Am 17.11.2016 waren VANNA als Support beim ausverkauften Konzert von Beartooth in der Kantine in Köln mit dabei. Unsere Redakteurin Yvonne hat die Band vor dem Konzert getroffen und ihnen einige Fragen zu ihrem neuen Album, ihrer Beziehung zu Beartooth und Sänger Davey Muise’ Nebenprojekt “Shovel Brand” gestellt:
Minutenmusik: Erst einmal vielen Dank dass ihr euch die Zeit für unser Interview genommen habt. Könnt ihr euch für unsere Leser vorstellen?
Davey Muise: Ich bin Davey und ich bin der Sänger von VANNA.
Joel Pastuszak: Ich bin Joel. Ich bin der… andere Sänger und auch der Gitarrist.
Minutenmusik: Im Juli ist euer neues Album „All Hell“ erschienen. Ist das Album so geworden, wie ihr es euch vorgestellt habt, als ihr die Songs geschrieben habt?
Davey Muise: Oh ja! Joel und ich haben mit dem Schreiben vor einer gefühlten Ewigkeit begonnen und ich glaube alles, worüber wir gesprochen hatten mit diesem Album erreichen zu wollen, haben wir auch erreicht und sogar noch viel mehr. Als wir mit dem Schreiben begonnen haben, hatten wir einen Schlagzeuger, der uns dann jedoch wegen eines neuen Full Time Jobs verlassen musste. Wir haben dann einen neuen Schlagzeuger, Seamus, bekommen und Seamus hat es durch seine Art des Spielens geschafft, viele unserer Ideen zum Leben zu erwecken!
Joel Pastuszak: Ja, genau! Wir haben uns beim Schreiben nicht an einer bestimmten Person oder Art des Schlagzeugspielens orientiert. Und dann kam Seamus, der ungefähr im gleichen Alter war und mit dem gleichen Background wie wir – und es hat einfach gepasst!
Davey Muise: Ja, es war auch irgendwie das erste Album bei dem wir im Vorfeld darüber gesprochen haben, was wir erreichen wollten. Wir wollten ein Album, bei dem wir sagen können „Mann, das fühlt sich gut an!“, denn wenn es sich für uns gut anfühlt, dann fühlt es sich auch für unsere Hörer gut an! Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden damit! „All Hell“ ist wahrscheinlich die eine Platte, auf die ich zurückblicken werde und denke, dass ich daran nichts verändern würde. Und darauf sind auch die Songs, die ich am liebsten live spiele.
Minutenmusik: Was würdet ihr sagen ist der größte Unterschied zu eurem Vorgängeralbum „VOID“?
Davey Muise: Für mich… ist es dass ich auf dem neuen Album nicht mehr so wütend bin. Bei VOID ging es darum, von allen Dämonen loszukommen. Wir sind dann 2 Jahre mit diesem Album auf Tour gewesen und konnten die Lieder mit den Kids auf den Shows teilen. Das war wie eine Therapie! Und für dieses Album war ich irgendwie mehr…
Joel Pastuszak: …introspektiv.
Davey Muise: Ja, richtig, ich war sehr aufgeregt über den Menschen, der ich geworden bin. Und nicht nur das: es fühlte auch so an, als hätten wir VOID geschrieben um es mit den Kids in genau dem richtigen Moment ihres Lebens teilen. Und dann sind 2 Jahre vergangen und wir sind alle irgendwie erwachsener geworden. Es fühlte sich beim neuen Album dann so an als würde man sagen „so, wir haben es jetzt zusammen durch diese harte Phase unseres Lebens geschafft – es ist an der Zeit stolz darauf zu sein, wer wir jetzt sind und das auch zu feiern!“. Ich bin einfach nur super zufrieden mit der neuen Platte!
Minutenmusik: „All Hell“ startet direkt mit einem Knall: „Paranoia Euphoria“. Der vierte Song, „Flower“ endet auf einem Acoustic Outro, was man normalerweise eher am Ende der CD erwarten würde. Wer kam auf diese Idee?
