man da überhaupt hin darf. Und auf der anderen Seite sagt der Körper aber auch: „Das ist ja auch interessant!“ Aber wir sind jetzt bereits seit einigen Tagen hier und finden es echt sehr schön hier in Köln. Wir sind echt jeden Tag irgendwie am Rhein und gucken, dass wir die Birne frei kriegen und genießen die Stadt gerade auch sehr.
Melvin (minutenmusik): Ein bisschen Durchatmen – obwohl ihr ja noch voll in der Promophase seid – tut bestimmt gut. Ihr habt ja richtig viel Output gehabt in den letzten Jahren. „Hollywood“ ist jetzt bereits das zweite Album innerhalb von drei Jahren, dazu noch die Soloplatte (Anm. von minutenmusik: von Sebastian Madsen) sowie die Gründung eures eigenen Labels. Wieso seid ihr so produktiv? Wird jetzt alles nachgeholt, was ihr in der Pandemie nicht machen konntet? Oder habt ihr gerade die größte Kreativphase eurer Karriere?
Sebastian Madsen: Ist ne interessante Frage, weil ich glaube seit einem Jahr oder so kein einziges Lied geschrieben habe. Es ist einfach so, dass die Sachen, die sich so angesammelt haben, dann halt irgendwann raus wollen. Es gab schon während der Pandemie eine sehr kreative Phase und davor auch. Wir haben ja schon ein ganzes Madsen-Album eigentlich fertig gehabt, dass das jetzt eigentlich werden sollte. Das haben wir aber verworfen, weil wir gemerkt haben, das passt nicht mehr in die Zeit, weil die Welt sich ja massiv verändert hat, durch die Pandemie auch komische Dinge zum Vorschein gekommen sind. Wir dachten uns während der Pandemie wir müssen jetzt erst mal kurz beobachten oder halt sofort reagieren. Letzteres haben wir gemacht mit unserer 2020er Platte „Na gut dann nicht“. Das war ja impulsiv, einfach befreit rausgehauen, mal Energie rausgelassen. Aber ja du hast schon recht. Ich bin ja der kreative Typ in der Band und ich hab schon eine sehr kreative Phase. Dadurch, dass wir jetzt zuletzt so viel veröffentlicht haben, habe ich auch einfach wenig Zeit zum Schreiben gehabt.
Melvin (minutenmusik): Das heißt, wir hätten „Hollywood“ schon viel früher gehört, wenn es die Pandemie nicht gegeben hätte? Ist das wirklich alles Material, was ihr schon 2020 fertig hattet?
Sascha Madsen: Nein, das wäre ein anderes Album geworden. Da wären auch Lieder drauf gewesen, die jetzt auf der Platte drauf sind. Die wären aber zum großen Teil anders gewesen. Dann haben wir auch wieder Lieder verworfen und überdacht und Sebastian hat neue geschrieben, die ohne die Pandemie auch nicht entstanden wären. Einfach weil die Lieder zum Teil auch gar nicht mehr aktuell waren. Sowohl was uns betrifft als auch das Weltgeschehen.
Melvin (minutenmusik): Auch musikalisch habt ihr mit den letzten Platten eine Entwicklung durchgemacht. „Lichtjahre“ war ja eine ziemlich poppige Platte, mit „Na gut dann nicht“ kam dann ein DIY-Punkalbum. Ist „Hollywood“ jetzt ein bisschen die Symbiose aus diesen beiden Platten?
Johannes Madsen: Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass das nicht nur eine Symbiose aus den beiden Alben davor ist, sondern eher aus allen acht Alben davor. In irgendeine Richtung geplant haben wir aber nicht. Wir haben reflektiert und sind noch einmal in uns gegangen mit dem Versuch das Beste, aus allem, was es bisher von Madsen gab, rauszuholen.
Sebastian Madsen: Ich bin ein Fan von Energie. Ob die Energie durch Emotionen transportiert wird oder durch laute Gitarren, das ist mir manchmal egal. Hauptsache, es passiert was mit einem. Und das kannst du alles nicht planen. Außer das Punkalbum, da war klar: Da haben wir jetzt Bock drauf, jetzt schreiben wir halt nur Punksongs. Aber „Hollywood“ ist einfach ein Sammelsurium an allen Dingen, die wir ausprobiert haben, die mit uns passiert sind. Und ich glaube, auch das fasst das Album ganz gut zusammen. Ein Sammelsurium aus allem, was wir so in 19 Jahren gemacht haben.
Melvin (minutenmusik): Du hast gerade gesagt, dass du der kreative Typ in der Band bist. Wie läuft das denn bei euch ganz grundsätzlich ab mit dem Songwriting? Kommt textlich und musikalisch alles von dir? Du singst ja auf „Brücken“ auch „Lass uns Brücken bauen“ – müsst ihr viele Schritte aufeinander zugehen beim Songwriting? Oder seid ihr euch meist von Anfang an einig?
Sebastian Madsen: Eigentlich sind wir uns immer ziemlich schnell einig. Aber es ist auch so, dass ich immer schon relativ viel anbiete. Ich schreibe Texte, ich nehme erste Demos auf, manchmal in meiner kleinen Wohnung in Berlin, manchmal produzieren wir zusammen im Wendland schon einmal etwas. Und dann merken wir alle eigentlich immer ziemlich schnell, ob ein Lied jetzt zur Band passt oder nicht. Aber es gibt auch Songs bei denen wir viel Redebedarf haben. „Heirate mich“ hat eine echte Berg- und Talfahrt hinter sich. Das kam nicht die ganze Zeit gut an in der Band, vor allem wegen, sagen wir mal der Einfachheit des Textes und der Romantik, die der eine oder andere vielleicht als etwas zu extrem wahrgenommen hat. (lacht)
Sascha Madsen: Ja, ich! (lacht)
Sebastian Madsen: Aber auch da ist es dann so, da haben dann unsere Produzenten Simon Frontzek und Rudi Maier gesagt, lass den doch mal ausprobieren. Und als wir den dann nochmal so richtig zackig irgendwie gespielt haben und es einfach nochmal etwas wilder wurde musikalisch, haben alle gemerkt, der Song hat Madsen DNA. Das war nicht mehr zu bestreiten. Wir sind da dann einfach unserem Gefühl gefolgt, dass der Song auf die Platte gehört. Wir konnten uns dagegen dann alle nicht mehr wehren. Ich glaube, wir entscheiden alle sehr aus dem Bauch raus und sind uns aber auch sehr schnell dadurch einig, weil wir einfach alle ein sehr ähnliches Bauchgefühl haben.
Melvin (minutenmusik): Interessant, dass „Heirate mich“ dann ja tatsächlich sogar eine Single geworden ist.
Sascha Madsen: Der Song hat eine totale Entwicklung genommen. Der Song, so wie er jetzt auf dem Album ist, ist kein Kompromiss. Wir haben uns das Lied als Band dann einfach noch mal neu erarbeitet, sodass ich dann wirklich auch absolut davon überzeugt war Und wir alle dann. Das ist also kein Kompromiss-Song. Das wäre nicht so gut, sondern da muss man halt dann einfach weiter am Song arbeiten bis alle happy sind.
Johannes Madsen: Wir stehen schon komplett hinter dem Song. Einer der Gründe, warum „Heirate mich“ die dritte Single geworden ist, war übrigens auch, dass wir dazu eine tierisch gute Videoidee hatten, die wir sehr sehr gerne umsetzen wollten. Das haben wir dann mit Simon und Thilo Gosejohann gedreht und es ist ein richtig geiles Video geworden.
Melvin (minutenmusik): Interessant, dass euch das Video wichtig war – manchmal gewinnt man ja den Eindruck, dass das für viele Künstlerinnen und Künstler gar keine Rolle mehr spielt und auch für den Erfolg einer Single nicht unbedingt relevant ist.