Joel Pastuszak: Eigentlich war es Nick [Anm.: Nicholas Lambert, Gitarrist], der den Vorschlag hatte. Die meisten unserer Ideen starten immer als Witz, bis einer sagt „nein, stopp, warte! Das ist eigentlich echt genial!“. Wir sind ins Studio gegangen und alle Songs waren irgendwie so halb fertig und wir haben ein bisschen daran rumprobiert. „Flower“ hat eigentlich einen eher fröhlicheren Ton und dann hat Nick angefangen, den Song in einer ähnlichen Version auf der Acoustic Gitarre zu spielen. Das klang irgendwie ganz schön cool! Er hat dann mit der Elektrogitarre das aufgenommen, was er dachte, klänge am besten. Danach musste er zurück in seinen Job und dann hab ich den Song wieder übernommen und das ganze Acoustic Outro selbst aufgenommen. Das war das erste Mal bei einer Veröffentlichung dass fast der ganze Track von mir stammt. Das sind quasi 30 Sekunden einfach nur ich – ganz allein. Unser Produzent hat dann noch einige seiner Vocal Ideen dazu eingebracht.
Minutenmusik: Das erklärt dann auch, wieso ihr zu „Flower“ separat noch eine Acoustic Version veröffentlicht habt!
Davey Muise: Ja, ich war beruflich unterwegs als die anderen im Studio waren und habe manchmal das Gefühl, dass die anderen scherzhaft Dinge vorschlagen um zu testen, wie weit ich gehen würde. Aber bei dem Acoustic Teil habe ich direkt gesagt „ja, ja, ja! Das machen wir.“. Ich war super aufgeregt darüber. Das Lied handelt von meiner Frau und ich wollte ihr gerne ein Geschenk damit machen. Es war unser Hochzeitstag und in der amerikanischen Tradition war es das Jahr „Flower or Fruit“. Und das Lied heißt ja „Flower“. Joel und ich haben dann hin und her überlegt ob es möglich ist, den gesamten Song in eine Acoustic Version umzuändern und er meinte, er bekäme das mit Leichtigkeit hin.
Joel Pastuszak: Ja und auch das ganze Team hat einfach gesagt „ihr müsste dazu einfach eine Acoustic Version machen!“. Ich hab einen ganzen Tag damit verbracht, den Song umzuschreiben. Wir haben dabei vielleicht zwei Akkorde geändert.
Davey Muise: Ich glaube wir haben damit so ziemlich das schönste geschaffen, was VANNA je veröffentlicht hat.
Minutenmusik: Ja, die Version ist wirklich schön geworden! … Wir sind heute in Köln, wo ihr der Support für Beartooth seid. 2014 habt ihr die Band schon einmal begleitet – wie kam es dazu? Kanntet ihr euch vorher schon?
Davey Muise: Wir hatten bereits für die Tour mit Beartooth unterschrieben, als wir sie 2014 auf der Warped Tour kennengelernt haben. Caleb [Anm.: Sänger von Beartooth] kannten wir bereits ein bisschen durch seine vorherige Band „Attack Attack!“ und als Beartooth ihre erste EP veröffentlicht haben, hat deren Manager, der ein guter Freund von uns ist, mir die Platte gegeben und gemeint, das würde mir sicher gefallen. Ich habe reingehört und Joel davon erzählt und wir fanden es beide direkt total super und wollten wissen, wie das Projekt weitergeht! Als wir die Band dann bei der Warped Tour das erste Mal getroffen haben, haben wir uns direkt total super verstanden! Ich habe noch nie eine Band erlebt, die musikalisch so gut zu VANNA gepasst hat. Man kann bei uns beiden einfach die Musik nicht so richtig in eine Schublade stecken! Wenn man Beartooth mag, mag man auch VANNA und wenn man VANNA mag, mag man auch Beartooth. Und nicht nur das: die Jungs sind auch einfach mit die tollsten Menschen, die ich je getroffen habe. Als wir dann die Amerika Tour zusammen gemacht haben, haben wir direkt gesagt, ab sofort gibt’s uns nur noch als Gesamtpaket auf Tour. Wir haben die Europa Tour schon vor Ewigkeiten zusammen geplant gehabt und immer wieder hin und her geschrieben, wie sehr wir uns darauf freuen, einen Tourbus miteinander zu teilen. Letzte Nacht waren wir bis 4 Uhr morgens wach und haben uns ständig umarmt und gesagt, wie gern wir uns haben!