Sebastian: Es ist wirklich so, dass die Aufrufe, die unsere Videos haben, wenn man das jetzt mal mit Acts wie Apache207 oder so vergleicht, einfach ein Witz sind. Und trotzdem lieben wir das halt. Wir hoffen dann auch, dass die Leute so ein Lied wie „Heirate mich“ dann über das Video auch langfristig noch entdecken. Ich finde auch das Video ist eine wichtige Facette die man zeigen kann, das ist noch einmal ein ganz anderer Bereich, in dem man sich kreativ austoben kann. Außerdem lieben wir selbst Musikvideos. Wir sind in den 80ern/90ern aufgewachsen mit MTV, geilen Videos der Beastie Boys und so weiter. Als Labelchefs wissen wir aber auch, dass wir wahrscheinlich viel zu viel Geld ausgegeben haben für den Nutzen des Videos (lacht). Und wir haben es trotzdem in Kauf genommen. Und wir würden es wieder machen. Alleine die Planung des Videos über diverse Zoom-Calls hat schon so viel Spaß gemacht. Wir diskutieren doch gerne mal darüber, wie ein Pudding-Gehirn im Video aussehen muss oder welcher Zombie wann abgeschlachtet wird (lacht).
Melvin (minutenmusik): Würdet ihr denn sagen, dass ihr selbst Musik auch noch über Videos konsumiert?
Sebastian Madsen: Ja, das machen wir noch. Gerade so nach Feierabend mit nem Bierchen.
Johannes Madsen: Als wir angefangen haben, gab es noch MTV. Da wurden wir auch viel dort gespielt. Mittlerweile ist YouTube fast der einzige Ort, an dem überhaupt noch Musikvideos gezeigt werden. Uns macht das aber immer noch unglaublich viel Spaß, sowohl eigene Videos zu produzieren, aber auch Musikvideos von anderen zu schauen.
Melvin (minutenmusik): Lasst uns nochmal zum Songwriting zurückkommen. Du hast gesagt ihr entscheidet viel aus dem Bauch heraus, Kompromisssongs gibt es nicht. Jetzt gibt es die Band Madsen schon sehr lange. Habt ihr eure Herangehensweise ans Songwriting jemals geändert? Es ist ja kaum zu glauben, dass man so einen langen Zeitraum mal ohne Schaffenskrise erlebt…
Sebastian Madsen: Ich hatte schon eine Schaffenskrise, 2015 in der Zeit von „Kompass“. Da viel es mir sehr schwer mir Sachen auszudenken, was ich überhaupt nicht gewohnt war. Sonst floß die Kreativität nur so mir aus mir heraus und das war dann auf einmal nicht mehr so. Ich habe in der Zeit auch meine Rolle als Frontmann der Band hinterfragt, ob ich das überhaupt möchte immer so im Fokus zu stehen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch mit leichten Depressionen zu kämpfen und Panikattacken, das hat es nicht leichter gemacht. Im Endeffekt hat das aber dazu geführt, dass ich mich viel mehr mit mir selbst beschäftigt habe und auch eine große Dankbarkeit verspürt habe für meine Brüder und die Band. Und, dass ich das wahnsinnig gerne mache, manchmal aber auch lernen muss mit meinen Kräften zu haushalten.
Melvin (minutenmusik): Ich denke ihr hattet insgesamt auch das Glück, dass ihr – vielleicht mit Ausnahme von „Du schreibst Geschichte“ keinen Song hattet, der euch schlagartig und schnell an die Spitze mit dem totalen Hype befördert hat, so dass ihr gar keine Zeit hattet zu reflektieren.
Johannes Madsen: Das war tatsächlich ein bisschen unser Glück, dass wir nicht so schnell so einen Hit hatten. Also das sage ich jetzt im Nachhinein, damals fanden wir das schade. Aber ich glaube, dass wir wirklich ein absolut gesundes Wachstum der Band haben, dass bis Corona wirklich stetig voranging. Dank der Pandemie und des Lockdowns wird jetzt grundsätzlich nochmal alles neu gemischt, aber wenn man damit umgehen kann, ist auch das in Ordnung.
Sebastian Madsen: Wir haben uns ja jetzt auch dazu entschieden nicht eine Single rauszubringen, die an sämtliche Radiostationen zu geben, so dass diese dann funktionieren muss. Nein, wir haben einfach mehrere Songs rausgeballert, die wir cool fanden.
Melvin (minutenmusik): Das scheint ja auch ganz gut funktioniert zu haben. Eure Tour steht zwar noch an, aber ihr habt ja bereits einige Festivals in diesem Jahr hinter euch, bei denen eure neuen Songs sehr gut angenommen wurden. Beim Hurricane Festival ist mir aufgefallen, dass ihr es geschafft habt, eine durchaus jüngere Crowd total zu begeistern, während ein großer Teil der Madsen Fans ja bereits seit „Du schreibst Geschichte“ dabei ist und eher nicht mehr in den ersten Reihen bei den Festivals zu finden ist. Was ist euer Rezept? Wieso schafft Madsen es generationenübergreifend Fans zu begeistern?
Sebastian Madsen: Für uns sind solche Festivalauftritte was ganz Krasses. Wir sind uns jedes Mal aufs Neue auch nicht sicher, wie wir dort so ankommen. Wir gehen da nicht selbstsicher rein und denken uns „Ach, da kommen schon alle.“ Wir können glaub ich unser Rezept gar nicht erklären. Wir machen einfach das, was sich für uns gut anfühlt. Und sind dann jedes Mal überwältigt, wenn die Leute so ausrasten wie beim Hurricane oder beim Southside Festival. Ich finde es auch schön, dass sich manche Sachen nicht erklären lassen und einfach über Emotionen oder nennen wir es ein Lebensgefühl transportiert werden. Wenn wir was versenden und das ankommt, dann sind wir einfach nur dankbar.
Johannes Madsen: Wir freuen uns auch tierisch darüber, dass wir so ein diverses Publikum haben. Auf Konzerten merken wir auch immer die alten Fans, die schon seit Jahren dabei sind, sind mit uns älter geworden. Die stehen inzwischen tatsächlich weiter hinten, aber dafür stehen deren Kinder weiter vorne (lacht).
Sascha Madsen: Und auch das Thema Zielgruppen oder irgendwelche Marktstrategien, da machen wir uns überhaupt keine Gedanken drum. Auch nicht jetzt, wo wir unsere eigene Plattenfirma haben. Natürlich müssen wir jetzt sowieso viel Business-Sachen machen, aber trotzdem kommen wir in diese Art zu denken gar nicht rein.
Melvin (minutenmusik): Dass Madsen eine Band ist, die viel von Emotionen lebt, ist mir auch bei den Lyrics auf „Hollywood“ wieder einmal aufgefallen. Es gibt wie auf jeder Madsen Platte traurige Momente, aber es gibt auch sehr viel Optimismus auf dem neuen Album. Wie bewahrt ihr euch diesen Optimismus in der aktuellen Zeit?
Sebastian Madsen: Ich glaube, dass auch die Band für uns selbst da wichtig ist…
Sascha Madsen: … ja genau, das Musik machen…
Sebastian Madsen: Ja genau, weil wir unseren Optimismus da kanalisieren können. Hör dir mal meine Soloplatte an, die ist nicht so optimistisch (alle lachen). Oder unser Punkalbum, das hat auch einen bitterbösen Humor. Ich glaube, dass dieses ständige Pausieren, was wir ja jetzt ständig hatten im Entstehungsprozess von „Hollywood“, dass das auch gut war für den Optimismus. Wir waren alle immer mal wieder schlecht drauf zwischendurch und haben an allem gezweifelt, aber immer wenn wir die Platte angegangen sind, waren wir wieder gut drauf. Die Band Madsen, die wir so erfunden haben, trägt diesen Optimismus in sich. Wenn wir von „Hollywood“ sprechen, soll es ja auch immer ein Happy End geben oder eine Idee davon, einen Lösungsweg, den man ausprobieren könnte. Licht am Ende des Tunnels ohne die Dunkelheit auszublenden. Das finde ich auch wichtig, dass man wie auf „Wir haben immer noch die Sonne“ auch über die schwierigen Themen, über innere Konflikte, Depressionen usw. spricht. Dann aber gleichzeitig zeigt: Es gibt die Konstante. Es gibt die Sonne, die geht jeden Morgen auf. Egal, wie scheiße es dir geht – die Sonne ist da. Ich glaube das ist einfach eine wichtige Säule der Band, die einfach da ist.