Joel Pastuszak: Beartooth waren durch die Aufnahmen ihres neuen Albums auch einfach super beschäftigt, sodass man kaum die Zeit hatte, sich mal länger zu sehen oder Zeit miteinander zu verbringen.
Davey Muise: Es ist toll wieder mit seinen besten Freunden vereint zu sein.
Minutenmusik: Davey, du hast ein Modelabel namens „Shovel Brand“ das Obdachlose unterstützt. Kannst du uns da mehr drüber erzählen?
Davey Muise: Oh, vielen Dank dass ihr danach fragt! Es ist quasi ein „one for one“-Prinzip wie bei TOMS Schuhen: du kaufst etwas bei uns, wir liefern es zu dir nach Hause, produzieren es dann noch mal und liefern es zu uns ins Büro. Am Ende des Monats nehmen wir den Karton voller T-Shirts, Sweater, Beanies, usw. und bringen es zu einem Jugendzentrum in unserer Stadt. Es gibt halt einfach eine direkte Beziehung zwischen „gut aussehen“ und „sich gut fühlen“. In Amerika machen Menschen unter 25 Jahren einen Großteil der Zahl der Obdachlosen aus. Um in unserem Jugendzentrum zu wohnen, muss man aktiv zur Highschool gehen und entweder einen Job haben oder sich aktiv darum bemühen. Es ist kein Ort zum leben und nichts zu tun. Es ist ein sehr aktiver und cooler Ort. Aber wir bitten die Kids, zur Schule zur gehen, zu arbeiten, gute Noten mitzubringen, Beziehungen zu führen und eine positive Zukunft für sich zu gestalten, während sie in ranzigen, gespendeten Klamotten herumlaufen.
Joel Pastuszak: Kleidung, die vor 5 bis 10 Jahren mal „modern“ war oder 2-3 Nummern zu groß für die Kids sind.
Davey Muise: Ja, Kleidung zu spenden ist wirklich wunderbar, aber manchmal wollen die Kids sich auch einfach cool fühlen. War bei euch als Teenager doch nicht anders: alles, was ihr wolltet, war es, cool zu sein.
Joel Pastuszak: Ja und das ist schon hart genug wenn man einfach in einen Laden gehen und sich kaufen kann, was man will!
Davey Muise: Ja und meine Frau arbeitet in diesem Jugenfzentrum. Irgendwann war ich mal da und dachte mir „ich organisiere seit 10 Jahren Merchandise für Bands – das könnte ich genauso gut auch für Kids hinbekommen!“. Die Abnehmer und Mittel hatte ich ja, also wieso nicht einen Versuch starten. Mit der ersten Ladung Klamotten konnten wir dann schon 4.000 Dollar für die Kinder sammeln. Das ist das, was mir wichtig ist und was ich tun möchte. Das große Ziel ist es, in jedem amerikanischen Staat eine Shovel Brand Filliale positionieren zu können. Momentan ist die Website offline, aber wir arbeiten an einem neuen Design von www.shovelbrand.org was zum Black Friday bzw. zum Cyber Monday online gehen soll u.a. mit einer neuen Kollektion. Es ist alles sehr Logo-basiert und wenn wir mit der Kiste zum Jugendzentrum kommen, wissen die Kids meist gar nicht, was genau sie bekommen aber sie wissen: es ist etwas Brandneues. Und es ist nur für sie.
Minutenmusik: Okay, letzte Frage. Ihr seid aus Boston, MA. Gibt es vielleicht eine Lokalband oder eine Band, die es noch nicht nach Europa geschafft hat, die wir uns unbedingt mal anhören sollten?
Davey Muise: Ohja, da gibt es auf jeden Fall einige! Es gibt eine Band namens „Actor|Observer“ – das ist die Band des Bruders unseres Bass-Spielers Shawn! Die haben dieses Jahr die Mainstage bei der Warped Tour gespielt und reißen gerade alles ab! Die Band braucht definitiv mehr Aufmerksamkeit!
Joel Pastuszak: Auf jeden Fall! Die Jungs arbeiten aber auch wirklich hart dafür.
Davey Muise: Ihre Musik ist richtig, richtig gut! „Actor|Observer“ brauchen definitiv mehr Hörer und hoffentlich können die Jungs ihre Musik eines Tages auch als Full Time Job genießen.
Minutenmusik: Wir werden definitiv mal reinhören. Vielen Dank für’s Interview!
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