Melvin (minutenmusik): Ich finde das ist schon ein besonderes Merkmal von Madsen. Du singst ja auch „Wir müssen Brücken bauen“. Bei vielen Menschen hat man das Gefühl, die wollen gar keine Brücken mehr bauen. Und in ein solches gesellschaftliches Klima, wie es aktuell in Deutschland an vielen Orten herrscht, einen solchen Song wie „Brücken“ hineinzulegen, das ist schon irgendwie etwas Besonderes.
Sebastian Madsen: Lustigerweise ist der Song „Brücken“ entstanden, als ich in Berlin über die Bösebrücke gelaufen bin, die den Prenzlauer Berg und Wedding verbindet. Auf dieser Brücke war im November 1989 der erste Grenzübergang. Als ich darüber spaziert bin, habe ich da nicht sofort dran gedacht. Aber im Nachhinein als es mir so bewusst wurde, kam mir dann der Gedanke „Krass, wie ich hier wie selbstverständlich über deutsche Geschichte laufe.“ Deshalb habe ich angefangen über Brücken nachzudenken.
Melvin (minutenmusik): Wieso habt ihr denn dann nicht die Bösebrücke, sondern stattdessen die Sternbrücke in Hamburg auf euer Cover gesetzt?
Johannes Madsen: Die sieht nicht so schön aus. (lacht)
Sebastian Madsen: Wir haben uns schon ganz bewusst für die Sternbrücke in Hamburg entschieden, weil sie ja auch abgerissen werden soll und man ihr somit nochmal ein Denkmal setzen kann. Außerdem steht die Sternbrücke in völligem Kontrast zu der Schönheit, die der Albumname „Hollywood“ hat und alles was damit in Verbindung steht.
Melvin (minutenmusik): Wieso ist es eigentlich „Hollywood“ geworden? Bei all dem Optimismus über den wir eben sprachen, ist „Hollywood“ doch wirklich einer der traurigeren Songs auf dem Album. Wieso habt ihr euch für diesen Song als Albumtitel entschieden?
Sebastian Madsen: Schön, dass du den Song auch als traurig wahrnimmst. Der Song erzählt die Geschichte von zwei Jungs, der eine ist geflüchtet, der andere kommt aus schwierigen Verhältnissen. Die beiden träumen von einer besseren Welt, von „Hollywood“, auch wenn das eine Scheinwelt ist, aber das wissen die beiden nicht. Die sehen ja nur das Superheldenplakat. Da stecken viel Hoffnung und Träumerei drin, aber es zeigt auch gleichzeitig, dass wir uns als privilegierte weiße Männer gar nicht vorstellen können wie das ist, wenn du als kleines Kind in ein Land kommst, das dir völlig fremd ist. Deswegen ist der Song sehr wichtig für uns, weil wir versucht haben, empathisch an das Thema heranzugehen und einen politischen Song zu schreiben aus der Sicht dieser beiden Jungs. Und dann ist „Hollywood“ einfach ein sehr starkes Wort, in das man sehr viel reininterprieren kann, Gutes wie Schlechtes. Gerade ja auch aktuell wieder durch die ganzen Streiks. Diese Ambivalenz im Begriff fanden wir in Zusammenhang mit dem Cover total spannend. All der Optimismus, den du erwähnt hast, aber auch die Dunkelheit, die es auf dem Album gibt, das sind eben die beiden Seiten, die das Wort „Hollywood“ auch beinhaltet.
Melvin (minutenmusik): Wir haben jetzt immer wieder am Rande über euer Label Goodbye Logik Records gesprochen. Wieso seid ihr jetzt diesen Schritt gegangen alles auf eigene Füße zu stellen? Und wie ist der weitere Plan mit dem Label? Werden weitere Künstlerinnen und Künstler dazukommen?
Sascha Madsen: Die Idee ein eigenes Label zu gründen, gibt es schon sehr lange. Dann kam Universal und hat gerade am Anfang wirklich hervorragende Arbeit gemacht. Diese ganze Aufbauarbeit, das hätten wir allein niemals geschafft. Wir haben da super viel gelernt und danach dann überlegt, gehen wir jetzt woanders hin oder machen wir alles selber. Wir haben das auch schonmal so durchdacht und waren dann aber auf dem Standpunkt, dass uns das Risiko irgendwie noch zu hoch ist. Man muss dann natürlich auch wirtschaftlich denken und muss auch überlegen, schaffen wir das überhaupt? Können wir so groß bleiben oder werden, dass wir das selbst stemmen können? Zum damaligen Zeitpunkt haben wir uns dann erst einmal wieder für ein großes Label entschieden. Und jetzt, ich glaube auch durch die Pandemie – da wurde der komplette Musikmarkt noch einmal durcheinander gewürfelt, dann haben wir „Na gut dann nicht“ geschrieben, wo wir sowieso schon wesentlich mehr gemacht haben und selber viele Freunde ins Boot geholt haben – haben wir gemerkt, dass wir uns die Strukturen schaffen können und, dass wir selbst ein Label gründen können. Und dann haben wir einfach den Mut zusammengenommen, einen Kredit aufgenommen und einfach gemacht.
Melvin (minutenmusik): Und „Hollywood“ ist jetzt auch der erste Album-Release auf Goodbye Logik Records?
Sascha Madsen: Genau. Wir haben schon von einem befreundeten Künstler, von Max Richard Leßmann, ein Lied rausgebracht. Das ist das Lied zu seinem Buch, das jetzt die Tage veröffentlicht wurde.* Aber Hollywood ist das erste Album auf dem Label. Wir wollen jetzt auch erst einmal die ganze Struktur schaffen und dafür sorgen, dass wir gut aufgestellt sind. Aber dann schließen wir es auch nicht aus, auch andere Künstlerinnen und Künstler zu verpflichten.
Johannes Madsen: Wie Sascha schon gesagt hat, wir haben das mit dem eigenen Label schon oft überlegt, fühlten uns aber jetzt erst reif genug dazu. Man braucht halt auch ein gewisses Know-How, man braucht die richtigen Leute um sich herum. Mit unserem langjährigen Manager, mit Benni von Fleet Union (Anm. von minutenmusik: Der dieses Interview ermöglicht hat – Shoutout to Benni) und vielen weiteren, so dass sich das jetzt erst so richtig gut und richtig angefühlt hat. Aber eigentlich war es ein logischer Schritt einfach alles selber zu machen.
Sebatian Madsen: Und ganz ehrlich, das ist total geil. Wir müssen bei der ganzen Arbeit, auch jetzt bei der ganzen Promo, keinerlei Kompromisse eingehen. Wir entscheiden einfach alles selbst, was wir machen wollen. Für uns ist es die erfolgreichste, aber gleichzeitig auch die entspannteste Promophase.
Melvin (minutenmusik): Dann bedanke ich mich für das Interview und wünsche euch viel Spaß bei den kommenden Konzerten und der Tour zum Album!
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Mehr Madsen gibt es hier.
Und so hört sich das an:
Madsen – Hollywood Tour 2023:
04.10. AT – Wien, Arena (+ Montreal)
05.10. AT – Linz, Posthof (+ Montreal)
01.12. Berlin, Columbiahalle (+ Deine Cousine)
02.12. Köln, Carlswerk Victoria (+ Deine Cousine)
08.12. München, Tonhalle (+ Deine Cousine)
09.12. Frankfurt, Batschkapp (+ Deine Cousine)
16.12. Dresden, Alter Schlachthof (+ Deine Cousine)
17.12. Oberhausen, Turbinenhalle (+ Deine Cousine)
21.12. Hamburg, Sporthalle (+ FJØRT)
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Beitragsbild: Dennis Dirksen
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